Wie viel ist das Stuttgarter Wassernetz wert? Foto: dpa-Zentralbild

Seit Jahren zoffen sich die Stadt und die EnBW um den Wert des Stuttgarter Wassernetzes. Strittig ist die Ermittlung des Preises. Nun muss das Landgericht entscheiden - in einem Prozess von bundesweiter Bedeutung.

Stuttgart - Stuttgart will sein Wassernetz von einer Tochter der Energie Baden-Württemberg (EnBW) zurückkaufen. Seit Jahren verhandeln die Kommune und der drittgrößte deutsche Versorger schon über die Modalitäten. Richtig weitergekommen sind die Kontrahenten bislang nicht - und treffen sich nun vor dem Landgericht. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem Thema:

Um was wird gestritten?

Es geht unter anderem um 2500 Kilometer Wasserleitungen, 44 Hochbehälter für Trinkwasser, 39 Pumpwerke, 16 949 Hydranten und 16 247 Schieber. Die sind notwendig, um die Haushalte und Unternehmen mit dem kostbaren Nass zu versorgen. Als die Kommune einst ihr Stadtwerk an die EnBW verkaufte, war das Wassernetz mit dabei. Nun will die Stadt es wieder selber betreiben, weil es ein erfolgreiches Bürgerbegehren zu dem Thema gegeben hatte. Der Beschluss des Gemeinderats datiert aus dem Jahr 2010. Doch seit mehreren Jahren tut sich nichts. Es kam immer wieder zu Verzögerungen.

Wie ist die Ausgangslage bei den Beteiligten?

Wie ist die Ausgangslage bei den Beteiligten?

Die EnBW habe sehr früh signalisiert, dass sie den politischen Willen respektiere, erläutert ein Sprecher des Tochterunternehmens Netze BW. Strittig seien die Konditionen. Der Versorger, der mehrheitlich dem Staat gehört, beziffert den Verkaufspreis auf bis zu 750 Millionen Euro. Die Stadt will aber nur 140 Millionen Euro zahlen. Wenn der von der EnBW verlangte Preis bezahlt werde, würde sich der Wasserpreis mindestens verdreifachen, erklärt der Leiter der Stadtkämmerei, Volker Schaible. „Da die Vorstellungen über Kaufpreis weit auseinanderliegen ist die Stadt vor Gericht gegangen.“

Wie kommen die unterschiedlichen Preise zustande?

Wie kommen die unterschiedlichen Preise zustande?

Strittig ist, wie er ermittelt wird. Darüber muss die 15. Zivilkammer des Landgerichts entscheiden. Die Stadt legt das sogenannte Ertragswertverfahren zugrunde. Bei dieser Methodik wird der Wert des Netzes aus dem ermittelt, was mit ihm aktuell erwirtschaftet werden kann. Die EnBW hingegen wendet das „Sachzeitwertverfahren“ an. Dabei wird zusammengerechnet, was das Netz im heutigen gebrauchten Zustand noch Wert ist. Hinzu kommen da gleichfalls noch Anteile an den beiden Zweckverbänden: Bodensee- und Landeswasserversorgung.

Welche Erwartungen gibt es an das Gerichtsverfahren?

Welche Erwartungen gibt es an das Gerichtsverfahren?

„Wir erwarten uns einen Fingerzeig vom Gericht, welche Methodik die Richtige ist“, sagt der EnBW-Sprecher. Der Streit hat keine Auswirkungen auf die Wasserversorgung der Haushalte. Die ist in gewohnter Weise gewährleistet.

Warum dauert das ganze Verfahren so lange?

Warum dauert das ganze Verfahren so lange?

Nach erfolglosen Verhandlungen hat die Stadt im Sommer 2013 Klage eingereicht. 18 Monate ist nun nichts passiert. Als Grund nannte ein Gerichtssprecher „personelle Veränderungen“ bei der zuständigen Zivilkammer. Außerdem sei diese überlastet. Der Prozess hat bundesweite Bedeutung. Über solche Bewertungsfragen um ein Wassernetz wurde vor Gericht noch nicht gestritten.

Gibt es ähnliche Fälle?

Gibt es ähnliche Fälle?

Die Berliner Wasserbetriebe sind seit 2013 wieder vollständig in der Hand des Landes. Dort wurden Anteile von RWE und Veolia zurückgekauft. Damit setzte der Senat den Wunsch aus einen Volksentscheid um. Insgesamt zahlte Berlin rund 1,2 Milliarden Euro dafür. 1999 hatte es für den Verkauf von 49,9 Prozent der Anteile an zwei Investoren knapp 1,7 Milliarden Euro erhalten.