Flüchtlinge werden in ihrer neuen Unterkunft begrüßt. Foto: Schwarzwälder-Bote

Steinach begrüßt 76 neue Bewohner. Für manche Flüchtlinge ist Gemeinde eine Station von vielen.

Steinach - Vor wenigen Tagen zogen 76 Flüchtlinge in die provisorische Unterkunft in Steinach. Jetzt haben sie mit Vertretern von Flüchtlingskreis und Gemeinde einen Rundgang durch den Ort gemacht.

Adel Daoud hat eben erfahren, dass in Zell jemand einmal pro Woche aus einem Laster heraus Lebensmittel verkauft. Solche, die in der arabischen Küche ihren festen Platz haben. Alltagsinformationen machen unter den neu angekommenen Flüchtlingen dank moderner Kommunikationstechnik schnell die Runde.

Adel Daoud ist Tunesier und sagt: "Immer wenn ich gefragt werde, woher ich komme, dann antworte ich, ich bin ein Schwarzwälder." Seit 27 Jahren lebt er in Haslach, und seit neuestem unterstützt er den Kreis der Flüchtlingshelfer in Steinach mit seinen Arabischkenntnissen. Jetzt begleitet er wie viele des 15-köpfigen Helferkreises die zahlreichen Flüchtlinge durch Steinach.

Gerhard Knosp, Ansprechpartner für die Flüchtlinge im Rathaus und ebenfalls im Helferkreis aktiv, führt die Karawane an, zeigt Sportplatz, Spielplatz, Kindergarten, Supermarkt und Bäckerei. Zuvor, zur Begrüßung bei den Wohncontainern, haben sich alle vor der provisorischen Unterkunft eingefunden. Viele Familien sind darunter, Jugendliche, junge Frauen, kaum ältere Menschen. Mittendrin stehen die Helfer, außerdem Bürgermeister Frank Edelmann und Stefan Schmider, den die Flüchtlingswelle ebenso überrollte wie die Gemeinde: Er ist Sozialarbeiter, gerade mit der Ausbildung fertig und seit wenigen Wochen im Landratsamt Offenburg eingesetzt. Jetzt betreut er als einziger seines Berufs die Steinacher Zuwanderer und außerdem jene in Hausach und Wolfach.

Er leistet Unterstützung bei der Bürokratie und beim Einkaufen, hilft bei der Organisation von Plätzen in Deutschkursen und Kindergärten und spinnt am Netzwerk mit Schulen und möglichen Arbeitgebern. Das sei so viel Arbeit, dass zum Zuhören oftmals keine Zeit bliebe. Schmider sagt, er habe häufig keine Gelegenheit zu erfahren, wie es den Menschen ginge. "Aber es macht Spaß", sagt er, "und das Positive überwiegt alles andere bei weitem."

Auf dem Spaziergang unterhält er sich dann mit den Menschen, viele suchen den Kontakt zu ihm, sie kennen ihn schon. Viele Kinder sind dabei, Babys schlafen in Tüchern auf dem Rücken der Mütter oder im Buggy. Junge Paare fotografieren sich in der einsetzenden Dunkelheit gegenseitig mit den Handys vor dem Weihnachtsbaum in der Ortsmitte. Eine Zwölfjährige aus Afghanistan will von Stefan Schmider wissen, wann sie hier endlich eine Schule besuchen darf.

Für manche Flüchtlinge ist Steinach eine Station von vielen

Ein Vater zweier kleiner Kinder sagt, in Syrien könne man nicht mehr leben. Er ist 25, seine Frau 22 Jahre alt, die Kinder, zwei Jahre und vier Monate alt, schiebt er im Buggy vor sich her. Wie das Paar sich in Deutschland fühlt? "Safe", sagt er. Sicher. Das sei die Hauptsache. Eine dreimonatige Reise über München, Sigmaringen, Heidelberg und Karlsruhe liege hinter ihnen.

Und jetzt werden sie in Steinach begrüßt, Frank Edelmann hat eine kleine Ansprache auf Englisch gehalten: "We want to say welcome and hope you have a good start – Wir heißen Sie willkommen und hoffen, dass Sie hier einen guten Start haben", sagt er, bevor der Zug sich durch Steinach in Bewegung setzt. Manche rufen anderen die arabische Übersetzung zu.

Edelmann kennt bislang weder Namen noch Alter oder Familienstrukturen der neuen Steinacher Flüchtlinge. Er hat mit den Leuten vom Kindergarten gesprochen, Kinder ab drei Jahren könnten den Kindergarten besuchen, voll belegt sei die Einrichtung zurzeit ohnehin nicht. Auch eine Vorbereitungsklasse für Grundschüler will die Gemeinde einrichten, Edelmann wartet noch auf eine Liste der möglichen Schüler vom Landratsamt. Wie lange die Menschen in Steinach wohnen werden, sei noch nicht klar. Es handelt sich um eine vorläufige Unterbringung von höchstens 18 Monaten, dann wird über den Asylantrag eines jeden entschieden. "Soweit die Theorie", sagt Edelmann, "ich werde oft gefragt, wie lange der Aufenthalt dauert, das können Wochen sein, das können Monate sein."

Inmitten der ungeklärten Situation tun die Helfer, was sie können und halten sich nicht lange damit auf, ob die Zuständigkeiten nun beim Kreis oder bei der Gemeinde liegen. Die Mitglieder des Flüchtlingskreises sind mit den Zuwanderern nach Hausach in die Kleiderkammer gefahren, damit sich diese dort mit Kleidung versorgen konnten.

Viele der Flüchtlinge berichten von zermürbenden Monaten, die hinter ihnen liegen. Dennoch wirkt die Stimmung gelöst, es wird viel gelacht und fotografiert. Einige betonen, wie froh sie seien, in Sicherheit zu sein. Die Frauen vom Helferkreis scherzen mit den Kindern, die auf deutsch bis zehn zählen und "tschüss" sagen. "Das Wichtigste ist, die Sprache zu lernen", sagt Adel Daoud, "das ist der Schlüssel zu allem anderen."

Es ist dunkel, als die Gruppe zur Unterkunft zurückkehrt. Der syrische Familienvater mit dem Baby im Buggy dreht sich auf dem Weg zum Festplatz um und fragt in neu erworbenem Deutsch: "Kommen Sie mit?"