Das Ehepaar Link wohnt im Altenheim Patmos in einem Doppelzimmer. Foto: Patmos Foto: Schwarzwälder-Bote

Kleinere Einrichtungen fürchten um die Wirtschaftlichkeit, wenn Doppelzimmer abgeschafft werden

Von Marzell Steinmetz

Sulz. Das Ehepaar Ingeborg und Willi Link hat kürzlich im Altersheim Patmos seinen 56. Hochzeitstag gefeiert. Sie belegen in der Holzhauser Pflegeeinrichtung ein Doppelzimmer. Zusammen in einem Raum wollen sie auch künftig wohnen.

Das Sozialministerium will allerdings den Standard in Pflegeheimen deutlich anheben und verfügt, dass künftig jedem Bewohner ein Einzelzimmer zur Verfügung stehen muss. Bestehenden Einrichtungen ist eine Übergangsfrist von zehn Jahren eingeräumt worden. Diese läuft 2019 ab. Im Einzelfall kann die Übergangsfrist jedoch bis zu 25 Jahre verlängert werden.

Das Beispiel des Ehepaars Link zeigt: Es gibt pflegebedürftige Menschen, die nicht allein wohnen wollen. Doppelzimmer seien nach wie vor gefragt, sagt Elke Wegenast, Heimleiterin im "Patmos". Tritt die Verordnung in Kraft, dann sind vor allem kleinere Einrichtungen betroffen. Sie können die wegfallenden Pflegplätze nicht so ohne weiteres kompensieren. Deren Wirtschaftlichkeit ist in Frage gestellt, und Arbeitsplätze müssten abgebaut werden.

"Es macht mir extrem Kopfzerbrechen", meint denn auch Kai Lohmann, der auf der Sulzer Schillerhöhe ein Pflegeheim betreibt. Das Haus besteht seit 15 Jahren. Damals war diese Entwicklung noch nicht absehbar. Für das Alten- und Pflegeheim Schillerhöhe bedeutet die Reform: "30 Prozent der Zimmer gehen flöten." Die in vier Jahren auslaufende Frist ist für Lohmann zu kurz, um auf die neue Herausforderung im Pflegebereich reagieren zu können. "Zehn Jahre würden mir reichen. Wir sind schon in der Planung", sagt er. "Auf die Straße setzen" möchte er Bewohner seines Hauses jedenfalls nicht.

Aktuell ist das Thema auch im Katharinenstift an der Holzhauser Steige. Heimleiterin Julia Locher bereitet die beabsichtigte Anhebung des Wohnstandards in den Heimen ebenfalls Sorgen. "Wir sehen es nicht so wie die Politiker", erklärt sie. Viele Menschen fühlten sich in Doppelzimmern ja auch wohl, betont sie. Zudem könne sich jeder, der einen Pflegeplatz suche, über die Unterbringung informieren und habe ein Wahlrecht. Das Katharinenstift hat zwölf Doppelzimmer. Müssen Einzelzimmer daraus geschaffen werden, fehlen dem Heim sechs Plätze. Noch bleiben regulär vier Jahre Zeit zur Umstellung. "Wir beraten gerade im Vorstand, was realisiert werden kann", teilt Julia Locher mit.

Für Sascha Burghardt von der Heimleitung im Haus der Betreuung und Pflege am Stockenberg ist die Verordnung noch nicht "hundertprozentig" in trockenen Tüchern. So sei man zwar an der Thematik dran, aber es seien keine Entscheidungen getroffen worden. Nur Einzelzimmer zu haben, hält auch er nicht für gut. Die neuen Vorgaben werde jedoch das Haus nicht in seiner Existenz gefährden.

Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa) befürchtet, dass künftig bei einer Einzelzimmerquote von 100 Prozent rund 23 Prozent der bestehenden vollstationären Plätze in Baden-Württemberg wegfallen werden. Der bpa-Landesbeauftragte Sven Schumacher bewertet die nach seiner Auffassung "ohne Not" verordnete Anhebung der Wohnstandards in Altenpflegeheimen als "sehr problematisch".

Der Bundesverband will jedenfalls weg von der 100-Prozent-Quote für Einzelzimmer und schlägt vor, dass 20 Prozent der Zimmer doppelt belegt werden können. Dieser Kompromiss würde auch dem "Patmos" in Holzhausen entgegenkommen.

"Wir wollen die Würde und die Privatsphäre der alten Menschen schützen", teilt Pressesprecher Herbert Zorell vom Sozialministerium in Stuttgart mit. Das sei nichts Neues: Die Abschaffung der Doppelzimmer in Pflegeheimen habe noch die CDU/FDP-Regierung erlassen. Zorell versichert, dass auf die Wirtschaftlichkeit der privaten Träger Rücksicht genommen werde. Im Februar oder März, kündigt er an, kämen neue Richtlinien dazu heraus, wie die einzelnen Vorschriften zu interpretieren seien. Ehepaaren in Pflegeheimen werde es weiterhin möglich sein, in einem Doppelzimmer zu leben. Dass Doppelbelegung Standard sei, werde aber nicht mehr zugelassen. Insofern werde es in Zukunft deutlich weniger Doppelzimmer in der Pflege geben. Zorell weist darauf hin, dass durchaus Ausnahmen gemacht werden können. Nur müssten diese begründet sein: Es dürfe keine Ausflüchte geben, um sich zu drücken.