Gut besucht war die Eröffnungsveranstaltung der Schweitzer-Tage. Foto: Hübner Foto: Schwarzwälder-Bote

Veranstaltung: Philosophische Gedanken zum Auftakt der Albert-Schweitzer-Tage / Flüchtlingsproblematik

Um ethisches Handeln und die Verantwortung des Einzelnen ging es bei der Eröffnung der Albert-Schweitzer-Tage. Werner Zager erörterte die Frage "Was sollen wir tun?"

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Königsfeld. Ausgangspunkt für das Programm waren die Flüchtlingsproblematik und die Frage, ob sie etwas mit uns zu tun hat, so Knut Schröter, der mit Renate und Dietrich Siebörger die Veranstaltung organisiert hatte.

Laut Bürgermeister Fritz Link zeigt Schweitzers theologisches und philosophisches Denken Handlungsansätze zur Lösung aktueller Probleme. Flüchtlings- oder Finanzkrise seien auch durch Wohlstandsgefälle ausgelöst. Ohne globale Verteilungsgerechtigkeit gebe es keinen Frieden. Nötig sei die ethische Auseinandersetzung mit dem Unersättlichkeitstheorem der Wirtschaftswissenschaft. Besitz heiße soziale Verantwortung.

Schweitzers Idee sei die des eigenen Engagements. Keine konkreten Lösungen zu sehen beinhalte die Gefahr, sich zurückzulehnen und nichts zu tun. Schweitzer fordere, nicht gleich die ganze Welt zu ändern, sondern dort etwas zu tun wo man sei, so Link.

Schweitzers Predigten gäben kein Patentrezept, aber Anstöße zum eigenen Weiterdenken, so Zager. So genüge es nicht, Rechtspopulismus zu verurteilen. Es brauche eine konstruktive Auseinandersetzung. Nur wenn man Sorgen und Ängste ernst nehme gebe es Wege in die Zukunft.

Laut Schweitzer fehle es oft an in Vernunft begründeter Sittlichkeit. Vernunft und Herz müssten zusammenwirken. Nur Verantwortungsethik bringe tragfähige Lösungen.

Ziel ist die Aufhebung des Fremdseins

Bei Schweitzer beruhe das Sittliche auf Liebe, auch gegenüber Unbekannten. Jesus fordere, das Fremdsein aufzuheben. Wer Verantwortung auf Familie, Freunde oder Nation beschränke könne sich nicht auf christliche Werte berufen. Vernunft zeige, wie innerlich verwandt alles mit allem sei, was zur Aufhebung des Fremdseins führe.

Grundlegend sei die Fähigkeit des Mitempfindens und -leidens. Erwachsene hielten oft fern, was die eigene Idylle störe. Schweitzer rufe auf, wach zu bleiben. Jugendlicher Idealismus solle nicht von Resignation und Angst erstickt werden.

Humanität sei keine verhandelbare Größe. Es sei ein schwerer Fehler, Unmenschliches zu übersehen um angeblich höhere Ziele zu erreichen. Völliges sich-ausleben gehe immer zu Lasten Anderer. Praktiziertes Recht des Stärkeren habe noch nie zu höherer geistiger Entwicklung geführt.

Man müsse kämpfen um innerlich frei von irdischen Gütern zu sein. Globalisierung treibe die soziale Schere immer weiter auseinander und die deutsche Politik lasse keine Korrektur erkennen, obwohl laut Grundgesetz Eigentum verpflichte. Dabei sei die Gesellschaft Herr des Besitzes und habe das Recht, ihn einzuschränken. So solle zum Beispiel die Vererbung von Besitz viel stärker besteuert werden. Auch zunehmende Leiharbeit prangerte Zager an.

Ausgleich zwischen Arm und Reich gefordert

Nötig sei der Ausgleich zwischen Arm und Reich auch zwischen Nationen. Beschämend sei, dass Regierungen Zahlungsversprechen oft nicht einhielten. Spenden seien wichtig, entbänden aber nicht vom persönlichen Dienst gegenüber dem Nächsten. Man müsse sich also um Flüchtlinge kümmern und ihnen als Menschen begegnen, die Gutes tun wollen.

Entscheidend sei, bei der Ehrfurcht vor dem Leben auch Tiere einzubeziehen. Zager verwies auf Mastanlagen und industrialisierte Produktion.

Die Notwendigkeit der Tötung von Tieren sei zu prüfen und habe auf die schonendste Art zu erfolgen. Die Politik müsse inhabergeführte, kleinteilige Landwirtschaft fördern. Beim Geld höre die Tierliebe aber oft auf.

Verknüpfung von Kultur- und Nationalstaat

Schweitzer fordere eine Verknüpfung von Kultur- und Nationalstaat. Politik habe die Aufgabe, ein Leben zu ermöglichen in dem sich der Mensch als Mensch verwirklichen könne.

Der Staat gebe den Rahmen vor, die Verwirklichung sei Aufgabe des Einzelnen. Auch sei Humanitätsgesinnung die einzige Gewissheit, dass man Macht nicht zur Vernichtung anderer nutze. Es gehe um den Aufruf, vor Gewalt nicht die Augen zu verschließen.