Fotos: Wolfgang Günzel Foto: Schwarzwälder-Bote

Künstler der Gegenwart stehen in St. Georgen hoch im Kurs

In diesem Jahr feiert der Kunstraum Grässlin sein zehnjähriges Bestehen. Aus diesem Anlass zeigt die Stiftung Grässlin eine große Überblicksausstellung zum Thema Malerei mit Werken aus den 1980er-Jahren bis in die Gegenwart.

St. Georgen. Den Auftakt bilden im Kunstraum Grässlin die Arbeiten des österreichischen Künstlers Heimo Zobernig, der mit zahlreichen Werken aus allen Schaffensperioden in der Sammlung Grässlin vertreten ist. Bekannt geworden ist er für seine Arbeitsweise, die sich frei zwischen Malerei, Skulptur, Film und Performancekunst bewegt und dabei die Bedeutung der avantgardistischen Bewegungen immer wieder in den Blick nimmt. In seinen Arbeiten befragt er sowohl die Skulptur der Minimal Art als auch die abstrakte Malerei neu und schafft architektonische Interventionen, die sich auf spezifische Weise mit dem jeweiligen Ort auseinandersetzen und dabei die Relationen zwischen den Objekten sowie zwischen Objekt und Betrachter genauestens austarieren.

Im Kunstraum ist die Installation des Café Trabant zu sehen, die Weiterentwicklung ein des räumlichen Eingriffs, den Zobernig 1994 mit wenigen Mitteln in einer Wiener Künstlerbar vorgenommen hatte. Der an die eigentliche Bar anschließende Galerieraum wurde damals mit Hilfe einfachsten Mobiliars zu einer Verlängerung des Barraums umgestaltet. Im Kunstraum steht die Konstruktion losgelöst von ihrer ursprünglichen Umgebung und muss sich neu positionieren, indem sie sich formal zu den weißen Wänden des umgebenden Raums in Beziehung setzt und diese so zu ihrem Selbstverständnis als Bestandteile des White Cube befragt.

Bei den drei neuen Gemälden ohne Titel nimmt Zobernig sowohl auf die konkrete Kunst als auch die konkrete Poesie Bezug, indem er die chemische Zusammensetzung der verwendeten Farbe auf die Leinwand schreibt und zugleich übermalt, so dass sie im eigentlichen und im verweisenden Sinne sichtbar wird. Die Wahl der Interferenz-Acrylfarbe, einer Effektfarbe, die dank der Glimmerpigmente einen changierenden Effekt besitzt und die Farben je nach Perspektive in einem anderen Licht erscheinen lässt, wirkt irritierend auf den Betrachter, so dass ihm die Bilder immer wieder zu entgleiten scheinen.

In den über St. Georgen verteilten Räumen für Kunst sind unter dem Titel "Wie love Paintings" ausgewählte malerische Positionen aus der Sammlung zu sehen. Mit Werken von Werner Büttner, Günther Förg, Georg Herold, Martin Kippenberger, Albert Oehlen und weiteren Künstlern haben die 1980er-Jahre in dem ehemaligen Industriegebäude in der Bahnhofstraße 64 a einen großen Auftritt. Damals hat nicht nur die figurative Malerei eine Wiederbelebung erfahren, sondern auch eine Phase der Neuorientierung in der Ausrichtung der Sammlung Grässlin stattgefunden.

Nach dem die Sammlung der Eltern Anna und Dieter Grässlin Ende der 1970er-Jahre mit wenigen Schlüsselwerken vervollständigt worden war, begannen die vier Geschwister Bärbel, Thomas, Sabine und Karola junge Künstler ihrer eigenen Generation zu entdecken und anzukaufen. Das großformatige Gemälde von Georg Baselitz im Schaufenster in der Bahnhofstraße 64 a fungiert wie eine Klammer zwischen der frühen Sammlung der Eltern und der heutigen Sammlung Grässlin.

Jüngere Positionen sind mit Cosima von Bonin im Rathaus oder mit Stefan Müller im Wohnhaus von Anna Grässlin vertreten. Während Cosima von Bonin mit dem Einsatz ihrer Stoffbilder den Malereibegriff hinterfragt, indem sie den klassischen Bildträger Stoff zur Bildoberfläche macht und in ihren Multiples Low und High Culture spielerisch miteinander vermengt, konzentriert sich Stefan Müller auf das klassische Tafelbild. Die in den letzten zehn Jahren entstandenen Bilder setzen die Leinwand als Träger malerischer wie zufälliger Gebrauchsspuren ein und erzeugen so eine poetische Wirkkraft des Ephemeren. Ein Gang vorbei an den Schaufenstern mit Arbeiten von Helmut Dorner, Imi Knoebel, Michael Krebber oder Kalin Lindena macht deutlich, dass die zeitgenössische Malerei noch immer an den klassischen Fragen wie denen nach Abstraktion und Gegenständlichkeit interessiert ist, sie gleichwohl um narrative und konzeptuelle Aspekte erweitert.

Die Sammlung Grässlin in kann nach Vereinbarung besichtigt werden. Ein geführter Rundgang beinhaltet sowohl den Besuch des Kunstraums Grässlin als auch der Räume für Kunst. In der Ausstellung vertretene Künstler sind unter anderem: Georg Baselitz, Henning Bohl, Cosima von Bonin, Herbert Brandl, Werner Büttner, Helmut Dorner, Günther Förg, Poul Gernes, Georg Herold, Sergej Jensen, Martin Kippenberger und Tobias Rehberger, Andreas Slominski, Jan Timme, Joseph Zehrer und Heimo Zobernig.

Das Programm am 19. März sieht folgendes vor: Der Kunstraum ist zwischen 12 und 18 Uhr geöffnet. Um 13 und 14 Uhr starten Rundgänge durch die Räume für Kunst. Das Restaurant Kippys serviert zwischen 12 und 18 Uhr kleine Snacks, Getränke sowie Kaffee & Kuchen. Kontakt: Sammlung Grässlin, Museumstraße 2, 78112 St. Georgen. Telefon 07724 / 916 1805, per E-Mail info@sammlung-graesslin.eu und www.sammlung- grässlin.de