Der schönste Tag im Leben? Viele Paare sehen das offenbar anders und lassen sich später wieder scheiden. Foto: dpa

Scheidungen in Baden-Württemberg leicht rückläufig. Im Landkreis Rottweil ist Durchschnittsquote am niedrigsten.

Oberndorf - "Bis dass der Tod euch scheidet": Dieser Satz trifft laut Statistischem Landesamt auf viele Ehepaare im Südwesten zu. Spitzenreiter ist der Landkreis Rottweil: Dort wurden seit 2009 die wenigsten Ehen geschieden.

Mit 77 Scheidungen, die im Jahresdurchschnitt zwischen 2009 und 2012 auf 10.000 Ehen kamen, leben im Landkreis Rottweil anscheinend die glücklichsten Ehepaare. Auf Platz zwei und drei stehen der Alb-Donau- sowie der Main-Tauber-Kreis mit jeweils 79 sowie der Kreis Heilbronn mit 81 Scheidungen auf 10.000 Eheschließungen. Schlusslicht ist Mannheim: Dort lag die durchschnittliche Scheidungsziffer in den vergangenen vier Jahren bei 122. Im Durchschnitt liegt die Häufigkeit der Eheauflösungen im Land bei 94.

Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 50.555 Ehen im Land geschlossen und 22.226 geschieden – knapp fünf Prozent weniger als 2011. Dennoch sind die Zahlen insgesamt keinesfalls rückläufig: Seit 1980 haben Scheidungen um über 70 Prozent zugenommen. Im Jahr 2004 wurde mit 25 129 geschiedenen Ehen seit Bestehen Baden-Württembergs der bisherige Rekordwert verzeichnet.

Seit 1990 sind außerdem immer häufiger Kinder unter 18 Jahren von Scheidung betroffen, auch wenn ihre Anzahl seit dem Rekordjahr 2004 leicht zurückgeht. 2012 gab es 18 137 "Scheidungskinder".

Tendenziell nimmt die Scheidungshäufigkeit in Stadtgebieten zu; auf dem Land lassen sich, statistisch gesehen, etwas weniger Menschen scheiden. Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel: Der ländlich geprägte Landkreis Lörrach zum Beispiel hebt sich hier mit einer Scheidungsziffer von 105 im Vergleich eher negativ hervor.

Im Durchschnitt des Landes hingegen liegt beispielsweise die Scheidungshäufigkeit im Schwarzwald-Baar-Kreis mit der Jahresdurchschnittszahl 97, ähnlich wie der Kreis Tuttlingen (Scheidungsziffer 93). Ungewöhnlich ist jedoch der große Abstand zum ebenfalls angrenzenden, ähnlich strukturierten Kreis Rottweil.

Dort rätselt man ob des anhaltenden Tiefstandes. Zwar wird nicht erfasst, warum sich wer scheiden lässt. Eine Vermutung allerdings, wie es sein Kreis nach oben aufs Treppchen geschafft hat, hat Rottweils Landrat Wolf-Rüdiger Michel: Niedrige Arbeitslosigkeit, ein gewisser Wohlstand und eine vielseitige Vereinslandschaft im Landkreis wirken sich seiner Meinung nach auch auf die Beziehung aus. "Wenn man sich persönlich wohlfühlt, strahlt das in die Familie aus", meint der Landrat. Da überstehe eine Partnerschaft auch mal schwierige Zeiten. Ein weiterer Hinweis, dass er Recht haben könnte: Im Jahr 2011 war die Geburtenrate mit durchschnittlich 1,53 Kindern pro Frau im Kreis Rottweil sowie in Biberach landesweit spitze. Auch das könnte den Lebensumständen geschuldet sein. Die Menschen, meint Michel, seien überall gleich. Nicht aber die Zukunftschancen.

Der Landkreis Freudenstadt liegt mit 82 Scheidungen je 10 000 bestehenden Ehen ebenfalls weit unter dem Landesdurchnitt. Ist es der schöne Schwarzwald mit seiner guten Luft? Sind die ländliche Struktur oder die niedrige Arbeitslosigkeit dafür verantwortlich, dass Ehen hier länger intakt bleiben als in anderen Gebieten? Scheidungsanwältin Jutta Schätter, die sich ausschließlich mit dem Familienrecht beschäftigt, war sogar überrascht über die Zahl. "Ich finde, dass es eher viele Scheidungen sind", so ihr Eindruck. Sie hätte geschätzt, dass die Scheidungsrate im Kreis Freudenstadt nicht niedriger ist als anderswo. Axel Benz, Direktor des Amtsgerichts Freudenstadt, und seine beiden Familienrichter können sich die relativ niedrige Zahl auch nicht erklären. Vielleicht liege es daran, dass im ländlichen Raum nicht gleich alle Paare, bei denen es in der Ehe kriselt, zum Scheidungsrichter gehen, vermutet er.

Frauen trennen sich öfter vom Partner

Mit 81 Scheidungen je 10.000 Ehen liegt der Ortenaukreis noch etwas besser als Freudenstadt: Dort haben sich im vergangenen Jahr 799 Ehepaare scheiden lassen. Damit hat der Landkreis die fünftgeringste Scheidungsrate in Baden-Württemberg. Die Zahl der Scheidungen ist im Vergleich zu 2011 gesunken. Damals sind es 832 Ehepaare gewesen. Ob diese Abwärtstrend anhält, ist schwer zu beurteilen. Bereits 2009 sind es 742 Paare gewesen, die scheiden ließen. Die Zahl stieg dann innerhalb eines Jahres auf 803.

Der Zollernalbkreis lag mit 89 Scheidungen je 10 000 bestehenden Ehen in den vergangenen vier Jahren immer noch etwas unter dem Landesdurchschnitt von 94.

Am Sprichwort, dass viele Ehen ausgerechnet "im verflixten siebten Jahr" in die Brüche gehen, scheint indes etwas Wahres dran zu sein. Zumindest sprechen die Zahlen dafür: 1164 von den 22 226 im vergangenen Jahr geschiedenen Paaren blickten laut den Statistikern auf sieben gemeinsame Ehejahre zurück, dicht gefolgt von Eheleuten, die acht (1150), neun (1115) und sechs (1053) Jahre verheiratet waren.

Im Durchschnitt hielt die Ehe rund 15 Jahre; immerhin zwölf Paare konnten bereits auf ihre "Goldene Hochzeit" zurückblicken. Nach wie vor beantragen Frauen außerdem häufiger die Scheidung als Männer; im Jahr 2012 war das zu 52 Prozent der Fall.