Der Streik der Lokführer hat am Mittwochmorgen in Stuttgart für Staus auf den Straßen gesorgt - auch am Abend mussten Autofahrer Geduld beweisen. Foto: www.7aktuell.de |

Mit einem Notfahrplan versucht die Bahn, die Folgen des Lokführerstreiks abzufedern. Der S-Bahnverkehr lief langsam aus, auch viele Regionalzüge standen still. Vom frühen Nachmittag an staute sich der Verkehr.

Berlin/Stuttgart - Die Fahrgäste der Deutschen Bahn hat am Mittwoch der zweite bundesweite Lokführer-Streik in acht Tagen getroffen. Bereits am Morgen fielen am Stuttgarter Hauptbahnhof Fernverkehrszüge aus, ab 14 Uhr lief der S-Bahnverkehr langsam aus. Auch die meisten Regionalzüge fuhren nicht.

Für Donnerstagmorgen hat sich die Bahn ein ehrgeiziges Ziel gesteckt. „Wir wollen in den S-Bahnen alle Frühverbindungen anbieten“, kündigte ein Bahn-Sprecher an. Vereinzelt könne es aber natürlich vorkommen, dass noch ein Zug ausfalle.

Viele Pendler stiegen am Mittwoch unterdessen aufs Auto um - rund um Stuttgart waren Staus also beinahe vorprogrammiert. Bereits am Morgen waren viele Einfallstraßen in den Stuttgarter Kessel dicht. Am Nachmittag war floß der Verkehr an manchen Stellen zähflüßig.

So staute sich der Verkehr auf der Autobahn 81 zwischen Ilsfeld und Stuttgart-Feuerbach gegen 8 Uhr auf rund 20 Kilometern, wie eine Polizeisprecherin mitteilte. Gegen Nachmittag war das Verkehrsaufkommen besonders in Stuttgart-Nord und in Stuttgart Bad-Cannstatt hoch. Vom Pragsattel Richtung Neckarpark mussten die Autofahrer bereits am Nachmittag rund 7 Kilometer im Stop-and-go-Verkehr zurücklegen. „Man merkt schon, dass mehr Verkehr herrscht - aber das kommt auch ohne Streik in dem Ausmaß vor“, so ein Sprecher der Polizei. Gegen Abend war vor allem in der Innenstadt sehr viel los: Aufgrund eines Verkehrsunfalls am Kappelbergtunnel staute sich der Verkehr von der Innenstadt hin auf die Bundestraße 14 Richtung Fellbach.

Die aktuelle Verkehrslage in Stuttgart

Am Morgen seien am Stuttgarter Hauptbahnhof Fernverkehrszüge nach Berlin, München und Hamburg gestrichen worden, teilte ein Bahnsprecher mit. Die Bahn schätzt, dass deutschlandweit etwa zwei Drittel aller Fernzüge ausfallen.

Die virtuelle Bahnhofstafel vom Stuttgarter Hauptbahnhof

Bereits seit Mitternacht galt der eingeschränkte Fahrplan im Fernverkehr. Mit dem Notfahrplan versuchte die Bahn, die Auswirkungen des Lokführerstreiks zu mildern. Ziel sei es, trotz des Streiks so viele Reisende wie möglich ans Ziel zu bringen.

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Am Donnerstagmorgen mehr Zeit einplanen

Der eigentliche Streik der Lokführer-Gewerkschaft GDL begann um 14 Uhr und dauerte bis 4 Uhr am Donnerstagmorgen.

Auch nach dem Ende des Streiks dürfte es Zugausfälle und Verspätungen geben. "Wir werden Donnerstagmorgen so schnell wie möglich versuchen, wieder den Normalbetrieb aufzunehmen", sagte ein Bahnsprecher. Pendler sollten am Donnerstagmorgen aber mehr Zeit einplanen, um rechtzeitig an den Arbeitsplatz zu kommen. Auch der Güterverkehr ist von dem Ausstand betroffen.

Zusätzlich zur allgemeinen Servicenummer unter 0180 6 99 66 33 (20ct/Anruf aus dem Festnetz, Tarife bei Mobilfunk max. 60ct/Anruf) hat die Bahn eine kostenlose Servicenummer unter 08000 99 66 33 geschaltet.

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Ob weitere Streiks eventuell am Wochenende drohen, wollte GDL-Chef Claus Weselsky nicht sagen. "Wir kündigen jede Arbeitskampfmaßnahme rechtzeitig an", sagte Weselsky dem "Tagesspiegel". Er vertrat zudem die Ansicht, die GDL habe die Fahrgäste der Bahn rechtzeitig vor den Streiks. "Am Vorabend 18 Uhr ist rechtzeitig, wenn die Streiks um 14 Uhr beginnen", sagte er.

Bahn nennt Ausstand "Dreistigkeit"

Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber kritisierte den Streikaufruf scharf. Er habe sich mit GDL-Chef Claus Weselsky verabredet, um am Mittwoch und Donnerstag Lösungen für den Konflikt zu suchen, sagte Weber im ZDF-Morgenmagazin. "Und dass Stunden, bevor diese Gespräche überhaupt erst beginnen, die GDL zum Streik aufruft - das ist schon eine Dreistigkeit und Unverschämtheit."

Die GDL will das Unternehmen damit im laufenden Tarifkonflikt zu Zugeständnissen zwingen. Sie betonte, ihrerseits zu Kompromissen bereit zu sein. Die GDL verlangt die Beschäftigten fünf Prozent mehr Geld und zwei Stunden weniger Wochenarbeitszeit. Sie will zudem auch für das übrige Zugpersonal verhandeln.

Nach zwei Warnstreiks hatten die Lokführer in der Nacht zum vergangenen Mittwoch für neun Stunden zum ersten Mal in dieser Tarifrunde regulär gestreikt - bewirkt hat es nichts. Zwischen Unternehmen und Gewerkschaft herrscht Funkstille. Beide Seiten werfen sich gegenseitig vor, Verhandlungen zu behindern.

Die Bahn will verhindern, dass die Lokführergewerkschaft auch für Zugbegleiter, Bordgastronomen und Disponenten verhandelt und so in Konkurrenz zur Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft tritt. Das Unternehmen fürchtet konkurrierende Tarifverträge. Es verweist darauf, dass es schon mehrere Angebote gemacht habe.

Weselsky wirft der Bahn jedoch vor, inhaltliche Tarifverhandlungen zu verweigern. "Die DB verlangt von uns tatsächlich, dass wir die Füße stillhalten, bis wir gesetzlich abgeschafft werden", sagte Weselsky, der ein Gesetz zur Tarifeinheit fürchtet, das die Bundesregierung plant. "Wir haben keine andere Möglichkeit, als mit Arbeitskampfmaßnahmen Druck zu machen", sagte er.