Sylvia Kern referiert über Demenz. Foto: Steinke-Vollmer Foto: Schwarzwälder-Bote

Geschäftsführerin der Alzheimer Gesellschaft referiert in Sulz über verschiedene Aspekte der Krankheit

Von Anastasia Steinke-Vollmer

Sulz. Sylvia Kern ist Geschäftsführerin der Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg. Sie engagiert sich seit 1998 für Menschen mit Demenz. Im evangelischen Gemeindehaus hielt sie am Mittwoch einen Vortrag.

Im Rahmen der ökumenischen Vortragsreihe in Zusammenarbeit mit der Sozialstation zum Thema Demenz- und Alzheimer Erkrankung freute sich Dekan Ulrich Vallon, mit ihr eine Fachfrau zum Thema "Wenn das Gedächtnis nicht mehr gehorcht – lebenswert leben auch mit Demenz" begrüßen zu können.

Menschen mit Demenz brauchen viel Einfühlung, Geduld und Zuwendung, denn "Das Herz wird nicht dement", plädierte Sylvia Kern sowohl innerhalb der Familie als auch in der Öffentlichkeit für einen achtsamen Umgang mit Menschen, die an Demenz erkrankten.

Trotz umfangreicher Forschung konnte noch kein Heilmittel für diese Krankheit gefunden werden. "Nicht schlechter werden einer Demenz ist ein therapeutischer Erfolg", stellte sie in Bezug auf die Wirksamkeit von Medikamenten klar. Für die Diagnose gebe es aussagekräftige Frühtests. Diese könne auch der Hausarzt durchführen oder an Neurologen oder Psychiater überweisen.

Ein gängiger Test zur Alzheimer-Diagnose sei der "Uhrentest". Kann der Patient ein Ziffernblatt mit einer abgefragten Zeitangabe fehlerfrei malen, sei er nicht dement, veranschaulichte die Referentin anhand von verschiedenen Zeichnungen, die hier die fortgeschrittene Krankheit dokumentierten.

Die erste Phase wird die "merkwürdige Phase" genannt. In der Regel spüren die Menschen, dass etwas nicht stimmt und haben Angst davor, sich zu blamieren, zu scheitern oder zu versagen. Aufgrund der massiven öffentlichen Ausgrenzung ziehen sich diese Menschen zurück, weiß Sylvia Kern. Die zweite Phase ist die "schwierige Phase", denn hier sei vor allem ein taktvoller Umgang mit der Krankheit gefragt. Sylvia Kern gab Tipps, wie die von ihrer Gesellschaft vorbereiteten Kärtchen, zum Beispiel bei sonderbarem Verhalten des Patienten, an Stelle von "tut mir leid, die Person hat Alzheimer" informieren, ohne zu blamieren.

"Je positiver das Umfeld ist, desto ruhiger die Kranken", sprach Sylvia Kern die früher als "Wegläufer" bezeichnete Unruhe der Erkrankten an.

Die dritte Phase nennt sich die "Traurige Phase". "Ganz viele Menschen müssen diese Phase nicht erleben", wies Kern darauf hin, dass die meisten vorher sterben.

Wenn der Kranke gut versorgt sei, sei die Phase auch gar nicht traurig, denn der Kranke lebe in der Gnade des Vergessens. Traurig sei der Zustand dann eher für die Angehörigen.

Ganz wichtig ist Sylvia Kern der Satz: "Das Herz wird nicht dement" – das Gefühlsleben bleibe intakt, egal, wie der Mensch abbaue.

Je höher der Bildungsgrad und der soziale Status, desto eher werde die Krankheit versteckt, weiß Sylvia Kern aus ihrer Arbeit. Froh ist sie in diesem Zusammenhang über die Öffnung der Familie von Walter Jens, dem brillanten Denker und Dichter, dem streitbaren Schriftsteller und Demokrat, der am 10. Juni im Alter von 90 Jahren gestorben ist. Er war 2003 an Demenz erkrankt.