Behinderten-Parkplätze stehen oft leer, weil die Hürden sehr hoch sind, eine Parkerlaubnis zu bekommen. Foto: Vaas

Viele Krankheiten allein reichen nicht aus. Gesetzgeber setzt Messlatte sehr hoch an.

St. Georgen - Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typische Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. So heißt es im Gesetzt. Doch die Messlatte ist sehr hoch.

Ein Bergstädter der älteren Generation kämpft für einen Behindertenausweis mit Parkberechtigung auf einem Behindertenparkplatz. Seine Frau ist jenseits der 80 und seit mindestens 20 Jahren schwer gesundheitlich angeschlagen. Ihr Zustand hat sich dabei immer weiter verschlechtert. Eine Herzerkrankung, Gicht und arterieller Verschluss an beiden Beinen gehören unter anderem zu ihren Leiden. Krankenhausaufenthalte und Operationen häuften sich gerade in jüngster Zeit. Nur mit starken Schmerzmitteln ist die Frau überhaupt in der Lage, sich wenige Schritte zu bewegen.

Vor fast einem Jahr stellte sie den Antrag auf den Behindertenausweis mit Parkerlaubnis. Die Meinung des Hausarztes, Krankenhausberichte und anderes mehr sollten diesen untermauern. Mehrmals wurde nach Aufenthalten im Schwarzwald-Baar-Klinikum "nachgebessert" mit weiterem "Beweismaterial".

Das reichte dem Versorgungsamt aber nicht aus. Es liege kein aktueller kardiologischer Bericht vor. Deshalb sei ein Facharztbericht erforderlich. Das Herzleiden fand gar keine Erwähnung.

Der Mann wollte seiner Frau die Facharztbesuche ersparen, reichte weitere Unterlagen und zusätzliche Erklärungen nach. Durch den ärztlichen Dienst erfolgte eine erneute Bewertung. Dieser befand, die Versuche zur weiteren Sachaufklärung seien nicht zielführend gewesen. Nur eine "Einstellung ins Amt" bliebe noch übrig. Der Grad der Behinderung wurde auf 30 festgesetzt.

Es gab einen Widerspruch, in dem vor allem auf die Herzerkrankung hinwiesen wurde. Darauf hin erfolgte eine "Aufbesserung". Nur brachte der jetzt festgelegte Grad 50 das Ehepaar ebenfalls längst nicht zum Ziel. Einen erneuten Widerspruch schmetterte das Landesversorgungsamt beim Regierungspräsidium Stuttgart mit der Zitierung des Gesetzestextes ab. Ein weiteres Schreiben in die Landeshauptstadt mit ausführlichen Erläuterungen brachte die Senioren ebenfalls nicht weiter.

Jetzt möchte das Ehepaar vor dem Sozialgericht weiterkämpfen, weil es sich vom Versorgungsamt kein Verständnis mehr erhofft. Nur mit der Erlaubnis, einen Behindertenparkplatz zu nutzen, sieht es eine Chance, überhaupt noch wenigstens etwas am öffentlichen Leben teilhaben zu können.

Nicht ohne Verbitterung sagt der Mann: "Weiß man überhaupt noch, wer das Geld und unser Ansehen in der Welt erarbeitet hat? Die Menschen heute im fortgeschrittenen Alter stemmten den Aufbau aus Schutt und Asche nach dem Krieg. Sie machten damit aus Deutschland das, was es heute ist. Vielen von ihnen flogen in ihrer Jugend Granaten um die Ohren. Ihre Disco waren muffige Schutzkeller. Zusammengepfercht wie die Heringe verbrachten sie Tage und Nächte darin. Danach folgte Hunger, Elend und die Angst vor den Besatzern. Und jetzt am Ende ihres Lebens sollen sie sich buchstäblich noch gängeln lassen." Resignieren will er aber nicht.