Um das Gebäude rechts im Bild ging es bei der gestrigen Verhandlung des Verwaltungsgerichtes. Foto: Bieger Foto: Schwarzwälder-Bote

Gericht: Bürger und Gemeinde Starzach können sich nicht einigen / Urteil am Freitag

Starzach. Gestern früh tagte zum wiederholten Male der dritte Senat des Verwaltungsgerichts Mannheim, einer Kammer des höchste Verwaltungsgerichtshofs des Landes Baden-Württemberg, im Starzacher Rathaus.

Die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit erstreckt sich fast ausschließlich auf Streitigkeiten, die sich auf das Verhältnis des Bürgers zum Staat beziehen, soweit dieser gegenüber dem Bürger als Träger hoheitlicher Gewalt handelt. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten, für die das Verwaltungsgericht zuständig ist, findet man beispielsweise im Baurecht. So auch in diesem Fall. Wieder ging es um die Frage, ob der Bebauungsplan Stock-Berg in Bierlingen in seiner jetzigen Form Gültigkeit hat oder nicht.

Geklagt haben gegen diesen Bebauungsplan ein Handwerker-Ehepaar, das sich durch seinen Sohn und dessen Frau vertreten ließ.

Im Kern der Auseinandersetzung geht es darum, dass dieser Bebauungsplan, den man im Jahr 2004 auf die Reise durch die Instanzen schickte, vorsieht, dass man das besagte Gebiet als Mischgebiet ausweist, das sowohl neben einem allgemeinen Wohngebiet auch ein Mischgebiet zur Unterbringung und Ansiedlung von nicht störenden Handwerksbetrieben ausweist.

Das Baugebiet liegt nördlich des Bierlinger Ortskernes zwischen der Bahnhofstraße (sie führt nach Börstingen) und der Straße "Im Ganser". Nach Verabschiedung durch den Gemeinderat und nach den öffentlichen Auslegungen wurde der Bebauungsplan 2007 rechtsverbindlich.

"Den Passus mit dem Mischgebiet haben wir extra in den Bebauungsplan mit reingenommen, um den Betrieb, dessen Inhaber jetzt gegen die Gemeinde klagt, in seinem Bestand zu schützen", betonte Bürgermeister Thomas Noé im Laufe der Verhandlung immer wieder.

"Das passt aber nicht zu dem, was die Gemeinde in diesem Baugebiet vor hat", so Wolfgang Rieger, der dem fünfköpfigen Senat vorstand. Er verwies darauf, dass ein Handwerksbetrieb in dieser Ausprägung in einem Mischgebiet eigentlich unzulässig wäre: "Hier braucht es ein Gewerbegebiet."

Betrieb seit 60 Jahren an Ort und Stelle

"Deshalb planen wir ja in der Zwischenzeit auch anders", so der Rechtsanwalt der Gemeinde. Trotzdem klagen die Besitzer aufgrund der hohen Auflagen, was sowohl Emissionen als auch Lärm anbelangt.

Es handelt sich bei diesem Betrieb um ein holzverarbeitendes Gewerbe, das es seit gut 60 Jahren an dieser Stelle gibt, wie die Kläger ausführten. Die Behauptung von Noé, dass der Betrieb gar nicht mehr wirklich existiere, ließ man von Klägerseite nicht gelten. Vom Richter befragt, welche Maschinen vorhanden wären, gab der Kläger jedoch nur zögerlich Auskunft. Als Rieger nachfasste, zählte der Sohn auf, was in einer Schreinerei so alles zu finden ist.

Über eine Stuttgarter Anwaltskanzlei ließ der Kläger 2007 gegen den Bebauungsplan Klage erheben. Im Wesentlichen wurde von der Klägerseite gerügt, dass man bei der Abwägung der gegebenen Verhältnisse ihre Belange nicht ausreichend berücksichtigt habe. Als Noé anmerkte, dass er überhaupt nicht mehr davon überzeugt sei, dass im Betrieb des Klägers noch gearbeitet werde und höchstwahrscheinlich auch keine fünf Mitarbeiter beschäftigt seien, wurde es emotional.

Obwohl vom Senat vorgeschlagen wurde, dass man einfach losmarschieren könne, um den Betrieb zu besichtigen und von Klägerseite darauf hingewiesen wurde, dass die Maschinen und Werkzeuge keine Füße bekommen hätten und noch immer da seien und benutzt würden, kam dieser Vor-Ort-Termin nach einer Beratungspause des Gerichts nicht zum Tragen.

Die Kammer zeigte sich davon überzeugt, dass es den Betrieb gibt und selbst wenn er derzeit nur in eingeschränkter Fassung genutzt werde, könne man ihn jederzeit von der Kapazität wieder hochfahren.

Obwohl es ein paar juristischen Feinheiten zu berücksichtigen galt, kam die Kammer zu der Überzeugung, dass die Rügen als wirksam zu erachten wären.

Da keine gütliche Einigung möglich ist, da bereits einige Versuche – darunter auch mehrere Angebote des Grundstückstausches – im Vorfeld kläglich gescheitert sind, die Emotionen auch gestern fast greifbar waren, blieb dem Gericht nichts anderes übrig, als festzulegen, dass man diesen Vorgang nun höchstrichterlich entscheiden wird. Die Klägerseite möchte, dass der Bebauungsplan in seiner Gesamtheit als nichtig erklärt wird, die Gemeinde könnte sich höchstens auf eine Teilnichtigkeit einlassen.

Am Freitag, 30. Juni, soll das Urteil am Amtssitz Mannheim gesprochen werden.