Peter Zell und Gaby Hauptmann begrüßen Gäste im Forum am Bahnhof zu einer Fotoausstellung mit Motiven des türkischen Alltags. Foto: Hübner Foto: Schwarzwälder-Bote

Vernissage: Peter Zell präsentiert mit "Tee bei Ahmet" Fotos im Forum Am Bahnhof / Frauen kaum präsent

Einen privaten Blick auf das türkische Alltagsleben gewährt derzeit der aus Allensbach stammende Peter Zell mit seiner Fotoausstellung im Forum Am Bahnhof (FAB).

St. Georgen. Die Bestsellerautorin Gaby Hauptmann las zur Vernissage aus Zells Fotobuch. Das Forum am Bahnhof bieten Raum für lokale Künstler, so Gastgeberin Susanne Wisser. Die Ausstellungen seien ein Gegenpol zur präsentierten Technik.

Auf der Hippieroute nach Afghanistan gereist

Zell sei ein faszinierender Koch, der unglaublich tolle Reisen mache. Sie habe schon manches Mal gebannt zugehört, wenn er davon erzählte. Er sei kein Tourist, sondern wolle Länder und Menschen in ihren Gegebenheiten kennenlernen.

"Warum in diesen Zeiten eine Ausstellung über die Türkei", fragte Zell. "Genau deswegen", so seine Antwort. Seine Liebe zur Türkei habe 1972 auf der Hippieroute nach Afghanistan begonnen. Die Türkei sei sein Lieblings-Reiseland geworden. Der Menschen, der Kultur, der Weite des Landes und des guten Essens wegen. Der Titel der Ausstellung "Tee bei Ahmet" sei Synonym für die türkische Gastfreundschaft.

Der Bildband zeige Fotos, die vor 16 Jahren in Anatolien entstanden und das Leben hinter den Urlaubsküsten zeigten. Nicht konservierend, sondern dokumentierend, nicht die Rückständigkeit der Türkei, sondern ihren authentischen Teil, der dem Tourist verborgen bleibe. Er spare die Härte und Einfachheit des Lebens nicht aus. Wohltuend seien das Zusammenleben der Generationen und die solidarische Gemeinschaft von Familien und Frauen. Dieses Bündnis sei aber brüchig geworden.

Die Türkei habe sich dank der nach Westen orientierten Politik zu einem modernen Staat entwickelt. Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit stünden aber inzwischen auf dem Spiel. Das spüre ein Tourist so gut wie nicht. Man werde freudig willkommen geheißen und zuvorkommend empfangen. Er könne nur zum Urlaub in der Türkei ermutigen. Das Land sei ein Traum. Größte Verlierer seien derzeit kleine Hoteliers, ihre Zulieferer, Handwerker und Bauern.

Die Fotos seien eine Liebeserklärung an eine Kulturlandschaft die noch nicht von der Moderne verschluckt sei, die es so vielleicht aber bald nicht mehr gebe. Aus täglichen kleinen Erlebnissen seien Freundschaften und Gespräche entstanden. Deshalb seien türkische Weisheiten Teil der Ausstellung.

Hauptmann las einen Text aus Zells Fotobuch mit dem Titel "Dem Schicksal einen Tag klauen" vor. Beschrieben wurde der Alltag in einem Teehaus. Das sei Vermittlungsbüro und Nachrichtenbörse und unverzichtbare Einrichtung für türkische Männer. Diese Tradition habe schon im 16. Jahrhundert begonnen. Kennzeichnend sei die völlige Abwesenheit von Frauen. Die träfen sich in einem Teegarten oder einer Bäckerei. Männer seien dort allein oft unerwünscht.

Üblich für die Türkei seien sonntägliche, lautstarke Picknicks mit "Kind, Kegel und Nachbarn". Für Belustigung sorgte ein kurzer Text bei dem, zum Verdruss von Zells Ehefrau Heidi, ein romantischer Sonnenuntergang zu einer Fotosession mutierte.

Die Fotos sind voraussichtlich bis Juni 2018 im Forum am Bahnhof zu sehen.