Herbert Blümel feiert am heutigen Dienstag in Villingen seinen 90. Geburtstag. Foto: Vaas Foto: Schwarzwälder-Bote

Menschen: Herbert Blümel blickt heute in Villingen auf 90 Lebensjahre / Handicap durch Hüftoperation

"Ich war verwundet, Kriegsgefangener, heimatlos und bis heute dankbar, so ein Leben führen zu dürfen", blickt Hebert Blümel zurück. Er wird heute 90 Jahre alt und wohnt seit Jahrzehnten in Villingen. Täglich ist aber die Bergstadt ein Thema für ihn, war er hier doch 30 Jahre lang Hauptsamtleiter im Rathaus.

St. Georgen/Villingen. Als der 18-jährige Herbert im Jahr 1945 nach Villingen kam, schien alles so aussichtslos. In Niederschlesien geboren, absolvierte er nach der Schule eine Verwaltungsausbildung beim Landkreis Glogau. Dem Arbeitsdienst im Jahr 1944 folgte die Luftwaffe. Den Segelflugschein hatte er bereits im Riesengebirge gemacht. Doch dann wurde er in der Eifel am linken Oberarm verwundet.

Mit 19 Jahren zum jüngsten Ratsschreiber im Rathaus ernannt

Ein Lazarettzug brachte ihn bis Villingen. Bei Kriegsende geriet er in französische Gefangenschaft. Wegen der Verwundung wurde er aber bald entlassen. Dies ersparte ihm die Arbeit in einem Kohlebergwerk in Frankreich. "Jetzt stand ich aber heimatlos auf der Straße", blickt er zurück. Erst zwei Jahre später fand er seine Eltern wieder.

Er sprach auf dem Landratsamt Villingen vor und schon bald fand sich eine Tätigkeit für ihn. In der damals selbstständigen Gemeinde Brigach war der Bürgermeister umgekommen und der Ratsschreiber lag am Sterben.

Es gab eigentlich nur noch den Rechner im Rathaus. Unterbauer Mathias Zuckschwerdt übernahm die Amtsgeschäfte und forderte beim Landratsamt eine Kraft an. So wurde Herbert Blümel als 19-Jähriger zum damals wohl jüngsten Ratsschreiber ernannt.

Sehr aufwendig war es, bis die Volljährigkeitserklärung geschafft war. Diese war erst mit 21 Jahren erreicht. Der junge Mann musste aber voll geschäftsfähig sein. Besonders dankbar waren nicht alle Aufgaben. Unter anderem war er für die Ablieferung von Vieh und Lebensmitteln an die Besatzungsmacht zuständig. Für Vertriebene und Flüchtlinge musste er Wohnraum beschlagnahmen und anderes mehr. Mit 20 Jahren traute er sein erstes Paar. Rund 1400 weitere sollten folgen.

Er selbst fand sein Glück ebenfalls in Brigach. Hier lernte er Emmi Henninger kennen, mit der er mittlerweile 61 Jahre verheiratet ist.

Irgendwann war nicht mehr genügend Arbeit in Brigach für den jungen Mann. Zum Überbrücken wurde er unter anderem Saalschreiber beim Plattenspielerhersteller PE in St. Georgen oder arbeitete in Gremmelsbach. Herbert Blümel besuchte zudem Aufbaukurse. Dabei fiel er einem Lehrbeauftragten auf, der ihn schließlich nach Villingen zur Stadtverwaltung holte. Elf Jahre lang kümmerte er sich fortan um das Finanzwesen beziehungsweise die öffentliche Ordnung.

1961 erfolgreich zum Hauptamtsleiter in St. Georgen beworben

Im Jahr 1961 war die Stelle des Hauptamtsleiters in St. Georgen ausgeschrieben. Er bewarb sich, wurde angenommen und blieb bis zu seiner Pensionierung.

Vor allem die Ereignisse um Bürgermeister Paul Leuchtenmacher waren nicht einfach. Dieser war zurückgetreten. Die folgenden Wahlen blieben ohne Sieger: Leuchtenmacher kandidierte daraufhin wieder und die Wähler hoben ihn erneut ins Amt. Als er schließlich endgültig auf sein Amt verzichtete, gab es mit Helmut Dahringer an der Spitze einige personellen Veränderungen.

Erst als Günther Lauffer im Jahr 1968 Bürgermeister wurde, kehrte Konstanz und Ruhe ein. Mittlerweile war die Familie mit zwei Mädchen und einem Jun gen aber längst nicht mehr aus Villingen wegzuverpflanzen. Blümel begann als Amtmann und kletterte die Beförderungsleiter bis zum Verwaltungsrat hoch. Unter dem Bürgermeister gab es den Chef des Bauamts (erst Hermann Fichter, dann Bodo Graf) sowie den Kämmerer (Fridolin Abberger, Willi Nohl und Karl Braun). Um den "Rest" kümmerte sich der Hauptamtsleiter.

"Ich bin dann 30 Jahre lang immer von Villingen nach St. Georgen gefahren", erinnert sich Herbert Blümel heute schmunzelnd.

Die Bergstadt entwickelte sich. Waren es bei Dienstantritt noch keine 7000 Einwohner, war im Jahr 1974 schon die 16 000er-Marke greifbar. Dann setzte allerdings ein Negativtrend in der Einwohnerstatistik ein. Allein das Personalwesen kümmerte sich in besten Zeiten um über 300 Beschäftigte (Rathaus einschließlich städtischem Krankenhaus, Schulen, Kindergärten und Bauhof).

Als Pensionär beriet Herbert Blümel nach der Wende zwei Jahre lang das sächsische Oschatz beim Aufbau der Verwaltung. 20 Jahre lang war er Kreisvorsitzender der Hauptamtsleiter im Landkreis Villingne und später im Schwarzwald-Baar-Kreis. Bis 2015 stand er dem Bund der Ruhestandsbeamten, Rentner und Hinterbliebenen vor.

Tageszeitung gehört zu den täglichen Lektüren des Pensionärs

Aufgrund einer Hüftoperation sowie eines gebrochenen Wirbels ist er derzeit Gehbehindert. Deshalb muss er auf Sport (außer Schwimmen) und Gartenarbeit verzichten. Er freut sich über zwei Enkelinnen. Die Tageszeitung gehört zu seinen Lektüren und er verfolgt besonders im Internet praktisch täglich, was so in St. Georgen passiert. "Ich lebe nach wie vor sehr gerne und möchte wieder auf die Beine kommen", nennt er sein wichtigstes Ziel.