Die drei ehemaligen Schleckerfrauen Andrea Straub, Karin Beck und Erika Kleiner schauen optimistisch in die Zukunft. Sie haben aus der früheren Schlecker-Filiale in Stetten am kalten Markt einen schmucken Drogeriemarkt gemacht. Foto: Grimm Foto: Schwarzwälder-Bote

Schleckerpleite: Andrea Straub, Karin Beck und Erika Kleiner haben ihren "Drehpunkt" auf feste Füße gestellt

Von Susanne Grimm

Vier Jahre nach der Schlecker-Pleite packt die ehemaligen "Schlecker-Frauen" Andrea Straub, Karin Beck und Erika Kleiner immer noch der Zorn. Die Nachrichten um die wissentlich herbeigeführte Insolvenz haben auch Stetten erreicht.

Stetten am kalten Markt. Zurzeit ist der einstige Arbeitgeber von Andrea Straub, Karin Beck und Erika Kleiner, das Unternehmen Schlecker, wieder in aller Munde, soll Schlecker doch wissentlich die Insolvenz herbeigeführt, aber sich und seiner Familie noch rechtzeitig Millionen zugeschanzt haben. "Einsperrt gehören alle vier Familienmitglieder!", Andrea Straubs Augen blitzen, als sie das sagt. "Ich höre heute noch, wie die Schlecker-Tochter vor laufender Kamera sagt: ›Wir haben nichts mehr‹. Das ist schlicht und ergreifend gelogen gewesen. Die Schleckers haben uns und die anderen Angestellten einfach einem ungewissen Schicksal überlassen, sich selbst aber abgesichert."

Straub hat zusammen mit ihren beiden Mitstreiterinnen vor drei Jahren ihren früheren Arbeitsplatz mithilfe einer Dorfladen-Initiative und unterstützt durch genossenschaftliche Einlagen der Kunden übernommen und als Drogeriemarkt unter dem Namen "Drehpunkt" eröffnet. Das Geschäft des Unternehmerinnen-Trios ist eines von sieben ehemaligen Schlecker-Läden, die unter diesem Namen wieder eröffnet wurden. Jedoch stehen nur drei dieser Märkte auf sicheren Füßen. Eines dieser erfolgreichen Unternehmen ist der Stettener Drehpunkt. "Darauf sind wir auch stolz", sagen die Frauen unisono, "aber es steckt unendlich viel Arbeit dahinter".

Sie hätten schon immer gerne gearbeitet, auch unter Schlecker. Bis zur letzten Minute hätten sie ihren Laden geöffnet gehabt. "Keine von uns hat vorzeitig das Handtuch geschmissen", erzählt Straub. In anderen Geschäften hätten sich die Mitarbeiterinnen krank schreiben lassen, als die Pleite unabwendbar gewesen sei. "Wir sind sogar noch mit unseren eigenen Autos zu anderen Filialen gefahren, um dort Waren zu holen, die bei uns ausgegangen waren."

Die drei Frauen geben sich überzeugt: "Das sind wir unseren Kunden schuldig gewesen." Deshalb kränkt es sie immer noch bis ins Mark, dass ihr jahrelanges Engagement mit Füßen getreten worden sei, von einer Geste des Danks ganz zu schweigen. Schlecker schuldet Erika Kleiner nach ihren Aussagen ein Jahr nicht genommener Urlaub und Unmengen an Überstunden. Auch Andrea Straub sitzt auf vielen unbezahlten Überstunden der Schlecker-Ära. "Unsere Hände Arbeit hat diese Familie reich werden lassen!"

Die Frauen ärgert zudem, dass auch der Berater von Schlecker mit neun Millionen abgefunden worden ist. "Ein Mann mit Rückgrat hätte gesagt, gebt mir eine Million, aber die anderen acht Millionen gebt den Angestellten", meint Karin Beck. Die Frauen können nicht verstehen, wieso solch große und fragwürdige Geldtransaktionen samt Insolvenzverschleppung unter den Augen amtlicher Institutionen wie dem Finanzamt geschehen kann. "Bei uns, den Kleinen, da wird’s geholt, da schaut der Fiskus ganz genau hin." Becks Stimme klingt verbittert. "Aber wir können uns halt gute Berater und entsprechende Anwälte nicht leisten." Die Frauen vermuten, dass der Prozess um die Schlecker-Familie und das Urteil ähnlich mild sein werden wie im Fall des Fußball-Königs Hoeneß. Andrea Straub, Karin Beck und Erika Kleiner wollen weiterkämpfen. Sie hoffen, dass ihnen die Kunden weiterhin die Stange halten und der Umsatz wächst, "damit wenigstens in Zukunft für jede von uns ein bisschen was übrig bleibt".