Auf dem Gebhard-Müller Platz und den Straßen rundum wird es eng. Foto: Leif Piechowski

Die Bauarbeiten für einen Abwasserkanal im Zusammenhang mit dem Projekt Stuttgart 21 werden den Autoverkehr auf der innerstädtischen B 14 massiv behindern. Die Pläne der Bahn könnten von der Straßenbehörde „nicht mitgetragen werden“, schreibt diese in einer Stellungnahme.

Das Ordnungsamt der Stadt Stuttgart warnt vor Staus aufgrund von Stuttgart 21. Verkehrs- und Umweltverbände kritisieren die Einschränkung des Stadtbahnbetriebs.

Stuttgart - Die Deutsche Bahn will so schnell wie möglich mit dem Bau des neuen Abwasserkanals zwischen dem Königin-Katharina-Stift und dem Planetarium beginnen. Der Kanal muss vor dem Stuttgart-21-Tiefbahnhof gegraben werden, weil er unter den acht Gleisen hindurchführt. Die Stadtverwaltung befürchtet dramatische Auswirkungen auf den Autoverkehr.

Der Abwasserkanal, in dem auch der Nesenbach fließt, soll anders als bisher genehmigt gebaut werden. Das neue Rohrstück könne gekürzt werden, sagt die Bahn. Sie hat ihren Vorschlag zur Genehmigung beim Eisenbahn-Bundesamt (Eba) eingereicht.

Der neue Vorschlag missachtet die von der städtischen Straßenverkehrsbehörde festgeschriebenen Grundsätze. Diese lauten, dass „die Anzahl der derzeit bestehenden Fahrstreifen im Bereich Gebhard-Müller-Platz und Schillerstraße auch während der Bauzeit zu erhalten sind“.

Diese Vorgabe kann die Bahn offenbar nicht mehr einhalten. Ursprünglich sollte der neue Kanal unterirdisch gegraben werden. Nun soll er von oben, abgesichert durch tiefe Spundwände, betoniert werden. Die Arbeiten greifen damit in die Schiller-, Willy-Brandt- und Konrad-Adenauer-Straße und den Verkehr im Wagenburgtunnel ein.

Das Ordnungsamt moniert, dass während der 15 Bauabschnitte und der damit einhergehenden Verkehrsstufen teils aus zwei Fahrspuren eine werden soll. Bisher gleichzeitiges Abbiegen aus der Willy-Brandt- und Adenauer- in die Schillerstraße sei nicht mehr möglich. Die Zufahrt aus dem Wagenburgtunnel auf den Gebhard-Müller-Platz in Richtung Bahnhof werde „noch innerhalb des Knotens auf einen Streifen zurückgenommen“.

Die Bilanz der behördlichen Prüfung: Mehrfach ist von „massiven Leistungseinbußen, die nicht zu tolerieren sind“, „Rückstaus in den Wagenburgtunnel“ und „gegenseitiger Behinderung“ die Rede. Durch die „Überstauung der sonstigen Fahrstreifen“ könnten Busse ihre Sonderspuren „gar nicht erreichen“. Schlussbemerkung: Die neuen Planungen könnten „von der Straßenverkehrsbehörde nicht mitgetragen werden“ .

Genauso kritisch sehen Verkehrsclub Deutschland (VCD) und Landesnaturschutzverband (LNV) die Pläne. Im Schlepptau der 14. Planungsänderung für den Tiefbahnhof wolle die Bahn sich „erhebliche Auswirkungen auf den Stadtbahnbetrieb“ genehmigen lassen. Diese Auswirkungen seien „aus den Unterlagen so gut wie nicht zu ersehen“, schreibt Rudolf Pfleiderer für den LNV. Statt bisher genehmigter 14 Tage solle der Stadtbahnbetrieb am Charlottenplatz nun 26 Monate ruhen. Pfleiderer sieht den „Versuch der Verdeckung eines Planungsfehlers von Bahn und Stuttgarter Straßenbahnen AG“. Derartige Einschränkungen im Nahverkehr seien „unzumutbar“ und dürften nicht genehmigt werden, sagt der VCD. Der LNV fordert eine öffentliche Auslegung der Pläne und eine Erörterung.

Nach dem Zeitplan der Bahn sollte der neue Abwasserkanal seit Dezember 2013 im Bau sein. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) rechnet nicht damit, dass das Eba eine schnelle Entscheidung trifft. Der Antrag der Bahn sei „nicht genehmigungsreif“, sagt Axel Wieland, Vorsitzender des BUND-Regionalverbands. Die Wasserbehörde der Stadt könne keine Stellungnahme abgeben, weil Gutachten fehlten. Tatsächlich moniert Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD) beim Eba, dass sich der Bauantrag wegen fehlender Gutachten und Gegenrechnungen „nicht beurteilen“ lasse. Auch die Standsicherheit des Katharina-Gymnasiums müsse gesichert werden.