Zwischen den Stromkästen ist der 55-jährige Fußgänger angefahren worden. Foto: Steinmetz

Beschudigter räumt Tat ein, nennt aber keine Details. Gutachten soll Schuldfähigkeit des Mannes klären helfen.

Sulz - Um 9 Uhr ist am Samstag auf dem Sulzer Marktplatz nicht viel los. Plötzlich kracht es. Der Schlag schreckt die Nachbarschaft auf. Ein Kunde im Sportgeschäft, der gerade ein Fahrrad kaufen will, eilt hinaus, um nachzuschauen, was los ist.

Ein 43-Jähriger hat, wie berichtet, mit seinem Auto offensichtlich absichtlich auf dem Gehweg einen 55-jährigen Fußgänger angefahren. Der herbeigeeilte Zeuge wundert sich, dass der Fahrer nicht aussteigt. Er versucht, die Autotür aufzumachen, als der 43-Jährige am Steuer mit dem Knopf die Tür abriegelt. Gleich darauf gibt dieser Vollgas und fährt Richtung Vöhringen.

Autokennzeichen auf Flucht verloren

Derweil setzt der Augenzeuge den Notruf ab. Das Autokennzeichen liegt auf der Straße, er hat sich die Nummer notiert. Doch schon kommt das Unfallauto wieder zurück und hält an der Bushaltestelle am Marktplatz. Der Zeuge will erneut den Fahrer zum Aussteigen zwingen. Da gibt der 43-Jährige wieder Gas und erwischt diesmal frontal eine Frau auf dem Fußgängerüberweg. Sie wird auf den Gehsteig geschleudert. Ihr wird sofort Erste Hilfe geleistet, schon bald sind ein Sanitäter und ein Krankenwagen zur Stelle.

Die Frau ist schwer verletzt, aber nicht lebensgefährlich. Das andere Unfallopfer habe viel Glück gehabt, berichten Zeugen. Der 55-jährige Mann befand sich nämlich in der Lücke zwischen zwei Stromkästen am beziehungsweise vor dem Rathausgebäude.

Die Polizei braucht nur eine Stunde, um den Amokfahrer in einem Sulzer Stadtteil festzunehmen. Gegen ihn hat das Amtsgericht Rottweil mittlerweile Haftbefehl wegen zweifachen versuchten Mordes erlassen.

Nach Auskunft von Staatsanwalt Frank Grundke werden nun die Ergebnisse von Gutachten abgewartet. Zum einen soll der Unfallhergang rekonstruiert werden. Zum anderen gebe es Anhaltspunkte dafür, die Schuldfähigkeit des Beschuldigten zu überprüfen. Darüber soll das psychiatrische Gutachten Aufschluss geben. Der 43-Jährige sei in ähnlicher Weise bisher nicht auffällig gewesen, sagt Grundke. Polizeibekannt war er jedoch wegen "Beleidigungstatbeständen".

Mann fühlt sich von Außerirdischen bedroht

Nach unseren Informationen leidet der Mann seit Jahren unter Wahnvorstellungen. So habe er in seinem Ort Briefe verteilt. Darin stand, dass er bedroht werde, auch von Außerirdischen. Nachbarn soll er als Nazis beschimpft haben. Dabei wird er als intelligent bezeichnet. Er hat das Abitur gemacht und Ingenieurwesen studiert.

Dem Vernehmen nach war der Beschuldigte wegen seiner psychischen Verfassung bereits in Behandlung. Weil er immer Angst hatte, er werde vergiftet, habe er möglicherweise keine Tabletten mehr eingenommen, wird weiter vermutet. Gewalttätig war der 43-Jährige bisher nicht. Gleichwohl sind in seinem Ort Stimmen laut geworden, er sei gefährlich, und man müsste ihn in Verwahrung nehmen.

Inzwischen hat sich der Festgenommene geäußert. Die Tat hat er laut Staatsanwaltschaft nicht bestritten, dabei aber auch keine Einzelheiten genannt. Seine Opfer kannte er nach den bisherigen Ermittlungen nicht. Was das Motiv seiner Attacke angeht, rätselt die Polizei noch.

Augenzeugen sind schockiert. "Es war wie im Fernsehen. Es war echt brutal. Das werde ich nicht vergessen", sagt einer von ihnen, den die unglaubliche Tat auch nachts verfolgte.