Den Erziehern geht es nicht nur um mehr Geld, sondern auch um Wertschätzung ihrer Arbeit in den Kindertagesstätten. Foto: Scheidemann Foto: Schwarzwälder-Bote

Alle Kindergärten sind geöffnet / Gewerkschaften fordern Höhergruppierung für Erzieher / Kämmerer skeptisch

Von Marzell Steinmetz

Sulz. Erzieherinnen in kommunalen Kindertagesstätten streiken mittlerweile seit drei Wochen. Die Stadt Sulz ist nicht betroffen, ein Thema ist es dennoch.

Zumindest bei einem Teil der Erzieherinnen, wie die Leiterin des Kindergartens Schillerhöhe, Marion Maluga-Loebnitz, bestätigt. Bis jetzt habe sich aber noch niemand am Streik beteiligt. Sie selbst ist Gewerkschaftsmitglied, andere Kolleginnen sind es nicht. Diese seien deshalb unsicher, wie sie sich verhalten sollten.

Verdi, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sowie der Deutsche Beamtenbund haben zum Streik aufgerufen. Sie fordern eine höhere Eingruppierung der bundesweit 240 000 Erzieher und Sozialarbeiter. Das würde für sie Einkommensverbesserungen von durchschnittlich zehn Prozent bedeuten.

Hintergrund ist: Die Aufgaben der Erzieherinnen sind in den vergangenen Jahren gestiegen. "Es hat sich viel verändert", stellt die Schillerhöhe-Kindergartenleiterin fest, angefangen von der Krippe mit dem Übergang zum Kindergarten und danach zur Schule. Die Kinder sollen in vielfältiger Form gefördert werden – individuell und in der Gruppe. Und nicht immer können es die Erzieherinnen den Eltern recht machen.

"Es ist viel, was auf uns zukommt", bestätigt auch Christine Bühl, die den Kindergarten im Wohngebiet Kastell leitet. Seit 28 Jahren ist sie in ihrem Beruf tätig. Früher hätten die Erzieherinnen mehr Zeit zum Spielen mit Kindern gehabt, heute müssen sie viel Zeit zur Dokumentation ihrer Arbeit aufbringen. Die Anforderungen hätten sich deutlich erhöht.

Mehr Geld wäre zwar schön. Für Christine Bühl steht aber nicht so sehr die Höherstufung im Vordergrund. Wichtiger wäre ihr, dass der Beruf eine höhere Anerkennung und Wertschätzung, "für das, was wir leisten", erfahren würde. Zumal die Ausbildung durchaus anspruchsvoll ist. Christine Bühl hatte schon Praktikantinnen gehabt, die glaubten, als Erzieherin brauche man nur mit Kindern zu spielen. Wer im Kindergarten nur mangels Alternativen arbeiten möchte, werde die Ausbildung kaum schaffen. "Es ist ein halbes Studium dabei", erklärt sie.

Auf Kastell werden auch Ganztagskinder betreut. "Die Eltern hätten massive Probleme, wenn gestreikt würde", sagt die Leiterin. Sie hätten gefragt, ob der Kindergarten zugemacht werde und sich bedankt, dass dies nicht der Fall sei. Christine Bühl, die ebenfalls gewerkschaftlich organisiert ist, wäre bei einem Streik in einem Zwiespalt, denn in erster Linie wären, wie sie meint, "die Kinder die Leidtragenden".

Wie lange noch gestreikt wird, können die beiden Kindergartenleiterinnen derzeit nicht einschätzen. Verdi werde am Ball bleiben, glaubt Christine Bühl.

Können die Gewerkschaften ihre Forderungen nach mehr Gehalt durchsetzen, so kämen nach Auskunft von Kämmerer Michael Lehrer bei einer zehnprozentigen Erhöhung auf die Stadt Sulz Mehrkosten von 150 000 Euro zu. Das würde sich wohl auf die Beiträge auswirken. Andererseits könnten die Eltern nicht über Gebühr belastet werden. Die höheren Personalkosten müssten mit Steuern ausgeglichen werden. Das Geld fehle dann an anderer Stelle.

Den Erzieherinnen bescheinigt Lehrer, einen guten Job zu machen. Ihn stört jedoch, dass die Gewerkschaft eine Berufsgruppe aus dem Gehaltsgefüge des öffentlichen Dienstes herausgreift und damit ein Missverhältnis zu anderen Berufsgruppen schafft. Lehrer denkt dabei an Polizisten oder auch Bauhofmitarbeiter. Sei deren Arbeit weniger wert?, stellt er in den Raum. Eigentlich sollten alle Gehälter nach oben gesetzt werden. Nur: "Können wir uns das leisten?"