Schüler und Eltern verstehen den Streit um Schulpolitik oft nicht Foto: dpa

Gemeinschaftsschulen oder nicht? Das ist nur einer der Streitpunkte, die einen Schulfrieden derzeit verhindern. Dabei wäre ein Grundkonsens im Sinn aller Schüler und Eltern. Die FDP hat jetzt einen neuen Vorstoß dazu gemacht.

Stuttgart - Die CDU mit ihren vielfachen bildungspolitischen Positionen gilt im Landtag derzeit als größtes Hindernis vor einem großen Schulkonsens. Selbst die Liberalen, die der christdemokratischen Schulpolitik ansonsten nahe stehen, äußerten sich besorgt über die Ankündigung des möglichen Spitzenkandidaten für die Landtagswahl, Guido Wolf. Dieser hatte im Sommer gesagt, ihm schwebe „etwas völlig Anderes“ als das grün-rote System vor.

„Die Menschen wünschen sich mehr Planbarkeit und Verlässlichkeit“, sagte am Donnerstag hingegen Timm Kern, der bildungspolitische Sprecher der FDP. Deshalb schlage seine Fraktion vor, dass sich der Landtag auf einige klare Rahmenvorgaben einige. Innerhalb derer sollen die Schulen dann weit gehend selbst bestimmen, welches pädagogische Konzept sie wählen – ob G 8 oder G 9, ob Gemeinschaftsschule oder Verbundschule, ob Ganztagsschule oder nicht. Das sei eine „freiheitliche Bildungspolitik“ zum Wohle von Schülern, Eltern und Lehrer.

Grüne und SPD halten dies zwar für einen „bunten Farbenkasten“, der am Ende ins Chaos führt, wie es die bildungspolitische Sprecherin der Grünen, Sandra Boser, formulierte. Doch die Grundidee von mehr Eigenverantwortung für die Schulen und einige andere Ideen könne man mittragen.

Im Gegensatz zur CDU hätten die Liberalen immerhin einen intern abgestimmten Kurs, sagte der SPD-Bildungspolitiker Stefan Fulst-Blei: „Wir haben das Problem, einen Ansprechpartner zu finden.“ Wenn jemand Schulfrieden brauche, dann die CDU in ihren eigenen Reihen.

So wolle Guido Wolf alles auf Null drehen. Fraktionsvize Volker Schebesta wiederum publiziere eigene, unabgestimmte Positionen. Und CDU-Landesvorsitzender Thomas Strobl schlage vormittags eine sechsjährige Grundschule vor, werde nachmittags aber von der Fraktion zurückgepfiffen, erinnerte Fulst-Blei an diverse Vorstöße der CDU in den vergangenen Wochen. Der eigentliche bildungspolitische Sprecher der Fraktion, Georg Wacker, äußere sich hingegen überhaupt nicht.

Statt Wacker ging denn auch Schebesta ans Rednerpult. Er warf Grün-Rot vor, einseitig für die Gemeinschaftsschule zu werben und damit einen Schulfrieden zu verhindern. Dabei zeige die Praxis, dass das Konzept, die Klassen möglichst heterogen zusammenzustellen, nicht funktioniere. Schebesta: „Es ist doch noch kein Krieg, wenn wir daran Kritik üben.“

Er erinnerte auch daran, dass Parteichef Strobl vor mehr als einem Jahr eine Zusammenarbeit beim Ganztagsschulkonzept angeboten habe, aber bei Grün-Rot auf taube Ohren gestoßen sei . Auch Kultusminister Andreas Stoch dokumentiere mit seinem aggressiven Tonfall im Schulausschuss, dass ihm nichts an einem Schulfrieden liege.

Und was die Stimmenvielfalt in der CDU angehe: „Wo ist denn die einheitliche Linie von Grün-Rot bei G 8 und G 9?“, fragte Schebesta in Anspielung auf den Streit in der Koalition über zusätzliche neunjährige Gymnasien. Im Gegensatz zur SPD wollen die Grünen nicht mehr als 44 davon zulassen.

Der Kultusminister gab sich versöhnlich: „Ich sehe das Angebot der FDP als Möglichkeit, den Ideologiestreit zu überwinden.“ Selbst die Haupthürde vor einem Schulfrieden, die unterschiedliche Einschätzung der Gemeinschaftsschulen, sieht Stoch nicht unüberwindlich hoch. Vorausgesetzt, man konzentriere sich auf die Frage, wie man Kinder mit unterschiedlicher Leistungsfähigkeit am besten fördere.

Ob dies besser in getrennten Klassen oder besser in einer gemeinsamen Klasse gelinge, könne man getrost den Pädagogen überlassen. Stoch: „Da prallen doch keine zwei Welten aufeinander!“ Die Eltern dürften jedenfalls nicht das Gefühl bekommen, in der Schulpolitik gehe es um Ideologie.

Wenn Guido Wolf aber parteiintern Wahlkampf mit der Ankündigung mache, er wolle das Schulsystem im Falle eines CDU-Wahlsiegs komplett umkrempeln, dann sei das fahrlässig.