Nicht alle Angebote zur Finanzierung eines Eigenheims sind gut. Foto: dpa

Anleger investieren in Stuttgart - Eigennutzer weichen ins Umland aus, wo Preise niedriger sind.

Stuttgart - In der Landeshauptstadt klaffen Angebot und Nachfrage bei Wohneigentum immer weiter auseinander. Damit dreht sich auch die Preisspirale nach oben. Dennoch sind nach Angaben des Immobilienverbands Deutschland (IVD) Region Süd nicht für jede Immobilie Traumpreise zu erzielen.

Seit der Wirtschaftskrise stecken immer mehr Anleger und Eigennutzer ihr Geld in Eigentumswohnungen und Häuser. "Man meint, wer sein Vermögen krisensicher anlegen will, müsste das längst getan haben", sagt Stephan Kippes, Leiter des Marktforschungsinstituts des IVD. Stattdessen halte die Nachfrage nach Immobilien an. Ein Ende sei nicht absehbar.

Attraktive Wohnungen

In Stuttgart hat dies laut IVD den Kaufpreis für gute Neubauwohnungen vom Frühjahr bis Herbst 2011 von durchschnittlich 3500 Euro auf 4000 Euro pro Quadratmeter hochschnellen lassen. Für das freistehende Einfamilienhaus wurden statt 690.000 Euro wie noch im Frühjahr 700.000 Euro hingelegt. Für Reihenmittelhäuser hat sich die Kaufpreis hingegen seit 2010 bei 340.000 Euro eingependelt. Den Preissprung bei Eigentumswohnungen erklärt IVD-Ehrenmitglied Erich Hildenbrandt mit der Attraktivität dieser Wohnungen sowohl für Eigennutzer wie Kapitalanleger. "Wenn der Preis in Ordnung ist, kann man damit eigentlich nichts falsch machen."

Auch andere Makler stellen Preisanstiege fest - allerdings nicht in diesem Maß. Nach Erhebungen von Engel und Völkers bewegen sich die Quadratmeterpreise für die Eigentumswohnung in guter Lage zum Beispiel in der Innenstadt und in Degerloch sogar seit drei Jahren konstant zwischen 2500 bis 4000 Euro.

Mühlhausen am günstigsten

Innerhalb Stuttgart sind nach aktuellen Berechnungen des Statistischen Amts der Stadt vor allem der Westen und Norden gefragt. Hier liegen die Preise zwölf und zehn Prozent über dem Durchschnittspreis, der in Möhringen erzielt wird. Am günstigsten ist eine Eigentumswohnung demnach in Mühlhausen, Obertürkheim (minus 13 Prozent) und Zuffenhausen (minus 12 Prozent).

Die neuste Marktanalyse des IVD hat ergeben, dass zwar auch kritische Objekte Chancen auf dem Markt haben, jedoch nicht zu überteuerten Preisen gekauft würden. Und nach wie vor würde es sechs bis acht Monate dauern, bis ein Objekt den Besitzer wechselt.

ECE-Wohnungen trotzdem keine Selbstläufer

ECE-Wohnungen trotzdem keine Selbstläufer

Parallel zu den Kaufpreisen für Eigentumswohnungen haben sich auch die Mieten weiter nach oben entwickelt: Eine attraktive Altbauwohnung kostet mittlerweile 10,90 Euro pro Quadratmeter. Im vergangenen Frühjahr waren es noch 10 Euro. Eine Neubauwohnung ist mit jetzt durchschnittlich 12,50 Euro um 50 Cent teurer geworden. "In Stuttgart müssten pro Jahr rund 2500 Wohnungen neu gebaut werden, um den Bedarf zu decken", so Hildenbrandt. Er kritisiert, dass in der Landeshauptstadt pro Jahr tatsächlich nur 500 Wohnungen dazukommen. Zwar erstelle die Stadt offiziell pro Jahr 1200 Wohnungen, darunter fielen aber auch Komplettsanierungen. Zudem würden Wohnhäuser abgerissen.

Trotz des ebenfalls engen Mietmarkts geht der Verband nicht davon aus, dass die rund 400 Wohnungen, die der Hamburger Handelskonzern ECE bis 2014 bei der neuen Stadtbibliothek baut und die Stadtwohnungen auf 5000 Quadratmetern, die im Zusammenhang mit der Bebauung am Karlsplatz im Gespräch sind, ein Selbstläufer sind. "Mit der Erstvermietung wird es wegen der hohen Mieten ein halbes Jahr dauern", vermutet Hildenbrandt.

Familien tendieren Richtung Waiblingen

Während Anleger in der Landeshauptstadt investieren, sind Eigennutzer wegen der günstigeren Preise auch bereit, ins Umland zu ziehen. Dabei steht Esslingen nach den Erfahrungen des IVD Region Süd auf Platz eins, gefolgt von Ludwigsburg. Klappt es mit der Suche in Esslingen nicht, würden sich die Interessenten Richtung Göppingen orientieren. Familien tendierten Richtung Waiblingen und Schorndorf. Böblingen bilde innerhalb der Region auf der Wunschliste der Wohnorte dagegen das Schlusslicht.

Das Preisgefälle ist dabei enorm, wie Auswertungen von Internetangeboten durch das Statistische Amt der Stadt Stuttgart zeigen. So ergibt sich etwa für den Kreis Böblingen bei Eigentumswohnungen in der Größe von 25 bis 149 Quadratmeter ein Abschlag von bis zu 22 Prozent gegenüber der Landeshauptstadt. Im Kreis Esslingen sind es bis zu minus 20 Prozent, in Ludwigsburg 23 Prozent, im Rems-Murr-Kreis 27 Prozent und in Göppingen sogar bis zu 37 Prozent.

Mit jedem Kilometer Abstand vom Zentrum Stuttgarts sinkt der Quadratmeterpreis, wirklich günstig wird es aber erst außerhalb des S-Bahn-Rings, der etwa 30 Kilometer weit reicht. "Angebotspreise von zwei Drittel oder weniger des Stuttgarter Preisniveaus sind in Entfernungen ab 40 Kilometer zu finden", so Ulrich Stein vom Statistischen Amt. Eine Wohnung, die in Stuttgart 300.000 Euro kostet, ist im Kreis Göppingen also für unter 200.000 Euro zu haben.