Rolf Kreher (Zweiter von links) zeigt interessierten Besuchern die Ruine Wehrstein. Fotos: Steinmetz Foto: Schwarzwälder-Bote

Rolf Kreher zeigt einer Gruppe Interessierter die Wehrstein und erläutert die wechselhafte Geschichte der Burg

Von Marzell Steinmetz

Sulz-Fischingen. "Gibt es keinen besseren Weg?" Die Frau ist nicht gut zu Fuß, aber Sandalen sind auch nicht unbedingt das richtige Schuhwerk, um zur Ruine Wehrstein hoch und runter zu wandern. Die Gruppe, die einen Abstecher zum Fischinger Wahrzeichen machte, ist auf dem abschüssigen Weg zurück ins Dorf, wo der Fahrer wartet. Rolf Kreher hätte sie sonst gern zu seiner Ruinen-Führung mitgenommen. Oben sind aber schon einige Interessierte. Kreher ist nicht umsonst gekommen.

Die Anlage präsentiert sich, dank der Arbeitseinsätze der Fördervereinsmitglieder, in einem sehr gepflegten Zustand. Ausgangspunkt der Führung ist das Info-Schild vor der Bastion. Ein 3D-Modell zeigt, wie die Burg ausgesehen haben könnte. Aber eigentlich gibt es keine historischen Darstellungen der einst wehrhaften Burg, bedauert Kreher. Wann sie gebaut wurde, sei ebenfalls nicht bekannt. Der Ort Fischingen wurde 772 urkundlich erwähnt, doch es sei unwahrscheinlich, dass bereits damals die Burg oberhalb der Ortschaft stand. Die Burgenzeit habe erst um 1000 begonnen.

Um diese Zeit könnte auch die Wehrstein erbaut worden sein. Dokumentiert ist, dass um 1101 auf der Burg der Edelfreie Hugo von Wehrstein in Erscheinung tritt. Die Lage war jedenfalls ideal. Nach drei Seiten schützte das abfallende Gelände die Burganlage. Ein Angriff konnte eigentlich nur aus Richtung des Hofs Wehrstein erfolgen. Deshalb wurde in südliche Richtung eine Schildmauer zum Schutz der Burgbewohner und der innenliegenden Gebäude errichtet.

Für die Schildmauer habe man zugeschnittene Steine benutzt, erklärt Kreher. Einige davon liegen auf dem Boden. Kreher weist auf die "komischen Löcher" hin: Die Erklärung dafür ist, dass die schweren Steine mit Zangen gefasst und hochgezogen wurden.

Rolf Kreher würzt seine Führung mit Anekdoten. Warum das Wehrsteiner Wappen auf dem Kopf stehe, sei auf den dritten Kreuzzug im Jahr 1190 zurückzuführen. Während Kaiser Barbarossa auf dem Hinweg in einem Fluss ertrank, überlebte ein Wehrsteiner den Kreuzzug. Er sei auf dem Heimweg mit dem Schiff aber in Seenot gekommen. "Dieses Ereignis hat er in sein Wappen aufgenommen", erzählt Kreher.

Mit Benz von Wehrstein erlosch dieses Adelsgeschlecht, und die Burg wechselte mehrfach ihre Besitzer. Einer davon war Graf Christoph von Nellenburg-Tengen. 1530 habe ihn Kaiser Karl V. nach Augsburg eingeladen. Er sollte sich seiner Kleider entledigen und sich wiegen lassen. Knapp fünf Zentner zeigte die Waage an. Damit, so Kreher, war der Nellenburger offiziell schwerster Mann im ganzen Kaiserreich. Dafür hatte der Graf auch einiges getan: So soll er acht bis neun Maß Wein pro Mahlzeit getrunken haben. Als seine erste Frau starb, ging er gleich auf Brautschau nach Haigerloch und heiratete auch schon bald eine edle Dame. Deren Verwandtschaft habe befürchtet, dass sie von ihrem dicken Mann erdrückt werde. Aber das war nicht der Fall: Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor. "Ich weiß nicht wie er es gemacht hat", meint Rolf Kreher schmunzelnd.

Überhaupt hat die Ruine noch nicht alle Geheimnisse preisgegeben. Fördervereinsvorsitzender Hubert Breisinger hat extra zur Führung den "Keller  in der Bastion geöffnet. Ältere Fischinger berichteten, dass sie dort Reste einer Wendeltreppe gesehen hätten. Kreher vermutet, dass links vom heutigen Eingang ein Raum war. Außerdem wurden Reste einer Wasserleitung entdeckt. Eine Zisterne habe es mit Sicherheit gegeben. "Wir wissen nur nicht wo", sagt Kreher.

Er macht einen Sprung in die Gegenwart. 2003 ist der Freundeskreis gegründet worden. Nachdem die Stadt Sulz den Kauf der Ruine, die dem Haus Sigmaringen gehörte, zum Preis von einem Euro abgelehnt hatte, erwarb 2006 der Empfinger Steinbruch-Betreiber Alois Gfrörer die Wehrstein mitsamt Gelände. 2009 wurde der Förderverein gegründet, der sich in den nachfolgenden Jahren für umfassende Sanierungen einsetzte.

Als nächstes Projekt steht an, die Bastion mit einem Dach zu versehen. Die Kosten, teilt Fördervereinsvorsitzender Hubert Breisinger mit, lägen bei 20 000 Euro.