Wenn Helmut Pfister nicht auf seinem Acker Kraft schöpft, dann spaziert er durch den Kräutergarten vor dem Rathaus mit Blick auf das Wasserschloss. Fotos: Cools Foto: Schwarzwälder-Bote

Portrait: Glatt hat mehr als "nur" Kultur zu bieten / Hohe Lebensqualität und starke Vereinszusammenarbeit

Mit sechs Jahren hat er das erste Mal das Wasserschloss bewusst betreten. Mittlerweile ist Ortsvorsteher Helmut Pfister klar, dass eine Sehenswürdigkeit wie diese nicht nur Vorteile mit sich bringt.

Sulz-Glatt. Wer ein Freund von Kultur und malerischen Gemäuern ist, dem ist Glatt längst ein Begriff. Ortsvorsteher Helmut Pfister ist hier nicht nur aufgewachsen, sondern auch geboren – "ein Ureinwohner", wie er sagt.

Nach einer Werkzeugmacherlehre übernahm er die Landwirtschaft des Vaters, merkte aber, dass er mehr als das wollte. Mit 26 Jahren ging er zur Polizei, war bis 1993 in Oberndorf auf Streife, dann Lehrer an der Polizeischule Böblingen. "Bis zum Hauptkommissar habe ich es gebracht", erzählt er und zieht Parallelen zum Amt des Ortsvorstehers, das er seit 2014 inne hat. "Bei beidem gilt es tagtäglich, Probleme zu lösen – mal leichte, mal schwere", weiß er.

Wenn er mal Zeit für sich braucht, dann findet er diese auf seinem Acker, auf dem er Kartoffeln und Gemüse für den Eigenbedarf anbaut. "Da kann man sich entspannen", meint er. Früher habe Pfister gedacht, er werde in die Welt hinausgehen. Mittlerweile hat er viele Reisen gemacht, viel gesehen und weiß: "Manche schätzen gar nicht, wie schön man hier wohnen und leben kann".

Ein Dorn im Auge sind Pfister lediglich die Leerstände, insbesondere in der Ortsmitte. "Die stören optisch einfach. Die Bürger sollten sich besinnen, ihre Gebäude richten oder verkaufen", findet er. Bauplätze gebe es noch ein paar am Steilhang mit guter Aussicht, "aber teuer zu bebauen".

Beim Thema Altersstruktur kann der Ortsvorsteher ein Seufzen nicht verbergen. Bei rund 600 Einwohnern gebe es viele 80-plus-Bürger und einige 90-Jährige. "Hier kann man auf jeden Fall alt werden", meint er.

Was er in Glatt dagegen besonders schätzt, ist die reibungslose Zusammenarbeit der örtlichen Vereine. Das zeige sich jedes Mal bei der Oper oder der langen Museumsnacht. Als mitgliederstärkste nennt er den Musikverein, den Bürger- und Kulturverein, den Tennisverein, die beiden Fischereivereine und die Narrengilde sowie die Glatter Schlosshexen. Auch die Fasnet spiele im ursprünglich einmal rein katholischen Ort eine große Rolle. Mittlerweile seien nur noch 60 Prozent der Einwohner Katholiken. Und obgleich den Protestanten früher die Fasnet verboten gewesen sei, so habe sie trotz des großen evangelisch-gläubigen Anteils nichts an ihrer Bedeutung eingebüßt.

Was Glatt von den anderen Ortsteilen maßgeblich unterscheide, sei natürlich das Wasserschloss – "Fluch und Segen zugleich", wie der Ortsvorsteher weiß. Einerseits bringe es zahlreiche Besucher in den Stadtteil, damit aber auch Probleme. "Sonntags fallen sie in Scharen in den Ort ein", beobachtet Pfister immer wieder. Im Zusammenhang damit sieht er auch noch Potenzial in Sachen Parkplätze, weiß aber auch um die Problematik des Platzes, der in Glatt recht begrenzt ist.

Zwei wichtige Projekte stehen zeitnah an

Er erinnert sich noch an die Zeit, in der Wohnungen im Schloss waren. "Ein Klassenkamerad wohnte im Hohenzollernzimmer. Den habe ich oft besucht", erzählt Pfister, wie er das Schloss zum ersten Mal mit sechs Jahren betreten hatte. Um das Schloss auch für Besucher zugänglich zu halten, übernahm die selbstständige Gemeinde es ihrerzeit aber, und die Bewohner mussten weichen.

Wichtige Projekte für Glatt seien in naher Zukunft die Aussegnungshalle und die Sanierung des Rathauses. Ersteres beschäftigt den Ort schon seit 2015. Aufgrund der Topographie, die unter anderem Stützmauern und eine bestimmte Entwässerungsart nötig macht, hatte der Gemeinderat Mehrkosten bewilligen müssen. Nun liegen die Kosten bei rund 420 000 Euro. Vorgesehener Baubeginn ist Mitte September.

Zudem hat das Rathaus, das seit 1912 für die Verwaltung und andere Zwecke genutzt wird, eine Sanierung nötig. Anlässlich dieser habe ein Bürgerdialog stattgefunden, um die Einwohner in die Planungen mit einzubeziehen. "Das kostet uns einen Haufen Geld, und es ist schwer, alle Wünsche der Bürger aufzunehmen", hat Pfister bemerkt. Dennoch sei es wichtig, viele von den Vorstellungen zu realisieren, da es nicht nur ein Rat- sondern auch ein Bürgerhaus werden soll.

Streit gebe es da keinen, stellt Pfister klar, aber wenn es dann doch mal anstrengend wird, schöpft er auf seinem Acker einfach neue Kraft.