Zunftmeister Oliver Beil hieß zum närrischen Jubiläum der Stettener Bockzunft den Freiburger "Fasnetspapst" Professor Werner Mezger willkommen. Foto: Grimm Foto: Schwarzwälder-Bote

Fasnet: Werner Mezger referiert auf Einladung der Stettener Bockzunft über historische Wurzeln der Narretei

Von Susanne Grimm

Unter dem Titel "Narrenidee und Fasnachtsbrauch – zur Kulturgeschichte der tollen Tage" hat der Germanist und Volkskundler Werner Mezger auf Einladung der Stettener Bockzunft im Soldatenheim "Haus Heuberg" referiert.

Stetten am kalten Markt. Dass Fasnet eine ernste Sache ist, wird jeder Vollblutnarr auch ohne Kenntnis von Werner Mezgers Referat dick unterstreichen. Wie todernst im wahrsten Sinn des Wortes die Hintergründe der Fasnet jedoch wirklich sind, machte der Professor für Europäische Ethnologie des Instituts für Volkskunde in Freiburg auf unterhaltsame Weise deutlich. Denn Tod und Teufel sind nie fern von der Narretei oder besser den Narren – und genau genommen sogar deren Herren.

"Es gibt keinen Gott – wer solches sagt und glaubt, ist ein Narr", war das Urteil der Kirche über jene Zeitgenossen, die die Existenz Gottes anzweifelten. Damit verdeutlichte Mezger den Zusammenhang zwischen Religion und "Fasnacht", die, wie der Name schon andeutet, die Zeit vor der christlichen Fastenzeit ist. Mit Aberglauben und Beschwörungen aus vorchristlicher Zeit hätten die Fasnetsbräuche nichts zu tun. Im Gegenteil, sie bildeten in ihren Larven und Kostümierungen symbolhaft den Kampf zwischen Gut und Böse, Gott und Teufel ab.

Biblische Figuren und Szenen als Vorbild

Anhand vieler Gegenstände und immer wieder anzutreffender Schmuckelemente an oder auf den Kostümen wie Schellen, Würste, Hahnenfedern oder die typische Schweineblase, im Volksmund "Saublooder" genannt, zeigte Mezger die tiefere Symbolik auf. Die Schellen: viel Lärm um nichts. Die Blase – eine Hülle ohne Inhalt. Die Wurst – immer ein Phallussymbol. Auch die Hahnenfedern weisen auf die niederen Triebe, nicht auf die göttliche Liebe hin. Die Glattlarve steht für den schönen Schein, hinter der sich der Teufel verbergen kann.

Die heutigen Fasnetsumzüge haben sich laut Mezger aus den Karfreitagsprozessionen früherer Zeiten entwickelt, in denen es üblich war, biblische Figuren und Szenerien während des Prozessionszuges nachzubilden oder nachzuspielen. Im Grunde sei der Narr eine Verkörperung des Teufels, der glaubt, den Tod besiegen und Gott ad absurdum führen zu können, war Mezgers nüchterne Deutung.

So spannend und informativ die Blicke hinter die Kulissen der Fasnetshistorie waren, so wenig geeignet schienen sie vordergründig, Lust auf die närrische Zeit zu machen. Dennoch oder gerade deshalb spendeten die zahlreichen Zuhörer dem "Fasnets-Guru", wie Zunftmeister Oliver Beil den Referenten scherzhaft nannte, sichtlich beeindruckt lang anhaltenden Beifall.

Und natürlich ließ Beil den Fasnetsexperten nicht gehen, ohne ihm das typische Getränk der Stettener Böcke überreicht zu haben: eine Flasche Bockmilch.