Cro ist einer der bekanntesten Künstler des Labels Chimperator. Wer dort noch unter Vertrag steht und wie deren Musik klingt, erfahren Sie in unserer Bildergalerie. Foto: dpa

Beim Independent Label Chimperator steht in diesem Jahr viel an. Die Alben von Teeys, den Orsons und Tua erscheinen. Auch die Chimperator-Rockband Heisskalt wird 2014 ihr Album veröffentlichen.

Stuttgart - Auf Steffen Posners Handy steht „Indie Is The New Major“ – die kleinen Unabhängigen sind die neuen Großen im Musikgeschäft. Posners Mobiltelefon ist sein wichtigstes Arbeitsmittel, wenn er unterwegs ist. Es ist Oktober 2013 – und das letzte Konzert der Cro-Tour in der Schleyerhalle steht an. Ein Heimspiel. Posner führt Fans, die ein Treffen mit dem Rapper gewonnen haben, hinter die Absperrungen. Die Mädchen sind nervös.

Kodimey Awokou und Sebastian Andrej Schweizer, ebenfalls Geschäftsführer der Firma Chimperator, sitzen entspannt auf einem schwarzen Ledersofa in den Katakomben der Halle. Ein paar Stunden später wird Cro bejubelt die Bühne entern. Der Applaus gehört auch Awokou und Schweizer, die das Label mit Posner und Niko Papadopoulos führen.

Sie lassen die vergangenen zwei Jahre Revue passieren und können den Erfolg von Cro und ihrem Label Chimperator selbst nicht so recht fassen. Sie erinnern sich noch daran, wie man sich im Jahr 2000 zum ersten Interview getroffen hat. Damals hatten sie ein kleines Büro im Filmhaus. Schweizer schloss gerade sein Studium an der Hochschule der Medien ab. Thema seiner Diplomarbeit: Gründung eines Labels.

Cros Blitzkarriere steht nicht unbedingt stellvertretend für den Erfolg des Labels. Chimperator wurde bereits 1999 gegründet. Der Name ist ein Wortspiel aus dem englischen Wort für Schimpanse und dem lateinischen Wort Imperator (Herrscher). Mit Cros Aufstieg ging aber jener der Plattenfirma einher. Vor allem in den vergangenen zwei Jahren. Hier wurden ein paar Sprossen auf der Erfahrungsleiter einfach übersprungen: Im April 2012 trat Cro noch im Club Universum auf, ein halbes Jahr später in der ausverkauften Schleyerhalle. „Es ging sehr schnell“, sagt Awokou. „Für Carlo selbst war das natürlich verrückt, da er ins kalte Wasser springen musste.“ Er spielte Solo-Shows, trat bei „Rock am Ring“ und „Rock im Park“ auf. Phänomen war so ein Wort, das oft in Zusammenhang mit dem Pandarapper verwendet wurde. Cros Show in der Schleyerhalle im Oktober 2013 wurde in 125 Kinos übertragen.

Für die Plattenfirma Chimperator mit Büros in Stuttgart und Berlin war Cros Erfolg Lohn für ihre Mühen. Doch so einen Durchbruch kann man nicht planen. „Da haben viele Sachen zusammengespielt“, sagt Schweizer. „Carlos Musik. Er macht einfach Hits. Er war mit der richtigen Musik am rechten Ort. Und er hatte den passenden Look dazu.“ Chimperator wiederum konnte zu diesem Zeitpunkt schon auf zehn Jahre Erfahrung bauen. Die Jungs wussten, dass der althergebrachte Weg in der Musikindustrie so nicht mehr funktioniert, und haben die Musik erst einmal umsonst ins Internet gestellt.

Chimperator hatten sich zum Beispiel mit den Orsons und deren Soloprojekten bereits einen Namen im Hip-Hop gemacht. Da konnten sie auch mit einem recht Pop-affinen Künstler wie Cro kommen, ohne dass gleich alle was vom Ausverkauf erzählen.

Die Musikwelt hat sich verändert. Verkaufszahlen sind zwar noch wichtig, aber auch wie oft ein Video angeschaut wurde, wie viele Facebook-Freunde ein Künstler hat, sind heute Kennzahlen. Verdient aber wird das Geld über Platten, Pullover, Konzerte. Cro ist inzwischen ein Selbstläufer: 1,8 Millionen Platten hat er verkauft. Auch viele T-Shirts und andere Devotionalien.

Für Schweizer und Awokou sind das auch neue Dimensionen, in die sie in den vergangenen zwei Jahren vorgeprescht sind. Awokou sagt: „Wir sind jetzt auch auf einem ganz anderen Level. Wie läuft das mit Fernsehterminen wie ‚Wetten, dass . . .?‘ oder Bambi? Oder wie organisiert man eine Tour mit Hallen wie etwa der Schleyerhalle?“

Der Moment, in dem sie erkannten, was mit ihrer Firma und ihrem Schützling Cro passiert, war der, als sie im November 2012 beim ersten Cro-Gastspiel in der Schleyerhalle zusehen durften, wie 13 000 Fans ihre Handys leuchtend in die Höhe hielten. „Das ist etwas ganz anderes, als wenn man die 30 Millionen Klicks auf You Tube sieht“, sagt Schweizer. „Da realisiert man, dass das echte Menschen hinter diesen Klicks sind.“

Der Kern von Chimperator sind Schweizer (35), Awokou (33), Posner (28) und Papadopoulos (29) die inzwischen aber viele Mitarbeiter, Praktikanten und Festangestellte haben. So rund 15 sind es. Aufgeteilt in mehrere Firmen. Es gibt die Live GmbH, das Label Chimperator Productions, den Verlag und noch ein zweites Label – das Chimperator Department. Hier wird Musik veröffentlicht, die nicht unbedingt etwas mit Hip-Hop zu tun hat. Wie beispielsweise die Musik von Lary, die Frau, die mehr nach urbanem R‘n‘B als nach Rap klingt. Und die Rockband Heisskalt.

Auch wenn sich Chimperator durch Hip-Hop einen Namen gemacht haben, kennen die Geschäftsführer keine Scheuklappen. Überhaupt: Genregrenzen gibt es ja sowieso nicht mehr. „Wir haben jetzt viel mehr Möglichkeiten, den Künstlern genügend Fläche zu bieten“; sagt Awokou. Sam und Teesy wurden von iTunes für die Aktion „Neue Künstler 2014“ ausgewählt. Chimperator hat viel vor. „Die Vision ist es, Indie zu bleiben, das den Majors Konkurrenz machen kann. Also ein ernstzunehmender Player in der deutschen Musikindustrie, der aber unabhängig agieren kann“, so Schweizer.

So arbeiten sie je nach Thema mit Firmen wie Sony, Groove Attack oder Universal als Vertrieb zusammen. „Wir haben verschiedene Partner und können uns die je nach Künstler aussuchen. So können wir noch wachsen“, sagt Schweizer. Der Erfolg aber gibt ihnen Freiheiten, junge Künstler zu unterstützen, neue Dinge auszuprobieren. Die Note von Schweizers Diplomarbeit war übrigens „was mit einer Eins davor“.