Regierungsschuldirektorin Kerstin Hösch (links) lässt sich von Nicole Hübscher die Arbeitsweise erklären. Foto: Grimm Foto: Schwarzwälder-Bote

Gemeinschaftsschule: Regierungsschuldirektorin Kerstin Hösch und Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis zu Besuch in Stetten

Wie hat sich die Gemeinschaftsschule Stetten am kalten Markt entwickelt und was halten die Schüler davon? Zwei Politikerinnen haben nachgefragt.

Von Susanne Grimm

Stetten am kalten Markt. Der Rundgang war mit einer intensiven Gesprächsrunde mit Schülern und Lehrern verbunden: Regierungsschuldirektorin Kerstin Hösch und die SPD-Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis sowie Liane Schneider vom Staatlichen Schulamt haben sich über Entwicklung und jetzigen Stand des einstigen Schulverbundes aus Grund-, Haupt- und Realschule hin zur neuen Lernform der Gemeinschaftsschule informiert.

"Wir finden es gut, dass wir alle zusammenbleiben", sagte Marius Graf. Der Sechstklässler sprach im Namen seiner Lerngruppe, die zuvor eine Plus-Minus-Liste in Bezug auf die Gemeinschaftsschule zusammengestellt hatte. Wenn sie auf unterschiedliche Schulen gehen müssten, könnten sie sich nicht so oft sehen und Freundschaften würden auseinandergehen. Toll fanden die Schüler auch, dass es keine Hausaufgaben mehr gebe und das Allermeiste in der Schule erledigt werde.

Neben Marius meldeten sich Schüler anderer Lerngruppen zu Wort. Das Führen von Lerntagebüchern, die das Gelernte dokumentieren und Lernziele formulieren, werteten sie alle als positiv, ebenso die "Lernpakete", bei denen die Schüler ein Thema in einem festgesetzten Zeitraum allein oder in Kleingruppen selbstständig bearbeiten müssen. "Wirklich gut ist, dass jeder auf seinem Niveau arbeitet", befand ein Schüler.

Bemängelt haben sie den Platzmangel in manchen Räumen. Speziell in der Mensa, wo wegen der starken Nachfrage das Mittagessen in zwei Schichten serviert werden muss. Bei einem Spontanbesuch im Klassenzimmer der Achtklässler sagte Marvin Herbst zu Kerstin Hösch, dass er es super finde, in unterschiedlichen Fächern auf dem Niveau zu arbeiten, auf dem er sich gerade befinde. "Ich habe mich in Mathe vom M-Niveau – Realschule – zum E-Niveau – E: erweitertes Niveau, entspricht Gymnasialstufe – hochgearbeitet", sagte er. "Wir wollten in Mathe einfach besser werden", bekräftigte sein Freund Moritz Klaus. Auch Nicole Hübscher und Jule Wagner kommen mit den Lernmethoden bestens zurecht. Sie entscheiden selbst, was sie wann machen wollen, aber es bedeute auch, "dass wir ein Stück weit selbst die Verantwortung für unsere Lernleistung übernehmen".

Viel Raum zum Rennen und Toben

Sowohl Kerstin Hösch als auch die Hilde Mattheis zeigten sich von den Äußerungen der Jungen und Mädchen beeindruckt, aber auch vom Gebäudekomplex der Schule und dem weitläufigen Areal um die Schule herum, das den Kindern viel Freiraum zum Rennen und Toben lässt.

Bürgermeister Maik Lehn machte den Finanzbedarf deutlich. Die neue Schulbauförderung schreibe einen höheren Platzbedarf pro Schüler vor. Das bedeute selbst bei gleichbleibenden Schülerzahlen, dass in den nächsten vier, fünf Jahren ein weiteres Stockwerk auf die Schule gesetzt werden müsse. Ganz abgesehen davon, dass auf der gemeindlichen To-do-Liste das Erneuern des naturwissenschaftlichen Lehrraumes ganz oben stehe. "Trotz Zuschuss muss die Gemeinde dafür rund 470 000 Euro selbst aufbringen", verdeutlichte Lehn.

Immer noch kommen täglich Neuanmeldungen

Rektor Hans-Jörg Kraus und Konrektor Jürgen Lebherz erwähnten die derzeitige Schülerzahl: 450. Der Großteil komme aus Stetten und den umliegenden Gemeinden, vor allem aus Straßberg und dem Beuroner Ortsteil Hausen im Tal. "Immer noch bekommen wir jeden Tag eine Neuanmeldung von außen", so Kraus, der in diesem Zusammenhang den öffentlichen Personennahverkehr als "suboptimal" bezeichnet.

Die in der Gesprächsrunde anwesenden Lehrer äußerten sich durchweg positiv über die Lern- und Lehrmethoden, wenngleich manches deutlich arbeitsintensiver sei als im herkömmlichen Schulsystem. Als Beispiel nannten sie den halbjährlichen Lernentwicklungsbericht, der das Zeugnis ersetzt. Ebenso die als "Coaching" bezeichneten Gespräche mit den Schülern, welche die Kinder bei ihren Wortmeldungen als ausgesprochen sinnvoll bewerteten.

Elternvertreterin Tanja Boss stellte der Gemeinschaftsschule ein gutes Zeugnis aus: "Nach zwei Jahren kann ich nun aus vollem Herzen sagen: Ich wollte für mein Kind nichts anderes mehr haben."