Zahnarzt Thomas Schlachta denkt an die Zukunft seiner Praxis / Stefan Aupperle soll sie einmal übernehmen

Von Marzell Steinmetz

Sulz. Bis zur Rente sind es noch einige Jahre. Doch Thomas Schlachta hat schon jetzt, nach zwei Jahrzehnten als Zahnarzt in Sulz, seine Nachfolge geregelt. Mit ihm, sagt er, werde eine Familientradition enden.

Der Großvater war Dentist, Mutter und Vater Zahnärzte und er selbst, der zuerst Zahntechniker gelernt hatte, studierte ebenfalls Zahnmedizin. Vor 20 Jahren übernahm Thomas Schlachta in Sulz die Zahnarztpraxis seiner Mutter Wilhelmine Schlachta-Esslinger.

"Gaumenloser Zahnersatz, Kronen- und Brückengebisse. Nur beste Facharbeit. Meist schmerzlose Behandlung": So stand es in der Annonce, mit der Matthias Esslinger am 15. Dezember 1909 in der Bergstraße zwischen Stadtkirche und Gewerbebank das "erste ständige Zahn-Atelier in Sulz" eröffnete.

Der Großvater von Thomas Schlachta hatte sich in England zum Bader ausbilden lassen. In Deutschland besuchte er die Dentistenschule; ein Studium war damals noch nicht nötig. "Der Dentist", erklärt Schlachta, "war der gelernte Zahnarzt. Studierte Zahnärzte gab es erst später." Inwieweit Esslinger seinerzeit sein Versprechen wahr gemacht und seine Patienten "zumeist schmerzlos" behandelt hat, weiß der Enkel nicht. Er kann seinen Patienten jedenfalls Schmerzen manchmal nicht ersparen.

Sein Großvater führte die Praxis bis 1948. Weil er krank war, kam seine Mutter aus München nach Sulz. Mit Traumnoten, so der Sohn, habe sie ihr Abitur abgeschlossen. Danach studierte sie Zahnmedizin und promovierte. Trotz ihrer hohen Qualifikation war die Übernahme der väterlichen Praxis nicht ganz einfach. Zahnärzte und Dentisten waren zwei unterschiedliche Berufsgruppen. Deshalb musste sie zuerst beim Obermeister der Dentisten in Karlsruhe das Einverständnis einholen.

Wilhelmine Schlachta-Esslinger war eine einfühlsame und von den Patienten sehr geschätzte Zahnärztin, die bis zum 75. Lebensjahr praktizierte. Knapp vier Jahre später starb sie.

Schlachtas Vater war als Jurist nach dem Krieg stellvertretender Staatskommissar im bayerischen Innenministerium. Den Job gab er auf, studierte Zahnmedizin in Tübingen und arbeitete dann in der Praxis seiner Frau von 1954 bis 1982 mit. In der Zeit wurde der Musikliebhaber als der "singende Zahnarzt" bekannt.

Thomas Schlachta, Jahrgang 1958, erlernte zunächst den Beruf des Zahntechnikers. Mit 28 nahm er sein Zahnmedizinstudium in Tübingen auf, promovierte ebenfalls. Seine Mutter übergab ihm die Praxis in der Bahnhofstraße im Juli 1994. Innerhalb von drei Monaten wurde sie komplett umgebaut und wiedereröffnet.

Thomas Schlachta und seine Frau Regina haben drei Töchter: Zwei sind Ärztinnen, eine studiert Erziehungswissenschaft. Keine von ihnen kommt als Nachfolgerin in der Sulzer Zahnarztpraxis daher in Frage. "Sie haben gesehen, wie stressig der Zahnarztberuf ist", sagt Thomas Schlachta.

Ans Aufhören denkt er jetzt zwar nicht und beruhigt: "Ich bleibe auf jeden Fall noch meinen Patienten erhalten." Allerdings werde es auch bei Zahnärzten Engpässe geben, wenn die geburtenstarken Jahrgänge den Ruhestand anträten, befürchtet er. Ein weiterer Umstand gibt Anlass zur Sorge: Ein Drittel der Zahnmediziner wandert nach dem Studium ab in die Schweiz, nach Holland, Norwegen, Schweden oder England. Die Verdienstmöglichkeiten seien zum einen besser, zum anderen seien in manchen Ländern die Arbeitszeiten attraktiver geregelt. Das käme vor allem Frauen entgegen, deren Anteil im Studium bei 70 Prozent liege.

Thomas Schlachta arbeitet momentan täglich zwischen zehn und zwölf Stunden. "Das macht man nicht ewig", ist er sich bewusst. Davon abgesehen wollte er handeln, bevor – was bei den Hausärzten schon der Fall ist – auch die Zahnarztpraxen auf dem Land ausgedünnt werden. Auf der Suche nach einem Nachfolger ist Schlachta fündig geworden: Der 29-jährige Stefan Aupperle aus Horb arbeitet schon jetzt in der Praxis mit. Auch er stammt aus einer Zahnarztfamilie. Mit ihm zusammen erhofft sich Schlachta einen für seine Patienten erträglichen und sanften Übergang.