Die Solisten Adam Kim (Scarpia), Corinna Ruba (Tosca) und Philipp Heo (Cavaradossi) harmonieren gut. Foto: Schnekenburger

Seit Ende vergangener Woche proben Künstler vor Ort an der "Tosca" - und sind schon weit vorangekommen.

Sulz-Glatt - Die Oper ist wieder da! Oder besser: Die Opernfestspiele Schloss Glatt haben begonnen. Seit Ende vergangener Woche proben die Künstler vor Ort an der "Tosca" – und sind schon weit vorangekommen.

Sonnenbrille, zeitweise auch Strohhut sind Pflicht im äußeren Schlosshof in diesen Tagen. Während die Besucher des Cafés die Proben unterm Sonnenschirm verfolgen können, sind Corinna Ruba, Philipp Heo und Adam Kim der Sonne ausgesetzt. Freilich, es gibt schlechtere Arbeitsbedingungen: "Es könnte regnen", erinnert Ruba.

Das könnte zumindest dem künstlerischen Sven Gnass und Stephen Hess egal sein – sie arbeiten in der Remise. Mit dem Korrepetitor Hess hat Gnass einen absoluten Fachmann an Land gezogen. Für vier unterschiedliche Produktionen der Stuttgarter Staatsoper hat der Pianist seit den 1970er-Jahren Giacomo Puccinis tragische Oper einstudiert. Er kennt nicht nur die Partitur – ohne die Sven Gnass übrigens seit Januar das Haus nicht mehr verlässt –, sondern greift für die Arbeit in Glatt auch auf die Aufzeichnungen von Luigi Ricci zurück, der auch die "Tosca" noch mit Puccini selbst erarbeitet und die Anmerkungen und Anweisungen des Komponisten, die nicht in der Partitur stehen, notiert hat.

Während Hess also der sprichwörtliche "alte Hase" ist, betreten Gnass und sein Ensemble Neuland. Keiner von ihnen, inklusive Regisseur Werner Pichler, haben "Tosca"-Erfahrung, von konzertanten Auszügen einmal abgesehen. Ein Nachteil ist das nicht, findet Pichler: "Es schleppt keiner ein Konzept von einer erlebten Inszenierung mit." Gnass und Pichler kennen dagegen den Spielort sehr gut. Für den Regisseur eine Herausforderung – gerade bei der Tosca, denn er will einerseits der Situation gerecht werden, muss andererseits mit den Möglichkeiten eben dieser Situation klarkommen. Freilich hat er schon ein Konzept, wie er ein Kircheninneres, ein Zimmer im Palazzo Farnese und schließlich die obere Plattform der Engelsburg nach Glatt holt.

Gnass genießt unterdessen die Arbeit in vollen Zügen. Er erlebt gerade das, was er sich unter "Opernfestspiele" vorstellt. Künstlerische Arbeit in einem hochprofessionellen Team, in dem aber jeder mit Leidenschaft dabei ist – dabei harmonisch mit großem Spaß agieren – und das unter den Augen der Öffentlichkeit. Denn für die ist die ganze Arbeit. Es geht darum, diese Musik nahbar, erlebbar zu machen. In diesem Jahr eine der schwierigsten Opern, eine, deren Geschichte sich selbst erzählt – und die genau deshalb sehr genau erzählt werden muss. Wenn’s so gut läuft wie in diesen Tagen, wenn sich künstlerische Vorstellungen zwanglos zusammenfügen, die Vorbereitungsstränge passgenau ineinanderfließen, dann aktiviert das auch im Umfeld Aufgeschlossenheit und Potenziale. Wie gut die Stimmung ist, mag man daran ersehen, dass Gnass nicht sagt: "In drei Wochen müssen wir’s schaffen." Er sagt: "Wir haben noch drei (!) Wochen" – und freut sich über die viele Zeit bis zur Premiere am 24. Juli.