Die Zuhörerreihen in der Glatttalhalle in Hopfau waren gut gefüllt. Foto: Danner

Sturm der Entrüstung: Projekt beim Brachfeld nahe Hopfau sorgt für Unmut bei den Bürgern.

Sulz - Unter besonderen Vorzeichen stand am Montag die Sitzung des Sulzer Gemeinderats. Der Verwaltung waren im Vorfeld 270 Unterschriften gegen den geplanten Windpark beim Brachfeld auf Hopfauer Gemarkung zugegangen.

Stellungnahme zu Baugesuchen stand auf des Tagesordnung der Sitzung, die aus gegebenem Anlass in der Glatttalhalle in Hopfau stattfand. Verwaltung, Stadträte und Mitarbeiter des Energieversorgers EnBW wagten sich in die Hölle des Löwen. Die Zuhörerreihen in der Halle waren gut gefüllt. Doch im Wort Stellungnahme liegt auch die Krux an der Sache. Denn die Stadt Sulz kann dem Landratsamt zwar eine Empfehlung samt Stellungnahme abgeben. Entschieden wird über den Bauantrag der EnBW für die zwei Windenergieanlagen (WEA) auf Sulzer Gemarkung aber von der Behörde in Rottweil.

Den Sitzungsunterlagen war zudem ein ganzer Packen an schriftlichen Stellungnahmen von Bürgern beigeheftet. Die Bedenken, die in diesen Schreiben geäußert wurden, trugen die Verfasser gestern Abend zum Teil persönlich.

Bernd Neuner-Duttenhofer machte sich dabei zum Sprachrohr vieler Mitbürger. Besonderen Wert legte er auf die Feststellung, dass er und viele seiner Mitstreiter keineswegs etwas gegen regenerative Energie hätten – ganz im Gegenteil. Die Standorte der Windenergieanlagen sind es, die zum Protest führten. Denn diese liegen recht nah am Brachfeld, an der Reinau und schlussendlich auch an Hopfau. Zu nah, finden die Anlieger und wollen sich wehren.

Optisch bedrängende Wirkung

450 Meter Abstand sieht das Gesetz zur Bebauung in Außenlage vor, 700 Meter in Innenlage. Das Brachfeld ist aber fast schon so etwas wie ein Weiler. Optisch bedrängende Wirkung ist hier das Schlagwort. Schließlich haben die von der EnBW geplanten Anlagen eine Nabenhöhe von 164 Metern. Gewaltige Bauwerke also, die zudem durch das Drehen der Rotorblätter auch noch in Bewegung sind. Immerhin werde hier die größte Windkraftlage Deutschlands auf dem Festland entstehen, gab Neuner-Duttenhofer zu Bedenken.

Auch andere Hopfauer brachten gestern Abend ihre Befürchtungen in der Gemeinderatssitzung vor und hatten, so sieht es die Bürgerfragestunde ja vor, viele Fragen. Was geschieht etwa, wenn die WEAs, für die der Investor Subventionen kassiere, hinterher nicht wirtschaftlich seien? Müsse man dann mit Bauruinen leben? Wie wirkt sich der Bau der Anlagen auf den Wert der angrenzenden Wohnhäuser aus? Steht der Waldverbrauch im Verhältnis zum energetischen Nutzen? Wie soll die gerade frisch eingeweihte Kapelle Brachfeld, die als Ort der Stille gedacht werden, mit der Schallimmission zurecht kommen? Wie sieht es mit der Belastung durch Schattenwurf und Lärm für die Menschen und für die Tiere in der Umgebung aus? Was passiert, wenn so eine Anlage, die im Wald stehen wird, Feuer fängt – soll man dann ganz Hopfau für zwei Wochen evakuieren? Warum wurde gerade dieser Standort gewählt, der für Hopfau und das angrenzende Bettenhausen eine Verschandelung der Natur bedeute?

Die Höhe der geplanten WEAs ist den Gegnern ebenfalls ein Dorn im Auge. Denn die beträgt, einschließlich der Rotorblätter, fast 230 Meter. Das ist höher als der Stuttgarter Fernsehturm, erklärte Hopfaus Ortsvorsteher Albert Beck, der eine verhaltene Erklärung des Ortschaftsrats verlas. Und Bernd Neuner-Duttenhofer setzte noch eins drauf, denn weil die Anlagen auf einer Anhöhe stehen, müsste die Höhe des Hangs mit 240 Metern noch dazugerechnet werden. "Mehr als anderthalb Mal der Eifelturm."

Der Projektleiter der EnBW, Michael Volz, beantwortet die Fragen der Bürger ruhig und gelassen. Der Artenschutz, das hätten die Gutachten ergeben, lasse diesen Standort durchaus zu. Was die Wertminderung der Häuser angehe, so gehe er davon aus, das diese eher von der Demografie und dem Angebot an Arbeitsplätzen abhängig sei. Für die Standsicherheit sorgten drei Meter tiefe Fundamente. Eine Baugrunduntersuchung werde jedoch erst in Auftrag gegeben, wenn die Genehmigung in greifbare Nähe gerückt sei.

Fragende Gesichter der Zuhörer

Seine Kollegin Julia Sellner hingegen schlug sich weniger gut. Ihre Ausführungen, man habe die Echowirkung durch die Hänge im Schallgutachten nicht berücksichtigt, weil dies nicht vorgesehen sei, werde aber die Immissionsrichtwerte einhalten, sorgte bei den Zuhören für fragende Gesichter.

In der Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung steht, das die Planungsträger die Möglichkeit nutzen können, im Rahmen der planerischen Abwägung zu Wohngebieten Abstände von 1000 Metern oder mehr rechtssicher festzulegen. Dies beträfe allerdings nicht die Bebauung in Außenlage.

Ein ganz entscheidender Punkt für die Genehmigung der Windenergieanlagen ist das Drehfunkfeuer – ein Funkfeuer für die Luftfahrtnavigation. Hier sieht der Gesetzgeber zehn Kilometer Abstand vor. Im vorliegenden Fall sind es aber nur sieben oder acht, räumte Michael Volz ein. Derzeit prüfe das Bundesamt für Flugsicherung, ob eine Genehmigung erteilt werden könne. Falls die Behörde weitreichende Bedenken hat, ist das Bauvorhaben ohnehin obsolet.

Bürgermeister Gerd Hieber räumte ein, dass er bei der Frage der Abstände zur Bebauung ins Grübeln komme. So ging es auch den Stadträten. Einstimmig beschlossen sie, das Einvernehmen für die Windenergieanlage 3 wegen deren optischen Bedrängung nicht zu erteilen. Für die WEA2 werde das gemeindliche Einvernehmen nur unter dem ausdrücklichen Vorbehalt erteilt, das die optisch bedrängende Wirkung insbesondere hinsichtlich das Teilorts Reinau durch ein Fach- und Rechtsgutachten ausgeräumt wird. Nun liegt der Ball beim Landratsamt. Sollte es die Genehmigung erteilen, so kündigen die Gegner bereits heute an, privat Klage zu führen.