Will das Zeitungsabo des Lehrers steuerlich nicht anrechnen: Das Finanzamt Stuttgart II Quelle: Unbekannt

Ein Berufsschullehrer und das Finanzamt Stuttgart streiten verbittert um ein Zeitungsabo.

Stuttgart - Vom Finanzgericht hat der Normalbürger wohl noch nie etwas gehört. Es sei denn, sein Name ist, auf welchen Weg auch immer, auf einer Steuerhinterzieher-CD aus Liechtensteins oder der Schweiz gelandet. Doch vor dem höchsten Finanzgericht des Landes ging es am Dienstagnachmittag nicht um Millionen. Zwei Stunden lang wurde erbittert um einen Betrag von etwa 90 Euro gerungen - bevor die Angelegenheit vertagt wurde.

So ein Publikumsinteresse hat das Finanzgericht an der Börsenstraße wohl selten erlebt. Die wenigen Zuschauerplätze im Saal 3 sind schnell belegt. Immer wieder müssen weitere Stühle herbeigeschleppt werden, um die fast 30 Betriebswirtschaftsstudenten der benachbarten Hochschule für Technik unterzubringen. Viele von ihnen haben ihren Spanisch-Kurs geschwänzt, um einen ausführlicher Blick in die Untiefen der Finanzverwaltung zu wagen. Nicht nur ihnen kam vieles spanisch vor.

Zeitungsabos als Werbungskosten abgelehnt

Bei dem Streit, der sich seit über einem Jahr hinzieht, geht es um ein Jahresabonnement der "Financial Times Deutschland" (FTD), das ein Lehrer in seiner Einkommenssteuererklärung 2005 als Werbungskosten geltend gemacht hatte. Die Entscheidung des Finanzamts, diese Kosten nicht anzuerkennen, beschäftigt jetzt das Gericht.

Kläger ist Christian Kiefer. Der 48-Jährige ist Berufsschullehrer an der Kaufmännischen Schule Nord und unterrichtet dort die Fächer Betriebs- und Volkswirtschaftslehre. "Anders als eine weitere Tageszeitung kaufe ich die Financial Times ausschließlich aus beruflichen Gründen", sagt Kiefer. Neben der eigenen Fortbildung benutze er sie in erheblichem Umfang als Unterrichtsmaterial.

In der ersten Runde des Streits vor Gericht hatten der Rechtsvertreter des Finanzamts Stuttgart II vor einem Jahr dieses Argument vom Tisch gewischt und die Anerkennung des Zeitungsabos als Werbungskosten abgelehnt. Ob Auszüge aus der Finanzzeitung konkret im Unterricht eingesetzt oder beruflich genutzt wurden, sei nicht belegt. "Wir wissen es nicht. Deshalb wird das vorsorglich bestritten", zitiert Richter Guhl die Haltung der Finanzbehörde aus der ersten Verhandlungsrunde.

"Ich will keinen Vergleich. Ich will Hundert Prozent"

Auch bei der zweiten Gerichtsverhandlung am gestrigen Dienstag hat sich an der Einschätzung beider Streitparteien wenig geändert. Der Kläger Kiefer, der in einem schweren Rollkoffer und einer großen Sporttasche zahlreiche Aktenordner mit Unterrichtsmaterial mitgebracht hat, legte dem Gericht nicht nur ein umfangreiches Archiv mit ausgewählten Artikeln aus der Financial Times vor. Auch Unterrichtskonzepte und sogar Overheadfolien, die auf Artikeln aus der abonnierter Zeitung basieren, legt der Lehrer auf den Richtertisch.

Wie unversöhnlich die Positionen des Klägers und dem Rechtsvertreter des Finanzamts auch in der zweiten Runde sind, zeigt ein Dialog. "Glauben Sie, dass der Kläger die Overheadfolien für private Zwecke hergestellt hat", fragt der Anwalt des Lehrers "Das weiß ich nicht", sagt die Gegenseite, "darauf kommt es mir nicht an." Und: "Eine Tageszeitung wird nicht deshalb zur Fachzeitschrift, weil sie auch den beruflichen Bereich erfasst."

"Ich will keinen Vergleich. Ich will Hundert Prozent."

Erst als der Richter sich entschlossen zeigt, ehemalige Schüler des Klägers als Zeugen für die Verwendung des Zeitungsmaterials im Unterricht zu laden, kommt für einen Moment Bewegung in die starren Fronten. Der Rechtsvertreter des Finanzamts signalisiert, für 2005 und die Folgejahre zwei Drittel der Abokosten als Werbungskosten anzuerkennen. Doch der Kläger ist für diesen Kompromiss nicht mehr zu haben. "Ich will keinen Vergleich. Ich will Hundert Prozent, ich zahle schließlich auch Hundert Prozent des Abos."

Die Differenz von den angebotenen zwei Drittel und den gefordertet Hundert Prozent schlägt sich in Kiefers Geldbeutel nach eigener Schätzung mit einem Betrag von lediglich 90 Euro nieder. Verglichen damit dürften die Anwaltskosten um ein Vielfaches höher liegen. "Mir geht es aber inzwischen nicht mehr ums Geld, sondern ums Prinzip", sagt Kiefer.