Gastgeber und Besucher auf der Ruine Wehrstein (von links): Hermann-Josef Speyer, Landrat Wolf-Rürdiger Michel, Bürgermeister Gerd Hieber, Hauptamtsleiter Hartmut Walter, Uwe Gfrörer, Armin Schwind, Martin Schellhammer und Hubert Breisinger Foto: Danner Foto: Schwarzwälder-Bote

Landrat besucht Fischingen / Ortschaftsräte nutzen die Gelegenheit und bringen ihre Anliegen vor

Von Marcella Danner

Sulz-Fischingen. "Die Akten sind immer nur die zweitbeste Lösung", erklärte Landrat Wolf-Rüdiger Michel gestern zum Abschluss seines Rundgangs durch Fischingen. Die Ortschaftsräte nutzten die Gunst der Besuchsstunden und trugen dem Chef der Kreisverwaltung ihre Anliegen vor.

Er habe schon so viel über das ehrenamtliche Engagement der Fischinger Bürger gelesen, da wollte sich Michel deren Ort einmal genauer ansehen. Der stellvertretende Ortsvorsteher Armin Schwind und Ortschaftsrat Hubert Breisinger zeigten dem Landrat Beispiele für gelungene Sanierungen im Ortskern, aber auch Leerstände und regelrechte Bauruinen.

Das Erbschaftsrecht ziehe die Verhandlungen mit Erbengemeinschaften oft sehr in die Länge, so Breisinger. Mit seiner Bitte, hier etwas zu ändern, um nicht auf Jahrzehnte mit zusammengefallenen Häusern in der Ortsmitte leben zu müssen, war er allerdings bei Michel an der falschen Adresse. Das sei eher wohl Sache des Bundes, erklärte der Landrat.

Für Bauherren, die tatsächlich im Ortskern sanieren wollten, müssten finanzielle Anreize geschaffen werden, so Breisinger. Das könnten Fördermittel aus der Stadtkasse sein, aber auch Gelder, die vom Land pauschal für ein Bauvorhaben vergeben würden. Die Hürde für bestehende Programme, wie etwa das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR), seien viel zu hoch und für private Bauherren kaum zu nehmen. "Geht es nicht unbürokratischer?", fragte der Ortschaftsrat. Erfreuliches hatte hingegen die Kirchengemeinderats-Vorsitzende Annerose Schröder zu berichten. Das katholische Gemeindehaus sei frisch saniert und nun durch einen Aufzug auch barrierefrei zu besuchen. "Wir sind glücklich, und ich denke, die Fischinger auch."

Der ganze Stolz des Sulzer Stadtteils ist die offene Ganztags-Grundschule samt Kindergarten – idyllisch und autofrei am Neckar gelegen – und die erste im Stadtgebiet. "Das ist unser Aushängeschild." Kombiniert mit der Nähe zur A 81 über Empfingen sei dies sicherlich ein Kriterium für junge Familien, sich im Stadtteil niederzulassen, konstatierte Michel. Die Räte wünschen sich allerdings neue Fenster für die Schule. Die seien nämlich 45 Jahre alt und für einen enormen Heizölverbrauch verantwortlich.

Im Gänsemarsch erklommen Bürgermeister Gerd Hieber, Hauptamtsleiter Hartmut Walter, Landrat Michel und die Ortschaftsräte schließlich den Pfad zur Burgruine.

Hermann-Josef Speyer gehörte seinerzeit zum Freundeskreis der sieben wackeren Retter der Ruine. Er erläuterte die Geschichte der Wehrstein und fügte an, dass die Initiatoren der Sanierung nicht immer so hoch angesehen waren. Der Kauf durch die Familie Gfrörer im Jahr 2006 und die Verpachtung an die Stadt Sulz zeige eine gelungene Partnerschaft zwischen öffentlicher Hand und Privatpersonen, so Hieber. Dass die Ruine und das Gelände drumherum mittlerweile ein viel besuchtes Ausflugsziel sind, konnte Landrat Michel vor Ort feststellen, als es von Spaziergängern spontan Lob für den Vorsitzenden des Förderverein "Burgruine Wehrstein" gab.

Bürgermeister Hieber könnte sich vorstellen, dass es entsprechend zum Neckartalradweg auf der Höhe einen Wanderpfad entlang der Burgen und Schlösser gibt, der sich touristisch entsprechend vermarkten lasse. Landrat Michel griff die Idee auf und stellte anheim, dies als LEADER-Projekt einzubringen, so die Region den Zuschlag für die Fördermittel erhalte.

Auf der Ruine hatte sich Uwe Gfrörer zur Gruppe gesellt. Der "Burgherr" nahm die Herrschaften denn auch gleich mit über die Straße zum Steinbruch der Firma Gfrörer. Der habe in Fischingen schon oft für Unmut gesorgt, bekannte der Chef freimütig. Denn beim Betrieb eines Steinbruchs bleiben Dreck und Staub nicht aus. Allerdings habe man in den vergangenen Jahren zweistellige Millionenbeträge hier investiert und pflege mittlerweile ein entspannteres Verhältnis zum Dorf.

Was die Verbindungsstraße zwischen Fischingen und Empfingen angeht, hatte Landrat Michel keine gute Nachrichten im Gepäck. Es gebe keinerlei Prognosen vom Land, wann diese Straße ausgebaut werde. Die Fahrbahnränder sind mittlerweile mit Betonelementen gegen die Lastwagen geschützt. Gut 80 Prozent des Verkehrs aus dem Steinbruch fahre in Richtung Empfingen, nur 20 Prozent, so Gfrörer, gingen ins Tal in Richtung Fischingen. Mit einem beeindruckenden Blick in den Steinbruch ging die Tour für den Landrat zu Ende.