Ein Soldat mit moderner Ausrüstung steht in Stetten am kalten Markt während der Bundeswehr-Übung "United Endeavour" auf dem Truppenübungsplatz. Foto: Kästle

800 Soldaten aus 16 Nationen nehmen an zwölftägiger Übung auf Truppenübungsplatz Heuberg teil.

Stetten am kalten Markt - Die Bundeswehr probt auf der Alb fast zwei Wochen lang das Führen eines NATO-Einsatzes. Schließlich setzt das Militärbündnis künftig auf die Expertise eines Kommandos aus Ulm.

Die Schwäbische Alb als fiktives Konfliktgebiet: An der Staatsgrenze zwischen den frei erfundenen Ländern Amberland und Beachland kriselt es. Seit Jahren schwelt dort ein Konflikt. Obwohl beide Staaten an der gemeinsamen Grenze eine demilitarisierte Zone eingerichtet haben, besetzen amberlandische Soldaten diese. Nun sollen NATO-Truppen die Zone sichern.

Örtlicher Truppenübungsplatz stellt das Krisengebiet dar

Das Szenario ist wirklichen Konflikten nachempfunden. Mit ihm übt die Bundeswehr unter dem Namen "United Endeavour 2014" (zu Deutsch etwa gemeinsame Anstrengung) in diesen Tagen den Ernstfall. In der Nähe des Konfliktgebiets hat das Multinationale Kommando Operative Führung der Bundeswehr seine mobile Zentrale aufgeschlagen. In diesem Fall nahe Stetten am Kalten Markt (Kreis Sigmaringen). Der örtliche Truppenübungsplatz stellt das Krisengebiet dar. Von Ulm aus steuert das Kommando den Einsatz.

Rund 800 Soldaten aus 16 NATO- und EU-Nationen nehmen an der zwölftägigen Übung teil. Mit ihr will sich das Ulmer Kommando für höhere Aufgaben qualifizieren – beispielsweise bei der neuen militärischen "Speerspitze" der NATO. Der Befehlshaber des Kommandos, Generalleutnant Richard Roßmanith, hält es für möglich, dass seine Soldaten dabei eine Rolle spielen, wie er gestern betonte. Derzeit gebe es lediglich zwei Hauptquartiere für solche Einsätze. Diese seien in den Niederlanden und Italien.

Die Eingreiftruppe "Speerspitze" wurde Anfang September wegen des Konflikts in der Ostukraine ins Leben gerufen. Sie soll 3000 bis 5000 Soldaten umfassen und innerhalb von zwei bis drei Tagen einsatzbereit sein. Der Verband wird Teil der Schnellen Eingreiftruppe der NATO (NATO Response Force/NRF) sein.

Auf dem Übungsplatz in Stetten am kalten Markt hat das Ulmer Kommando in Kooperation mit österreichischen Soldaten innerhalb weniger Wochen eine Zeltstadt aufgebaut, die als Hauptquartier für die fiktive Mission dient. Auf knapp 3450 Quadratmetern finden sich nicht nur eine eigene Kommandozentrale, sondern auch Büros, eine Krankenstation oder eine Feldküche.

Täglich bekommen die Soldaten neue Szenarien, auf die sie reagieren müssen. Etwa bewaffnete Zwischenfälle innerhalb der demilitarisierten Zone zwischen Amberland und Beachland. Oder Notfälle, wie ein Kampfflugzeug, das im Flug eine nicht-scharfe Bombe und Kerosin verliert, das sich dann auch noch entzündet. "Nicht alle Szenarien sind wirklich realistisch", sagt Bundeswehrsprecher Christian von Platen.

Vollkommen unrealistisch scheinen die Szenarien aber auch nicht zu sein: Im März hatten Medien über einen Fall berichtet, bei dem ein Kampfflugzeug der Bundeswehr bei einer Übung die Attrappe einer Bombe bei Nordhorn (Niedersachsen) verloren hatte. Der Vorfall hatte die Diskussion um die Pannenserie bei der Bundeswehr befeuert. Die Schlagzeilen und Kritik rund um die Ausrüstung der Truppe sind auch am Ulmer Kommando nicht vorbei gegangen.

"Wir sind im internationalen Bereich auf einem hohen Stand der Technik", sagt der Sprecher des Ulmer Kommandos, Harald Kammerbauer. Personell wie materiell sei man für Einsätze bestens gerüstet. Mit der Übung auf der Schwäbischen Alb beweise man, dass die Ausrüstung der Truppe "großartig" sei, betont er. Bereits in wenigen Jahren sei das Kommando in der Lage, NATO Response Force-Truppen zu führen. Bereits heute können die Ulmer Truppen mit einer Stärke von 60.000 Mann führen. Etwa im Rahmen einer EU-Mission.

Das Ulmer Kommando befindet sich laut Kammerbauer jederzeit im Standby-Modus. Sollte eine EU-Kampftruppe in eine Krisenregion entsendet werden, kann aus einer Übung Ernst werden.