Smartphone am Esstisch? Das geht für den Benimmcoach gar nicht. "So wichtig wie wir glauben sind wir nicht", sagt er. Fotos: Cools Foto: Schwarzwälder-Bote

Ferienprogramm: Knigge-Trainer Richard Weinzierl erklärt, wie man sich im beruflichen Alltag höflich verhält

Nicht mit vollem Mund sprechen und die Ellenbogen nicht auf dem Esstisch aufstützen – es gibt Regeln, die kennt jedes Kind. Aber werden sie immer eingehalten? Und gibt es Gelegenheiten, in denen man bisher unbewusst unhöflich war?

Sulz. James Bond hat sie einst vorgemacht – die perfekte Begrüßung: "Mein Name ist Bond, James Bond." Denn Richard Weinzierl, Vorstandsmitglied der Deutschen Knigge Gesellschaft und zertifizierter Trainer für Business-Etikette, sagt, dass man sich Fremden stets mit vollem Namen vorstellen sollte – auch wenn es ein Doppelname ist.

Wer es aber mit der Genauigkeit übertreibt, der droht, sich lächerlich zu machen. "Seinen akademischen Titel zu nennen, ist peinlich. Niemand sollte sich mit ›Ich bin Professor Müller-Lüdenscheidt‹ vorstellen", meint Weinzierl.

Ein Gespür für das richtige Benehmen

Er darf an diesem Nachmittag zwei Kindern aus Glatt und einem aus Wittershausen beibringen, wie man sich im Alltag und besonders im Berufsleben höflich verhält. Die geringe Teilnehmerzahl überrascht Weinzierl nicht. "Nötig hätten es gerade die, die nun zu Hause sind", sagt er lachend. Aber das hänge eben stark vom Elternhaus und der Bedeutung von Manieren in der Erziehung ab.

Die 14-jährige Maria Eisele ist aus freien Stücken zum Ferienprogramm erschienen. "Meine Eltern sind meist mit meinem Verhalten zufrieden. Aber es ist gut zu wissen, was sich gehört", meint sie.

Unhöfliches Verhalten könne man täglich beobachten, so Weinzierl. Kürzlich hätten zahlreiche Kinder Sitzplätze im Zug eingenommen, während ältere Damen und Herren stehen mussten. Zu seiner Zeit wäre so etwas undenkbar gewesen, weiß Weinzierl und startet deshalb den Versuch, der Sulzer Jugend ein Gespür für das richtige Benehmen zu vermitteln.

Dazu stellt er erstmal die zwei größten Vertreter aus dem Bereich Fauxpas vor: wenn man einen Händedruck nicht erwidert und wenn man ein (vielleicht am Vorabend beim Feiern) erteiltes Du zurückzieht. Ansonsten gelte nach wie vor: Der Herr wird der Dame vorgestellt, der Jüngere dem Älteren.

Wichtig im Berufsleben wie auch im Alltag sei nach wie vor der erste Eindruck. "Der haftet an einem wie Kaugummi an der Schuhsohle", sagt Weinzierl.

Das beginne beim Outfit, insbesondere im Berufsleben. So sollten Menschen nie mehr als neun sichtbare Teile tragen (Schmuck, Piercings und Handtasche inklusive) sowie maximal fünf Accessoires. "Jeder kennt das, wenn die merkwürdige Tante an jedem Finger Ringe hat und man sich fragt ›Muss die all ihren Klunker tragen?‹", sagt Weinzierl.

Auch in Sachen Farben und Muster gilt Vorsicht: Maximal drei Farben und zwei Muster kombinieren, sonst sehe man schnell "wie ein Kasper" aus. Ein Outfit sollte laut Coach Autorität, Kompetenz und Integrität ausdrücken, also ein stimmiges Bild ergeben.

Ein No-Go: Hände in der Hosentasche

Wichtig sei auch, sich darin wohlzufühlen. Denn Weinzierl erkennt schon auf den ersten Blick, ob jemand Krawattenträger ist, "oder ob die Krawatte auf Halbmast hängt, weil jemand dauernd daran herumzerrt." In so einem Fall solle der Herr lieber nur zum Hemd greifen.

Schade findet der Coach, dass viele gar nicht mehr wüssten, wie man sich schick kleide. So sind ihm Flipflops und kurze Hosen bei der Oper in Glatt regelmäßig ein Graus.

Doch auch eine gewisse Körperhaltung könne unhöflich sein. Schließlich setze sich der erste Eindruck zu 55 Prozent aus Körpersprache, zu 38 aus Stimme und zu sieben Prozent aus Inhalt zusammen.

Tipps für den Alltag sind, die Hände immer oberhalb der Taille zu halten, aufrecht zu stehen und die Hände beim Essen nicht unter den Tisch zu tun. "Das kommt noch von früher. Da wusste man nicht, ob das Gegenüber einen Revolver unter dem Tisch hatte."

Das Schlimmste? "Wenn man seine Hände in der Hosentasche hat, ist das respektlos gegenüber den Leuten, die mit ihren Händen arbeiten. Es gibt Diplomaten, die sich – um der Verführung zu widerstehen – sogar die Hosentaschen zunähen", erzählt Weinzierl. Was dem Benimmcoach auch bitter aufstößt, ist das Smartphone am Esstisch. "Das hat da nichts verloren. So wichtig wie wir glauben sind wir nämlich nicht", stellt er klar.

Generell gelten die Benimmregeln für den deutschsprachigen Raum, denn manche Geste wird im Ausland anders aufgefasst. Ein Beispiel sei das Victory-Zeichen. In manchen englischsprachigen Ländern zeigt man dem Gegenüber damit einen doppelten Mittelfinger.