Am Mittwochabend ging die neue S-Bahn wieder auf Testfahrt. Der Schiebetritt unter den Türen wird vorerst nicht mehr eingesetzt. Foto: Michele Danze

Der von technischen Pannen geplagte neue S-Bahn-Typ der Baureihe 430 von Bombardier soll im Dezember wieder im Regelverkehr auf die Schiene kommen. Allerdings ohne den anfälligen Schiebetritt. Fahrgäste bemängeln vor allem die Unpünktlichkeit der Schnellbahnen.

Der von technischen Pannen geplagte neue S-Bahn-Typ der Baureihe 430 von Bombardier soll im Dezember wieder im Regelverkehr auf die Schiene kommen. Allerdings ohne den anfälligen Schiebetritt. Fahrgäste bemängeln vor allem die Unpünktlichkeit der Schnellbahnen.

Stuttgart - Die neue, 119 Tonnen schwere S-Bahn mit der Typennummer BR 430 erhält ihre zweite Chance. Von Dezember an sollen zunächst 13 Fahrzeuge des Herstellers Bombardier (Berlin), die im S-Bahnwerk in Plochingen stehen, wieder auf die Strecke gehen. Die DB Regio als Betreiber des S-Bahn Systems hatte die Fahrzeuge nach einer Pannenserie am 4. Juli aus dem Verkehr gezogen. Zuvor waren die Züge vier Mal im Innenstadttunnel liegen geblieben. Der Fahrplan brach zusammen, die Fahrgäste tobten.

Den Neustart will Bombardier mit nächtlichen Testfahrten absichern. Mit ihnen wurde gestern und wird in dieser Nacht mit rund 200 Fahrgästen der reale Betreib simuliert. Die Probanden erhalten 11,07 Euro pro Stunde plus 25 Prozent Nachtzuschlag. Der anfällige neue Schiebetritt, der den Spalt zwischen Bahn und Bahnsteig überbrückt, wird außer Funktion gesetzt. Eine Mitfahrt von Journalisten lehnte Bombardier „aus rechtlichen Gründen“ ab. Das Unternehmen erwartet, dass das Eisenbahn-Bundesamt als Zulassungsbehörde die neue Türsteuerungssoftware zur Stilllegung der Spaltüberbrückung Ende November freigibt.

Neue Fahrzeuge oder Strecken nimmt die Bahn in der Regel zum Fahrpanwechsel in Betrieb. In diesem Jahr fällt er auf den 15. Dezember. Die pro Stück sechs Millionen Euro Züge sollen aber nicht alle ab dem 15. Dezember fahren, sondern nach und nach wieder auf die Strecke gehen, und zwar zunächst zu Zeiten, in denen an den Stationen eher wenig Andrang herrscht. Insgesamt wird Bombardier für die Bahn 87 der bis zu 140 Kilometer pro Stunde schnellen Züge liefern. Neues rollendes Material war Teil des vom Regionalverband mit der DB Regio bis 2028 geschlossenen Verkehrsvertrags. Die Fahrzeuge ersetzen die erste, noch aus den 70er-Jahren stammende S-Bahn-Generation.

Große Unpünktlichkeit größter Kritikpunkt

Der Wechsel ist nach Meinung unserer Leser, die uns anlässlich des S-Bahn-Aktionstages geschrieben haben, dringend nötig. Vor allem das laute Quietschen der alten S-Bahnen ist vielen von ihnen ein Ärgernis. Wenn ein altes Modell in die Haltestelle Schwabstraße einfährt, sei das bisweilen so unerträglich, dass man sich die Ohren zuhalten müsste, beschwert sich Siegfried Liebscher. „Da hätte ich gerne gewusst, wie viele Dezibel das sind“, schreibt er.

Größter Kritikpunkt der Bahnfahrer ist aber nach wie vor die große Unpünktlichkeit. Viele von ihnen geben an, immer längere Pufferzeiten einplanen zu müssen, wenn sie mit der Bahn fahren. Um von Obertürkheim zur Arbeit nach Filderstadt-Plattenhardt zu kommen, braucht Boris Schneider lau Fahrplan etwa 70 Minuten. In der Realität kommt es durch Verspätungen aber oft dazu, dass er über zwei Stunden unterwegs ist. Er steigt auf Auto um, weil er „auf die Kommentare des Chefs keine Lust mehr hat“. Ähnlich geht es Ulrike Mohr aus Waiblingen Neustadt. „Abends auf dem Nachhauseweg muss ich mein Kind in Neustadt vom Kindergarten abholen“, schreibt sie. „Wenn die Bahn da nicht pünktlich fährt, komme ich zu spät.“ Das komme mehrmals pro Woche vor.

Es gibt aber auch lobende Worte für die Bahn

Insbesondere über die S-Bahn-Linie S 2 in Richtung Filderstadt beschwerten sich viele unserer Leser. Die Fahrt ende häufig schon in Vaihingen oder am Flughafen. Die Bahn fahre gar nicht bis zur Endhaltestelle Filderstadt. „Wahrscheinlich dreht die S 2 für die Fahrt zurück nach Schorndorf einfach früher um, um die große Verspätung wieder halbwegs reinzuholen“, mutmaßt Boris Schneider. Ein anderer Fahrgast ist ratlos. „Wie soll man da den Kolleginnen, die alle mit dem Auto kommen, erklären, dass es sich auf jeden Fall lohnt, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu Arbeit zu fahren?“

Es gibt aber auch lobende Worte für die Bahn. Michael Reiniger vergleicht den Nahverkehr in Stuttgart mit der Tube in London und der Metro in Paris und stellt fest: „Selbst da gibt es Verspätungen. Wer mit dem Auto in die Stuttgarter Innenstadt fährt, hat häufig eine Stunde Verspätung. Mit der S-Bahn sind das gelegentlich mal zehn Minuten.“ Seine Bilanz: „Ich finde die Stuttgarter S-Bahn gut und praktisch!“ Auch Melanie Klein findet: „Über Verspätungen kann ich mich eigentlich nicht beschweren. Meistens bewegen sich die zwischen einer und drei Minuten, das finde ich okay.“