Der Sulzer Bahnhof wird für viel Geld umgebaut. Foto: Danner

Gemeinderat beißt in den sauren Apfel. Stadt schultert Kosten für Aufzugsanlage. Barrierefreiheit nicht für alle. Mit Kommentar.

Sulz - Caren Totzauer schüttelt verständnislos den Kopf. Sie hat sich mit ihrem Rollstuhl hinten in den Besucherrängen im Bürgersaal eingereiht. Vorne stellen Planer der Deutschen Bahn Station & Service AG dem Gemeinderat ihre Umbaupläne für den Sulzer Bahnhof vor.

Denn wenn ab 2017 der neue Interimsfahrplan gilt, halten in der Neckarstadt auch Intercity-Züge. Und die haben eine Ausstiegshöhe von 76 Zentimetern. Also wird der Mittelbahnsteig auf einer Länge von 210 Metern abgebrochen und entsprechend erhöht (wir berichteten). Das soll Barrierefreiheit garantieren. Aufgrund der Erhöhung müssen auch die Einhausungen der Treppenanlage angepasst werden. Die Wetterschutzhäuser und die Beschilderung werden ebenfalls erneuert, erläutert Lydia Hartmann von der Deutschen Bahn dem Gremium. Ein Schacht für den Aufzug wird gleich mit ausgehoben. 2,9 Millionen Euro lässt sich die Deutsche Bahn den Umbau kosten.

Nun müssen Menschen mit Behinderungen aber noch vom Bahnhofsvorplatz zum Bahnsteig gelangen. Hier will die Stadt in die Bresche springen. Von einer einmaligen Chance sprechen Bürgermeister Gerd Hieber, aber auch die Stadträte Cornelia Bitzer-Hildebrand (FWV) und Klaus Schätzle (SPD). Eine neue, schönere Treppenanlage samt zweier Aufzüge sollen Abhilfe schaffen. Die Kosten hierfür allerdings schocken so manches Ratsmitglied. 1,2 Millionen Euro muss die Stadt berappen.

Und dann fragt Eberhard Stiehle (FWV) nach, wie man sich eine Lösung für die Regionalzüge vorstelle. Denn die fahren im Wechsel mit den ICs weiterhin den Sulzer Bahnhof an. Sie benötigen allerdings eine Bahnsteighöhe von 53 Zentimetern. Es bleibt also ein Höhenunterschied von gut 20 Zentimetern. Nein, heißt es von den Planern der Deutschen Bahn, eine Aufteilung des Bahnsteigs sei auf keinen Fall möglich. Caren Totzauer richtet sich in ihrem Rollstuhl auf. Sie will es gar nicht glauben. Manchem Stadtrat stößt das ebenfalls sauer auf. Hier werde Geld in eine Lösung investiert, die nur einem Teil der behinderten Bahnreisenden zugute komme, raunt es durch die Reihen.

Und überhaupt: "Wie sieht es eigentlich mit den Unterhaltungskosten für die Aufzüge aus?", will Tobias Nübel (CDU) wissen. Schließlich höre man von anderen Kommunen, dass die recht häufig kaputt seien. Die bleiben ebenfalls bei der Stadt hängen, antwortet Bürgermeister Hieber. Erst, wenn die Fahrgastzahlen in Sulz die 1000er-Marke überschreiten sollten (bisher 800), gehen sie auf die Bahn über. Die Investitionskosten rückwirkend aber leider nicht, fügt er an.

"Super, wenn es barrierefrei ist, aber nicht um jeden Preis", sagt Dieter Kopp (CDU). Er hätte sich, wie auch Tobias Nübel, eine intensivere Prüfung anderer, womöglich billigerer Querungshilfen gewünscht. Hier werde Geld gebunden, das der Gesamtstadt hinten und vorne fehlen werde.

Dem hält Heidi Kuhring (GAL) entgegen, dass am Sulzer Bahnhof alle Sulzer Bürger in den Zug steigen könnten, "auch die aus Mühlheim".

Klaus Schätzle denkt noch weiter. Ihm wird bestätigt, dass 76 Zentimeter Bahnsteighöhe sogar S-Bahn-tauglich wäre, sollte diese jemals bis nach Sulz kommen.

Gabriele Bruker (GAL) will sich indes nicht mit der Aussage abfertigen lassen, verschiedene Bahnsteighöhen für verschieden hohe Züge seien nicht möglich.

Doch es hilft nichts. "Da müssen wir eben in den sauren Apfel beißen", fasst Robert Trautwein (CDU) die Gemütslage im Gemeinderat zusammen. Zumal Bürgermeister Hieber in Aussicht stellt, die Stadt könne womöglich Fördermittel in beträchtlicher Höhe bekommen.

Am Anfang steht die Planung von "Störk + Bensch". Der Gemeinderat beauftragt schließlich das Ingenieurbüro mehrheitlich mit der Planung für Kosten in Höhe von knapp 90.000 Euro. Dagegen stimmen die Stadträte Dieter Kopp, Tobis Nübel und Heinrich von Stromberg.

Info: Zeitplan

Die Arbeiten am Sulzer Bahnhof werden zwischen der Deutschen Bahn Station & Service AG und der Stadtverwaltung abgestimmt. Bis Ende des Jahres soll die Entwurfsplanung stehen, sodass im Januar 2016 der Genehmigungsantrag ans Eisenbahnbundesamt gestellt werden kann. Bis zur Genehmigung rechnet man mit einem guten Jahr. Nach der Ausschreibung und Vergabe bis Mai 2017 könnte dann im Herbst 2017 mit den Baumaßnahmen begonnen werden. Bauende soll im Herbst 2018 sein. Bereits 2017 soll ein Teil des Bahnsteigs erhöht werden, sodass die Intercity-Züge halten können. Die Arbeiten werden bei laufendem Betrieb stattfinden, versichern die Planer.

Kommentar: 21 Zentimeter

Marcella Danner

Die Arbeiten am Sulzer Bahnhof werden zwischen der Deutschen Bahn Station & Service AG und der Stadtverwaltung abgestimmt. Bis Ende des Jahres soll die Entwurfsplanung stehen, sodass im Januar 2016 der Genehmigungsantrag ans Eisenbahnbundesamt gestellt werden kann. Bis zur Genehmigung rechnet man mit einem guten Jahr. Nach der Ausschreibung und Vergabe bis Mai 2017 könnte dann im Herbst 2017 mit den Baumaßnahmen begonnen werden. Bauende soll im Herbst 2018 sein. Bereits 2017 soll ein Teil des Bahnsteigs erhöht werden, sodass die Intercity-Züge halten können. Die Arbeiten werden bei laufendem Betrieb stattfinden, versichern die Planer.