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Entgegen eines für sie verheerend ausgefallenen Gutachtens hat der Brandschutz bei der Deutschen Bahn "in allen Stationen oberste Priorität".

Stuttgart - Die Bahn hat das Schweizer Gutachten zum mangelnden Brandschutz bei Stuttgart 21 als Missverständnis abgetan und die Sicherheit des geplanten Tiefbahnhofes unterstrichen. „Brandschutz hat in allen unseren Stationen oberste Priorität“, sagte Sven Hantel, verantwortlich für die Personenbahnhöfe in Baden-Württemberg, am Dienstag in Stuttgart. Die Expertise der Schweizer Gutachter sei nur so schlecht ausgefallen, weil sie auf der Verordnung für Versammlungsstätten basiere, die aber für Bahnhöfe nicht gelte, sondern etwa für Arenen. Aus Sicht der Bahn muss der Brandschutz die gesetzlichen und die Vorgaben des Eisenbahnbundesamtes (EBA) und die Regeln der Bahn erfüllen.

Die Gruner AG hatte den Brandschutz für S21 als nicht genehmigungsfähig bezeichnet. Diese Aussage hatte aus Sicht der Bahn für „Irritationen“ in der Öffentlichkeit gesorgt. Dabei habe man bewusst nur eine „Zweitmeinung“, eine „andere Perspektive“ auf ein bereits vorliegendes Gutachten der Klingsch GmbH (Remscheid) zum überarbeiteten Brandschutzkonzept einholen wollen, erläuterte Projektsprecher Wolfgang Dietrich. Die Änderungen am bereits 2005 genehmigten Brandschutzkonzept waren aufgrund 2010 verschärfter Vorschriften nötig gewesen.

Einige, von der Bahn nicht benannte Punkte aus dem Gruner-Papier sollen in das Brandschutzkonzept einfließen, das Anfang 2013 dem EBA zur Prüfung übergeben werden wird. Zuvor werde es mit den beteiligten Fachleuten abgestimmt, unter anderem von Feuerwehr, Regierungspräsidium und Rettungsdienst Stuttgart.

"Wir unterstellen keine zwingende Fremdrettung durch die Feuerwehr"

Die neuen Vorschriften führten nach Darstellung der Bahn dazu, dass im Tiefbahnhof über die bestehenden fünf Treppen hinaus vier weitere geplant werden. Diese sollen die Evakuierungszeit bei angenommenen 16.000 Menschen im Bahnhof und einem laut Bahn „sehr unwahrscheinlichen“ Großbrand (53 Megawatt Brandlast) bei 23 Minuten halten. Alternativ wird geprüft, mit einer für Bahnhöfe neuartigen Wassersprühnebeltechnik zu löschen. Die Entscheidung für eine der beiden Möglichkeiten fällt nach weiteren Versuchen mit der Sprühtechnik Anfang kommenden Jahres. Als Fluchtmöglichkeiten für Behinderte unter den 240.000 Fahrgästen pro Tag nannte Hantel Aufzüge: „Wir unterstellen keine zwingende Fremdrettung durch die Feuerwehr.“

Die Sprühnebeltechnik ist bereits im Risikopuffer des derzeit auf 4,3 Milliarden Euro bezifferten Projektes mit acht Millionen Euro veranschlagt; die zusätzlichen Treppenhäuser sind dagegen in der bisherigen Kalkulation nicht berücksichtigt. Würde die Bahn sie realisieren, wären weitere sieben Millionen Euro erforderlich, für die bisher keine Finanzierung in Sicht ist.

Am Montag hatte Bahnvorstand Volker Kefer nach einer Sitzung des Lenkungskreises angekündigt, dass der Kostendeckel von 4,5 Milliarden Euro für S 21 gesprengt zu werden droht. Grund: Es fallen 224 Millionen Euro Mehrkosten an, wenn die im Filderdialog erarbeitete Variante der S-21-Flughafen-Station realisiert werden sollte. Im Januar findet der nächste Lenkungskreis statt.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) kritisierte die mangelhafte Information durch die S-21-Bauherrin Bahn. „Das geht so nicht.“ Die Bahn könne dem Land nicht einerseits vorwerfen, seiner Projektförderpflicht nicht nachzukommen, andererseits seine Partner aber nicht ausreichend unterrichten. Es gelte nun, die genannten Kosten zu überprüfen. Die Bahn müsse den Partnern mitteilen, wenn die Kostenobergrenze überschritten werde. Zwar werde sich das Land dann Gesprächen nicht verweigern, aber das Kabinett habe bereits beschlossen, sich an Mehrkosten nicht zu beteiligen.