Kai-Uwe Kühn spricht über psychische Erkrankungen. Foto: Hübner Foto: Schwarzwälder-Bote

Bei der Gesundheitswoche geht es um psychische Erkrankungen im Alter und Nebenwirkungen der Medikamente

Von Stephan Hübner

St. Georgen. Kai-Uwe Kühn, Chefarzt für Gerontopsychiatrie am Vinzenz von Paul Hospital in Rottweil, sprach zur Gesundheitswoche über psychische Erkrankung im Alter.

Dabei gehe es nicht um Demenz, die bei Weitem nicht die führende Erkrankung sei. Die meisten der 600 000 in Deutschland mit Opiaten behandelten Menschen seien über 60, würden "in einen ungesunden Schlaf geprügelt". 2014 habe es 11 500 Suizide gegeben, der Großteil von alten Männern ohne Arbeit und ohne Frau. Alterssuizide nähmen ständig zu, deren Hauptursache sei Depression. Männer gingen aber kaum zum Psychiater, sondern zum Hausarzt. Der finde häufig keine Ursache, da oft nur rein körperliche Beschwerden angeben würden.

Wie Depression zu behandeln ist

Depression auslösen könnten Medikamente, neurologische, hormonelle und kardiologische Ursachen sowie Krankheiten wie Krebs oder Diabetes. Menschen mit zusätzlicher Herzerkrankung stürben viel häufiger. Es gebe klare Zusammenhänge des erhöhten Stresshormons Cortisol und Depression. Auch sei es grob fahrlässig, sich nicht um gleichzeitig vorhandene übrige Krankheiten zu kümmern. Leitlinien zur Behandlung der Depression gebe es nur wenige. Streng genommen gebe es nur zwei Medikamente, die als Antidepressiva für über 60-Jährige zugelassen seien. Auch liege die Halbwertszeit von zum Beispiel Valium bei älteren Menschen bei bis zu 100 Stunden, gegenüber zwölf Stunden bei Jüngeren. Zudem dürften Antidepressiva oft nicht bei Herzerkrankungen gegeben werden.

Dieter Riemann vom Schlaflabor der Uniklinik Freiburg sprach über Schlaflosigkeit. Schlaf folge Gesetzmäßigkeiten, Tiefschlaf sei am erholsamsten. Schlaf vor Mitternacht sei der beste, bei Spättypen verschiebe sich das aber nach hinten.

Gegen Mittagsschlaf nichts einzuwenden

Mittags müde zu werden sei eine natürliche Tendenz. Gegen Mittagsschlaf spreche nichts, aber die Gesellschaft sei darauf nicht eingestellt. Ältere Menschen schliefen samt Mittagsschlaf oft noch sieben bis acht Stunden, der Tiefschlaf nehme aber ab. Nachgewiesen sei ein Zusammenhang zwischen Übergewicht und weniger Schlaf. Schlechter Schlaf begünstige Depression.

Ruhelose Beine seien nicht mit Entspannungsübungen zu beheben, nur mit Medikamenten. Schlafapnoe, der Verschluss der Luftröhre und Atemstillstand für bis zu 30 Sekunden, führe zu nicht erholsamem Schlaf. Ersticken sei aber extrem selten. Helfen könne die Beatmung über eine Maske. Alkohol könne den Schlaf stören und Schnarchen verstärken.

Kein Medikament bringe physiologisch normalen Schlaf. Valium-Abkömmlinge wirkten anfangs super, böten aber viel Suchtpotenzial, brächten aber chronisch nichts mehr und könnten nach drei bis vier Monaten zu Demenzsymptomen führen.

Bei Schlafstörungen müsse geklärt werden, ob der Patient tagsüber schlafe. Wichtig sei ein Schlafprotokoll. Riemann riet zum Wachbleiben bis 23 Uhr, um den Schlafdruck zu erhöhen. Es gebe kein besseres Mittel gegen Müdigkeit. Er warnte davor, auf die Uhr zu schauen. Das sei ein Faktor, um die Störung chronisch zu machen. Nicht abschalten zu können sei häufig ein wichtiger Punkt. Man solle nicht mit Tempo 180 auf den Schlaf zugehen.

Riemann warnte vor schweren Abend-Mahlzeiten. Er riet zu regelmäßiger körperlicher Aktivität, angenehmer Atmosphäre im Schlafzimmer, Einschlafritualen, autogenem Training oder Yoga sowie dazu, morgens regelmäßig zur gleichen Zeit aufzustehen. Das Bett solle nur zum Schlafen genutzt, die Bettzeit verkürzt werden.

Fritz Wassmer vom DRK sprach über die Gefahr, bei Bewusstlosigkeit zu ersticken. Mit dem Erschlaffen der Muskeln könne sich der Ringmuskel am Mageneingang öffnen, Erbrochenes in die Kehle gelangen. Zum Ersticken führen können das Zurückfallen des Zungengrunds. Deshalb müsse der Patient in die stabile Seitenlage gebracht und der Kopf in den Nacken gelegt werden, damit Erbrochenes abfließen könne und die Zunge wieder in die richtige Position falle. Auch im Sommer müsse der Patient zugedeckt werden da er sonst viel Wärme verliere.

Neue Entwicklungen bei Knieendoprothetik

Heute, Freitag, geht es um "Osteoporose – Diagnostik und Therapie" mit Michael Zimmerer, Orthopäde und Unfallchirurg. Über "Gonarthrose – Diagnostik, Therapie und neue Entwicklungen im Bereich der Knieendoprothetik" informieren Micael Lopes, Orthopäde und Unfallchirurg, sowie Physiotherapeut Daniel Tillack.

"Musik als Medizin" gibt es abschließend rezeptfrei am Sonntag um 17 Uhr in der Stadthalle. Der Eintritt ist frei,