Fotos: Steinmetz Foto: Schwarzwälder-Bote

Natur: In den Sulzer Revieren werden die Feldhasen nicht bejagt / Mit dem Hegeringleiter auf Tour

Sulz. Ludwig Schrägle hat scharfe Augen. "Der ist in der Sasse", sagt der Sulzer Hegeringleiter. Im Feld hat er einen Hasen entdeckt. Noch verhält sich dieser ruhig, doch dann wird er aufgeschreckt. Er flieht, zwei weitere Hasen ebenfalls, alle in verschiedene Richtung.

Demnächst wird in Sulz in drei Revieren der Niederwildbestand gezählt. Wie steht’s um Meister Lampe? "Auf die rote Liste gehört er nicht", ist sich Schrägle sicher. Tatsache aber ist, dass der Feldhase seit den 1970er-Jahren seltener geworden ist. Gründe dafür sind die intensive Landwirtschaft, Spritzmittel, Flächenversiegelungen und der Straßenverkehr, dem viele Tiere zum Opfer fallen. In Baden-Württemberg sind im vergangenen Jahr 7000 Hasen erlegt werden. Die Statistik zeigt, dass es jährlich immer weniger werden.

In den Revieren des Hegerings Sulz wird der Hase nicht bejagt. "Wir haben einen schönen Bestand", ist Schrägle denn auch überzeugt. Wir machen uns auf die Suche nach Feldhasen.

Um 7.30 Uhr geht es los. Ein bisschen trübe ist es noch. Schrägle hätte sich Sonne gewünscht, denn dann kommt der Hase nochmals aufs Feld, um sich zu wärmen. Am Pfingstbrunnen in Holzhausen, wo erst vor Kurzem 40 Obstbäume gesetzt worden sind, lassen sich zwei Rehe blicken, von Hasen ist hier aber keine Spur. Nicht weit davon hat Schrägle, der auch Naturschutzwart ist, einen Tümpel angelegt. In dem Loch sammelt sich Wasser, das, wie er vermutet, von den Feldern stammt. Hier entsteht ein Biotop für Amphibien und Insekten. Es ist aber noch ein anderes Projekt geplant: Im Bereich des Pfingstbrunnens wollen die Jäger wieder Rebhühner ansiedeln. Ganz ideal ist das ausgesuchte Areal nicht. Es grenzt an Wald mit hochgewachsenen Bäumen, auf denen sich Greifvögel niederlassen, um nach Beute Ausschau zu halten. "Wir haben sonst keine freien Flächen", bedauert Schrägle. In Holzhausen bleibt die Suche nach dem Feldhasen erfolglos.

Die noch in diesem Monat geplante Zählung des Niederwilds in Sulz erfolgt an zwei aufeinanderfolgenden Nächten. Bei Dunkelheit werden bestimmte Strecken im Jagdrevier abgefahren. Mit Hilfe eines Scheinwerfers werden die Hasen gesucht. Im Herbst findet die zweite Zählaktion statt. Die Jäger erfassen an den festgelegten Standorten jedoch nicht nur Hasen, sondern alle gesichteten Wildtiere. Die Zählung geht über fünf Jahre. Im Hegering ist dafür extra eine Niederwildhegegemeinschaft gegründet worden.

Wildunfälle müssen gemeldet werden

Schrägle wechselt ins Revier Bergfelden. Da endlich werden wir fündig. In einem Weizenacker nahe der Autobahn sitzen mehrere Hasen. In den Ackerfurchen sind sie schwer erkennbar. Sie haben bestimmte Überlebensstrategien: Bei Gefahr verharren sie bewegungslos am Boden und ergreifen erst im letzten Moment die Flucht. Dabei können Feldhasen über eine kurze Distanz Geschwindigkeiten bis zu 70 Stundenkilometern erreichen.

Schrägle entdeckt aber noch etwas anderes auf dem grünen Weizenacker: eine so genannte Brechstelle. "Ganz frisch", stellt der Jäger fest. Wildsauen haben nach Maiskörnern vom vergangenen Jahr gesucht und dabei den Boden aufgewühlt. Sie plünderten ein Körnerlager, das Mäuse angelegt hatten.

Schrägle fährt mit dem Jeep auf der Kreisstraße zwischen Renfrizhausen und Bergfelden. Kürzlich war er hier bei einem Wildunfall. Passanten hatten dies gemeldet, der Fahrer war geflüchtet. "Wildunfallflucht ist strafbar. Die Verletzung der Meldepflicht kostet 300 Euro", erklärt Schrägle. Er hat das im Straßengraben liegende tote Reh entsorgt. Um solche Unfälle zu reduzieren, haben die Jäger an den Bäumen am Straßenrand Spiegel angebracht. Bei Dunkelheit reflektieren sie das Scheinwerferlicht. Das Reh bleibt stehen. Damit, so Schrägle, konnten die Wildunfälle um 30 Prozent verringert werden.

Er ist guter Dinge, weitere Hasen zu entdecken. Es geht an einer dichten Hecke entlang. Ein Dachs hat darin seine "Burg" gebaut. Schrägle schaut mal wieder nach, wie sich der Bau ausgeweitet hat. Ein Loch ist frisch gegraben. Es ist nicht das einzige: mindestens ein halbes Dutzend seien es, weiß Schrägle. Der Dachs hat genug Fluchtmöglichkeiten geschaffen.

Die ersten Spaziergänger sind unterwegs. Die Chance, Wildtiere zu sehen, werden nun geringer. Dennoch: In der Wacholderheide, in der gerade Schlüsselblumen flächig blühen, haben wir einen Hasen aufgeschreckt – ein recht stattliches Exemplar. Er verschwindet im dichten Gebüsch.

Der Hegeringleiter steuert noch das Danner-Tal an. Auffallend dort: mehrere Hochsitze, einer davon mitten auf dem Acker. "Die brauchen wir. Wenn Mais da ist, ist der Teufel los", sagt Schrägle. Die Wildsaujagd ist allerdings schwierig, wenn der Mais hoch steht. Der Jäger bekommt die Tiere kaum zu Gesicht, hört sie aber schmatzen. Am Ackerrand hat er einen "Mahlzaun" aufgestellt, bestrichen mit Holzkohlenteer. Wenn sich Wildsauen daran reiben, hinterlassen sie Spuren, und der Jäger weiß, dass sie mal wieder zum Fressen auf den Acker gekommen sind.

Schließlich bewegt sich in der Ferne doch noch etwas: Ein weiterer Hase hoppelt über die Flur, leider zu weit entfernt, um ihn noch fotografieren zu können. In zwei Stunden sechs Hasen und drei bis vier Rehe beobachtet: "Die Ausbeute ist nicht schlecht", findet Ludwig Schrägle.