Foto: Lea Töws

Comeback Kid, Bosse und Prinz Porno. Gute Mischung an Acts am Samstag beim Happiness Festival.

Straubenhardt-Schwann - Heiß und staubig war das Happiness-Festival in diesem Jahr in Straubenhardt. Während zum Auftakt am Freitag noch angenehme Temperaturen herrschten, brannte am Samstag die Sonne erbarmungslos vom strahlend blauen Himmel.

Die meisten Besucher waren aber mit Sonnencreme und Getränken gut vorbereitet auf die Hitze und feierten bis spät in die Nacht vor allem den überragenden Headliner Deichkind.

Gut 8000 Musikfans aus ganz Deutschland waren an den zwei Festival-Tagen jeweils auf dem Gelände. Rund 4000 haben direkt vor Ort gezeltet. Insgesamt haben auf der Hauptbühne und bei der Aftershow-Party auf dem Campingareal 21 Bands gespielt.

"Es lief alles eigentlich ziemlich reibungslos", zog Happiness-Macher Benjamin Stieler zufrieden eine erste Zwischenbilanz. Völlig abgeräumt haben die Hip Hopper von Deichkind. Als gegen 23 Uhr der Vorhang vor der Bühne heruntergelassen wurde, war klar: Hier wird eine Riesenshow aufgebaut. Was dann folgte, war ein bisschen wie Andrew Lloyd Webber auf Speed.

Eine Choreografie zwischen Tanz und Zirkus, Mad-Max-mäßige Kostüme, ausgefeilte Lichteffekte, ein futuristisches Bühnenbild mit fahrbaren Stellwänden und Podesten, die den Raum immer wieder komplett veränderten. Los ging’s mit "So ’ne Musik" und vom Start weg war Stimmung – und zwar erstmals an den zwei Tagen nicht nur direkt vor der Bühne, sondern auch beim Rest der 8000 Besucher oben am Hang, wo sonst eher gechillt wurde.

Mit einem überdimensionierten Hirn zeigten sich die drei Rapper, die meist noch Unterstützung von drei Tänzern hatten, bei "Denken Sie groß". Zu "Bück dich hoch" flitzten sie mit Bürostühlen über die Bühne. Es folgten die Hits "Leider geil" und "Like mich am Arsch" vom neuen Album "Niveau, weshalb, warum". Die typischen, beleuchteten Pyramiden-Hüte kamen bei "Arbeit nervt" zum Einsatz. Zu "Roll das Fass rein" ließen sich die Rapper in einem überdimensionierten Fass durch die hüpfende und tanzende Menge tragen. Bei Zugabe nach rund anderthalb Stunden zogen Deichkind noch einmal alle Register: Zu "Remmidemmi" ging’s auf der Bühne mit Hüpfburg und Trampolin ab, einer aus der Band ließ sich in einem überdimensionierten Schlauchboot von Zuschauern auf Händen tragen und feuerte Federn ins Volk.

Dann war Schluss. Die Stimmung für Deichkind angeheizt hatte zuvor Prinz Porno. "Ich habe gehört, bei K.I.Z. gestern, da hätte mehr gehen können", begrüßte er das Publikum und gab gleich Vollgas. Während die Fans direkt vor der Bühne gleich mitfeierten, dauerte es bei denen weiter hinten. Erst mit seinen Prinz-Pi-Zugaben erreichte der Rapper die große Masse. "100x", "Generation Porno" oder "Gib dem Affen Zucker" wurden dann aber frenetisch bejubelt. Dass Bosse mit seinem entspannten Indie-Gitarren-Pop entgegen des ursprünglichen Plans aus organisatorischen Gründen dann doch vor Prinz Porno gespielt hat, dürfte stimmungsmäßig jedenfalls ein Glücksfall gewesen sein.

Am Nachmittag wurde zum Deutsch-Punk von Schmutzki und Feine Sahne Fischfilet Pogo getanzt. Aber auch Itchy Poopzkid mit ihrem Punk-Rock sowie Deez Nuts und Comeback Kid mit ihrem Hardcore-Crossover begeisterten ihre Anhänger. Abkühlung gab’s per Hochdruckreiniger, mit dem aus dem Bühnengraben Wasser über die Menge gesprüht wurde.

Extrem Hip-Hop-lastig war der Freitag beim Happiness. Nach Durch & Durch und Adam Angst widmeten sich mit Errdeka, Kontra K, den 257ers und den Orsons gleich vier Bands in Folge dem deutschen Sprechgesang, ehe es Jennifer Rostock krachen ließen.

Die wurden angekündigt von Straubenhardts Bürgermeister Helge Viehweg, der wie schon im Vorjahr bei Marteria kurz die Bühne stürmte und den Fans – in Anlehnung an einen Albumtitel der Band – mit auf den Weg gab: "Bleibt schlaflos!"

Die Veröffentlichung ihres neuen Albums am Freitag, feierten die Deutsch-Rapper von K.I.Z.. Die derben Texte und das militärische Auftreten konnte aber bei weitem nicht alle überzeugen. Und so tanzte zu "Urlaub fürs Gehirn" oder "Ein Affe und ein Pferd" hauptsächlich der harte Kern der Fans. Ein wenig verhalten fiel dann auch der Dank von K.I.Z. ans Publikum aus: "Ihr seid gar nicht so übel!" Die Stimmung der Besucher war während der zwei Festival-Tage äußerst entspannt.

Sogar das zwischenzeitliche Chaos und die Staus bei der Anreise am Freitagmittag wurden weitgehend gelassen hingenommen. Zufrieden zeigte sich auch die Polizei. So habe es nur eine Alkoholvergiftung gegeben, die Zahl der Festival-typischen Vergehen – Sachbeschädigung, Diebstahl (einer Frau war im Gedränge die Handtasche entrissen worden), Drogenkonsum – hätten alle im üblichen Rahmen gelegen. Die Feuerwehr blieb beschäftigungslos, und die Sanitäter hatten nur kleinere Blessuren – Kreislaufprobleme, Sonnenbrände, Prellungen oder Verstauchungen – zu behandeln.