Die Albert-Dulk-Straße in Untertürkheim ist seit Samstagabend gesperrt. In den 18 Meter tiefer liegenden Stuttgart-21-Tunnel dringt Wasser ein Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Seit Samstagabend tritt Grundwasser in einen der Stuttgart-21-Tunnel ein. Am Montag haben Experten in Untertürkheim einen Hohlraum gefunden. Projektgegner werfen der Bahn vor, die Baustelle nicht im Griff zu haben.

Stuttgart - Die Albert-Dulk-Straße in Untertürkheim ist auch am Montagnachmittag noch auf rund 50 Meter Länge gesperrt. Auf dem Grünstreifen zwischen der Straße im Lindenschulviertel und den angrenzenden Fußballplätzen der SG Untertürkheim treibt ein Bautrupp Bohrungen voran. Der ein oder andere Beschäftigte der benachbarten Firmen schaut für ein paar Minuten zu. An dieser Stelle dringt seit Samstagabend Grundwasser in einen der neuen Tunnel für Stuttgart 21 ein. Auf einem Abschnitt in 18 Meter Tiefe stand das Wasser zeitweise trotz Abpumpens knöcheltief.

Auch zwei Tage nach dem Wassereinbruch konnte die Bahn vorerst keine Entwarnung geben. 10 Liter Wasser pro Sekunde, schätzen Experten, fließen in die Tunnelröhre, die hinter dem Neckar in Richtung Obertürkheim abzweigt. „Den Hohlraum, aus dem das Wasser kommt, haben unsere Leute inzwischen gefunden“, sagt ein Sprecher der Bahn-Projektgesellschaft Stuttgart – Ulm. Mit den Bohrungen soll er genau lokalisiert werden, um ihn mit Beton füllen zu können.

„Zusätzlich machen wir Pfahlsondierungen entlang der Straße“, so der Sprecher. So will die Bahn herausfinden, ob durch das abfließende Wasser neue Hohlräume entstehen, die Setzungen auslösen könnten. Falls ja, sollen auch sie verfüllt werden. Im Tunnel sei die Lage stabil, es bestehe keinerlei Gefahr, dass Teile einbrechen könnten, heißt es bei der Bahn. Auch Mineralwasser sei nicht im Spiel. Der Vortrieb ist weiter eingestellt.

Die Anwohner hatten auf Risiken hingewiesen

Erst vor wenigen Wochen hatte die Bahn angekündigt, in dem Bereich vermehrt Probebohrungen vorzunehmen. Dabei soll die genaue Beschaffenheit des Untergrunds erkundet werden. Anwohner hatten bereits lange zuvor darauf hingewiesen, dass unter dem Lindenschulviertel das frühere Flussbett des Neckars nur aufgeschüttet worden sei und deshalb bei der Untertunnelung Schwierigkeiten auftreten könnten.

Beim Tiefbauamt der Stadt hält sich die Aufregung in Grenzen. Ein plötzlicher Wassereinbruch beim Tunnelbau werde zwar nicht erwartet, sei aber auch nichts Ungewöhnliches, heißt es dort. „Es kann trotz Sicherheitsmaßnahmen und intensiver Erkundung passieren, dass die Gesteinsschichten über dem Tunnel aufgrund örtlicher Schwachstellen nachgeben“, sagt ein Sprecher. Er betont: „In dem Tunnelabschnitt ist kein Neckarwasser oder Mineralwasser eingetreten, es handelt sich um Grundwasser.“ Wie lange die Maßnahmen der Bahn dauern, sei noch nicht absehbar. Die Albert-Dulk-Straße sollte mindestens bis Montagabend gesperrt bleiben.

Bei der projektkritischen Gruppe „Ingenieure 22“ wundert man sich nicht über den Zwischenfall. „Die Unterfahrung des Neckars ist extrem kritisch. Mit solchen Dingen muss man immer wieder rechnen“, sagt deren Vertreter Wolfgang Kuebart. Er hält es allerdings „für bemerkenswert, dass die Bahn die Dinge an dieser Stelle offenbar nicht so im Griff hat, wie sie immer behauptet“. Man sei sehr gespannt, wie die Erklärungen und Lösungen aussehen: „Diese Aussagen müssen dann auch einer eingehenden Prüfung standhalten, damit nicht wieder einfach so getan wird, als sei alles in Butter.“