Sie können 50 Jahre Schlosscafé feiern (von links): Thomas und Roswitha Esslinger sowie Inge und Siegfried Esslinger Foto: Steinmetz Foto: Schwarzwälder Bote

Jubiläum: Siegfried Esslinger hat vor 50 Jahren das Schlosscafé in Glatt eröffnet / Idee aus der Not geboren

In den Ökonomieteil des Glatter Wasserschlosses ein Café einzubauen, dazu gehörte eine große Portion Mut. "Wenn es schief läuft, bekommen Sie nichts ersetzt", warnte der Fürst.

Sulz-Glatt. Siegfried Esslinger hatte mit der Bauverwaltung zuvor jahrelang verhandelt, bis er beim Fürst in Sigmaringen einen Termin bekam. Esslinger wollte aber auch etwas wissen: "Hoheit", fragte er, "was ist, wenn das Schloss verkauft wird?" Falls das der Fall sein sollte, werde er den Gebäudeteil bekommen. Das war nur eine mündliche Zusicherung, doch der Fürst hielt Wort. 1970/71 hat die Gemeinde Glatt das Wasserschloss gekauft, und die Familie Esslinger erhielt die ehemalige Scheuer, in der der Gastronomiebetrieb eingerichtet worden war. Bereits 1968 ist das Schlosscafé eröffnet worden. Es lief gut, das musste auch der damalige Hofkammerpräsident im Beisein des Fürsten zugeben: "Wir haben Sie immer für einen Fantast gehalten. Sie haben uns eines Besseren belehrt, deshalb sollen Sie das Gebäude bekommen."

Esslinger hat noch Fotos, wie es vor der Eröffnung des Lokals drinnen ausgesehen hat. Die Vorstellung, hier ein nobles Café einzurichten, erforderte viel Fantasie. Jede Menge Schutt musste ausgeräumt werden. Die Scheuer gehörte zum ältesten Teil der Burganlage. Ein Wehrturm mit Schießscharten ist noch da.

An die Eröffnung erinnert sich Esslinger gut: Vor dem Schloss fand im Juni 1968 ein Fest statt. Weil es regnete, ist es spontan ins Café, das noch keineswegs fertig war, verlegt worden. 600 Mark hat Esslinger an diesem ersten Tag eingenommen. "Da habe ich gewusst, es war richtig, das Café im Schloss einzurichten."

Die Idee, räumt er ein, sei aus der Not heraus geboren worden. Esslinger konnte wegen seiner schweren Handverletzung keinen normalen Beruf erlernen. Er war mit seinem Wanderkino unterwegs, dann Fremdenverkehrsleiter in Glatt und für TUI. Er hatte aber auch gastonomische Erfahrungen gesammelt, unter anderem auf der Insel Mainau. Dort arbeitete er in der "Schwedenschenke". Mit dem Konditormeister war er befreundet. Von ihm habe er viel gelernt. Die Schwarzwälder Kirschtorte ist später zum Markenzeichen des Schlosscafés geworden. Große Reklame musste die Familie Esslinger nicht mehr machen: "Das Café lief vom ersten Tag an bis heute."

Nicht alle waren von Esslingers Idee begeistert. Es gab Hindernisse zu überwinden, doch der frühere Glatter Bürgermeister Otto Hellstern habe sein Projekt unterstützt. Für Esslinger zeichnete sich auch schon die weitere Entwicklung ab: das Schloss als Museum zu nutzen.

Die Einrichtung des Schlosscafés ist bereits museal. Auf seinen Touren mit seinem Wanderkino hat Esslinger immer wieder Antiquitäten heimgebracht. Etliche davon konnte er dann im Café ausstellen. Das macht auch die besondere Atmosphäre aus.

Zum 1. Januar 1994 übergaben Siegfried und Inge Esslinger das Schlosscafé an Sohn Thomas und dessen Frau Roswitha. In den folgenden Jahren haben sie den Betrieb mehrfach erweitert und modernisiert. "Ich habe drei Küchen erlebt", sagt Thomas Esslinger. Die ehemalige Fruchtkammer wurde dazu gekauft und als Gastraum hergerichtet.

Immer wieder kündigte sich "hoher Besuch" an. Siegfried Esslinger hat eine lange Liste zusammengestellt: Prinzen, Fürsten, Herzoginnen und Grafen kamen, unter anderem Kaisertochter Herzogin Viktoria Luise, Kaiserenkel Prinz Louis Ferdinand von Preußen, Graf Bernadotte, Prinz Michael von Preußen oder Prinz Henrik von Dänemark. Auch Politiker suchten das Schlosscafé auf, so der frühere Ministerpräsident Erwin Teufel und der jetzige Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Oldtimer-Rallyes legen auf dem Schlosshof gern einen Zwischenstopp ein.

Das Schlosscafé ist aber auch Arbeitgeber. Der Betrieb sei nur durch ein gutes Team zu bewältigen, betont Roswitha Esslinger. Insgesamt sind im Café acht Festangestellte und 30 Aushilfskräfte beschäftigt.