König Wilhelm Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder-Bote

Heimatgeschichte: König Wilhelm von Württemberg besucht 1894 anlässlich des Herbstmanövers Mühlheim

In der Sulzer Chronik ist Archivar Dietmar Strobel auf die Notiz gestoßen, dass König Wilhelm II. von Württemberg zu Besuch in Mühlheim am Bach war. Er hat näher recherchiert und die damaligen Ereignisse in einem Bericht zusammengefasst.

Sulz-Mühlheim. Im September des Jahres 1894 stand das Dorf Mühlheim im Oberamt Sulz ganz im Zeichen des Herbstmanövers der württembergischen Truppen.

Man darf annehmen, dass das ganze Dorf aus dem Häuschen war. Die Offiziere und Mannschaften wurden bei Privathaushalten einquartiert und fühlten sich aufs Beste versorgt. Um dieses gute Verhältnis zu würdigen, erlaubte der Regimentskommandeur Oberst von Hiller der 42 Mann starken Regimentskapelle an zwei Abenden im "Lammgarten" ein Konzert abzuhalten. Zahllose Besucher erfreuten sich an dem seltenen muskalischen Genuss. Der Mühlheimer Militär- und Gesangverein durfte ebenfalls einen Auftritt darbieten. Am Sedanstag, einem Feiertag, wurden auf den den Mühlbach östlich begrenzenden Höhen von Bergfelden bis Fischingen Freudenfeuer entzündet, dazu ließen die Offiziere prächtige Feuerwerke abbrennen.

Der absolute Höhepunkt war jedoch der Besuch Seiner Majestät König Wilhelm II. von Württemberg, der es sich nicht nehmen ließ, seine Truppen "Allerhöchstselbst im Mühlbachtale zu inspizieren". Am 25. September 1894 entstiegt Seine Majestät in Sulz dem Sonderzug und erschien kurz danach in festlich geschmückten Mühlheim. Unter Hochrufen der zahlreich zusammengeströmten Bevölkerung durfte das vierjährige Töchterchen des Pfarrers Pfahler dem König einen Blumenstrauß überreichen.

Am selben Tag, noch vor dem Eintreffen des Königs, kam es zwischen Empfingen und Mühlheim zu einem kleinen Zwischenfall. Wie die Sulzer Chronik berichtete, war eine Chaise mit Schlachtenbummler (im wahrsten Sinne des Wortes) von Empfingen her unterwegs, die der auf der Landstraße von Mühlheim herkommende Artillerie entgegenfuhr. Die fröhliche Gesellschaft musste nach rechts ausweichen und landete prompt im Straßengraben. Der Anblick war so komisch, dass alles in lautes Gelächter ausbrach. Hilfsbereite Artilleristen brachten den Wagen wieder auf die Räder und die Insassen auf die Beine.

Zu einem weiteren, nicht dokumentierten, Zwischenfall kam es, als Seine Majestät die Truppenbewegungen beobachtete und sich nebenher mit einem Schinkenbrot stärkte. In einem unbeobachteten Augenblick schnappte ein Hund das Brot und hat es aufgefressen. "Jetzt hat mir dieser verdammte Köter mein Schinkenbrot weggefressen" soll der König empört gerufen haben. Der Hund gehörte übrigens dem Lammwirt Wegenast. Diese Anekdote erzählte man sich noch sehr lange am Stammtisch (wahrscheinlich im "Lamm").

Nach der Beendigung des Manövers am 29. September erhielt Pfarrer Pfahler von dem Kabinetsmitglied Griesinger eine Fotografie des Königs mit eigenhändiger Widmung zur Aushändigung an sein Töchterchen, und ein Begleitschreiben ging an den Schultheißen Christian Däuble, worin Seine Majestät sich "huldvollst bewogen fühlte, Allerhöchstselbst sich für den Aufenthalt in Mühlheim zu bedanken". Die Fotografie soll als Zeichen "allerhöchst seines Dankes für den freundlichen Empfang daselbst" dienen, so der ausschweifende Wortlaut des Schreibens.

Noch heute thront hoch über dem Dorf im Gewann "Auf der Stelle" die Wilhelmlinde. Wahrscheinlich wurde sie zum Andenken an den königlichen Besuch gepflanzt.