Das Interesse der Bürger am Thema Stuttgart 21 schwindet. Foto: Benjamin Beytekin

Ein Stuttgart-21-Tunnel nach dem anderen wird getauft. Doch die Gegner des Bahnvorhabens glauben noch, das Megaprojekt durch Bürgerentscheide verhindern zu können. Das Interesse der Bürger an dem Thema schwindet aber.

Ein Stuttgart-21-Tunnel nach dem anderen wird getauft. Doch die Gegner des Bahnvorhabens glauben noch, das Megaprojekt durch Bürgerentscheide verhindern zu können. Das Interesse der Bürger an dem Thema schwindet aber.

Stuttgart - Die beiden Bürgerbegehren gegen das Milliardenprojekt Stuttgart 21 laufen nach Angaben der Organisatoren nur zäh. Seit vergangenem Oktober seien jeweils gut 15.000 von erforderlichen 20 000 Unterschriften für „Leistungsrückbau S21“ und „Storno 21“ gesammelt worden, sagte der Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, Eisenhart von Loeper, der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart. „Es ist schwieriger als wir das gedacht haben, viele halten das für erledigt“, erläuterte der Rechtsanwalt. Die Unterzeichner des Begehrens stimmen für einen Ausstieg der Stadt Stuttgart aus dem Milliarden-Projekt. Die Landeshauptstadt trägt zu der Neuordnung des Bahnknotens maximal 292 Millionen Euro bei.

Kündigungsgrund für den 2009 geschlossenen Finanzierungsvertrag sei, dass die Bahn über Jahre hinweg das Vertrauen in ihre Planungen enttäuscht habe, erläuterte von Loper. Ende 2012 hatte die Bahn zugegeben, dass der Kostendeckel von 4,5 Milliarden Euro um bis zu zwei Milliarden Euro überstiegen werden könnte. Auch der versprochene Leistungszuwachs werde nicht eintreten, tatsächlich werde die Leistungsfähigkeit des geplanten Tiefbahnhofs wesentlich geringer ausfallen als die des bestehenden Kopfbahnhofs, argumentierte von Loeper. Durch diese dramatischen Veränderungen der Ausgangssituation sei die Geschäftsgrundlage des Finanzierungsvertrags zwischen Bahn und den Projektpartnern entfallen.

20.000 Unterschriften sind nötig, damit sich der Stuttgarter Gemeinderat mit der Frage beschäftigen muss, ob er die Bürgerbegehren und damit die darauffolgenden Bürgerentscheide zulässt. Wenn die Stadträte das Ansinnen ablehnen, können die S-21-Kritiker zunächst beim Regierungspräsidium Widerspruch dagegen einlegen. Falls die Behörde diesen ablehnt, können die Organisatoren das Verwaltungsgericht Stuttgart anrufen. Möglich wäre aber auch ein Eilverfahren gleich nach der möglichen Ablehnung des Gemeinderats. Damit würde schnell die Entscheidung fallen, ob die Bürgerschaft überhaupt ein Kündigungsrecht ausüben darf.

Im März 2011 hatten 35.600 Menschen ein Bürgerbegehen gegen die Mischfinanzierung von Stuttgart 21 durch Stadt, Land und Bund unterschrieben. Im Sommer 2013 waren die Initiatoren vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart unterlegen, gingen aber in Berufung beim Verwaltungsgerichtshof; dieses Verfahren läuft laut von Loeper noch.

Zuvor war der erste Anlauf für einen Bürgerentscheid gescheitert: Zwar hatte man im Jahr 2007 rund 67.000 Unterschriften gesammelt, der Gemeinderat lehnte den Entscheid aber aus formalen Gründen ab, unter anderem wegen abgelaufener Fristen. Die Klage gegen diesen Beschluss scheiterte 2009 beim Verwaltungsgericht Stuttgart.