Christine Dietz, eine Tochter Kälberers, überreicht Bernhard Rüth einen Dankesstrauß. Foto: Vollmer Foto: Schwarzwälder-Bote

Sonderausstellung "Albbilder" in Kunststiftung Paul Kälberer in Glatt eröffnet / Mit Arbeiten von HAP Grieshaber

Von Hanni Vollmer

Kreis Rottweil. Die Kunststiftung Paul Kälberer in Glatt öffnete am Samstag erneut ihre Pforten für die diesjährige Sonderausstellung "Albbilder", in der Gemälde und Druckgrafiken Paul Kälberers Holzschnitt-Arbeiten von HAP Grieshaber gegenüberstehen.

Kreisarchivar Rüth gab eine aufschlussreiche Einführung in die Ausstellung, die Werke und das Leben der beiden Künstler. Die Lebenswege von Kälberer und Grieshaber berührten sich nach dem Zweiten Weltkrieg in der Bernsteinschule – ohne sich jedoch zu überschneiden.

Als Gründer und als Leiter sind die Namen Kälberer und Grieshaber untrennbar mit der Bernsteinschule verbunden und mit der Neubelebung der Künstlerszene Südwestdeutschlands nach der kulturellen Zäsur des Nationalsozialismus. Die beiden verfolgten jedoch verschiedene Bildungskonzepte. Kälberer baute auf akademische Tradition, Grieshaber hingegen auf avantgardistische Experimente.

So waren sie auch in ihrer Kunstsprache unterschiedlich. Grieshaber gilt als Erneuerer des Holzschnitts, den er in der formalen Bildlösung zum eigenständigen, monumentalen Wandbild entwickelte. Er gilt als Protagonist der expressiven Figuration in der zur Abstraktion tendierenden Nachkriegszeit. Kälberer zählt zu den bedeutenden Vertretern der Neuen Sachlichkeit im schwäbischen Raum. Kälberers Stil ist von Distanz geprägt, geeignet, um reale Gegenstände ästhetisch ins Bild zu setzen. Signifikant sind der strenge, konstruiert wirkende Bildaufbau und der lasurartige Farbauftrag. Große Anerkennung wurde ihm als Meister der Radierung zuteil.

So verschieden die bildnerische Sprache der beiden Künstler ist, so hatten sie doch eines gemeinsam, die Affinität zum Landschaftsraum der Schwäbischen Alb. Grieshaber hatte sein Atelier auf der Reutlinger Achalm. Er war ein enthusiastischer Bewunderer der heimatlichen Landschaft und ihrer Leute. Beide Künstler waren sich immer wieder der Herausforderung bewusst, diese Hügellandschaft adäquat ins Bild zu setzen. In der Ausstellung hängt von Kälberer die Radierung "Winter auf der Alb", ein Motiv von der Schopflocher Alb. Der Betrachter spürt, dass es da "einen Kittel kälter ist." Das Gemälde "Das blaue Fuhrwerg" zeigt den Ortseingang von Oberwilzingen. Kälberers "Albberge bei Ebingen" repräsentiert das von Abstraktionstendenzen geprägte malerische Spätwerk, so Rüth.

Aus der Vielfalt der Grieshaberschen Albbilder ragen die einschlägigen Grafikzyklen heraus. Der Auftakt bildet das Holzschnitt-Buch "The Swabian Alb" aus den Jahren 1936/37. Der englische Titel sei ein stiller Protest gegen die Ideologie des Nationalsozialismus gewesen, erklärte Rüth. Ein Exemplar dieses Albbuches ist in der Ausstellung in einer Vitrine, aufgeschlagen ist der Farbholzschnitt "Albdorf". Aus diesem Alb-Buch hängen sechs Holzschnitte in der Ausstellung, daneben ein Gemälde Grieshabers "Albschäfer". In die Ausstellung einbezogen ist ein Klassiker der Grieshaberschen Druckgrafik – der Farbholzschnitt "Die Schwäbische Alb" aus dem Jahr 1964.

Zum Ende seiner Einführung pointierte Rüth, dass diese kleine, aber feine Ausstellung Proben aus der Fülle der Albbilder böte, die Paul Kälberer und HAP Grieshaber in der Zwischen- und Nachkriegszeit geschaffen hätten. In ihrer thematischen Begrenzung würde sie Schlaglichter auf die Bildwelt zweier Meister der Druckgrafik werfen, die vom Expressionismus und von der Neuen Sachlichkeit geprägt sei.

Die wirklich große Anzahl an Besuchern, die zur Eröffnung gekommen war, zeigt die anhaltende Präsenz der beiden Protagonisten einer regionalen Kunst-Geschichte des 20. Jahrhunderts. Diese Tatsache bekräftigten auch die vielen Fragen an Rüth und die regen Gespräche, die sogleich in den Ausstellungsräumen und im ursprünglich belassenen Garten zustande kamen. u Die Ausstellung "Albbilder" ist an Sonn- und Feiertagen von 14 bis 17 Uhr bis einschließlich 25. Oktober zu sehen.