Welches der beiden Bilder ist katholisch, welches evangelisch? Nach dem Vortrag von Tamara Engert kommt Klarheit auf. Foto: Kommert Foto: Schwarzwälder-Bote

Tamara Engert geht spannender Frage zur "Reformation und Kunst" nach / Antworten sind schwierig

St. Georgen (hjk). "Gottesbilder – Reformation und Bild" – diesem nicht immer ganz einfachen Thema stellt sich die Evangelische Erwachsenenbildung St. Georgen. Unter dem Unterthema "Reformation und Kunst" stellte Kunsthistorikerin Tamara Engert die Frage "Katholisch oder evangelisch – haben kirchliche Kunstwerke eine Konfession?".

Wer sich nicht intensiv mit der Materie befasst, ist bei der Frage nach konfessionellen Unterschieden aufgeschmissen. Zwei Bilder nebeneinander, eines ganz sicher katholisch, das andere evangelisch, wie die Kunstspezialistin feststellte– doch welches ist was?

Zunächst ging es um eine kleine Kirche südlich von Heilbronn – mit einer schmucken Kanzel, die von einer hölzernen Figur des Auferstandenen gekrönt wurde, im Rund der Kanzel Bilder der vier Evangelisten. Von der Prachtentfaltung könnte man auf "katholisch" schließen – diese waren mit erklärenden Texten in vier Sprachen versehen: Aramäisch, Griechisch, Latein – und Deutsch. "Luther war kein Gegner der Bilder, aber er wollte immer, dass sie sich erklären", betonte die Kunsthistorikerin. Für ihn seien Bilder Vermittler des göttlichen Wortes gewesen, der so genannte Bildersturm habe ihn entsetzt. Er habe tiefen Respekt vor der bildlichen Darstellung besessen.

Doch in der Reformation bekamen Bilder entweder eine andere Form oder Bedeutung – sie waren anschaulich, also "sprechend". Oder sie bekamen in der Regel einen erklärenden Text, was aber nicht unbedingt zielführend gewesen sei, da nur etwa zehn Prozent der Bevölkerung des Lesens kundig gewesen seien. Ein Bild, das Johannes 10 nacherzählt, spreche Bände: Hier sei die so genannte Werkgerechtigkeit zu erkennen, die Luther ablehnte, denn nach seinem Verständnis komme die Seligkeit allein durch den Glauben und durch Jesus Christus – und nicht durch gute Werke.

Dann zeigte die Referentin Holzstiche, die eindeutig der Reformation zuzuordnen sind: So genannte "Schlagbilder", bildliche Darstellungen von Schlagwörtern. Da der Buchdruck bereits erfunden war, befanden sie sich auf Flugblättern, waren eigentlich Schmähschriften und zeigten etwa Papst und Bischöfe, die sich nicht gerade als Gottes Kinder bewiesen. Immer wieder taucht dabei die Schafherde auf – und die Wölfe des Klerus.

Eindeutig zeigten die Werke der Reformationsmaler der Cranach-Familie ihre Zugehörigkeit zur reformierten Kirche: Jesus am Kreuz, dessen Blut direkt die Menschen trifft – im Gegensatz zu katholischen Bildern, bei denen das Blut Christi "auf Umwegen" zum Menschen kommt. Und dabei auch immer wieder die Gottesmutter, die als Himmelskönigin auftaucht – was bei Luther gar nicht ging. Sie sei zwar die Mutter Christi gewesen, doch aus der Gnade von Gott Vater heraus, ansonsten ein ganz normaler Mensch.

Am Ende kam die Auflösung der zu anfangs gestellten Frage: Das eher "katholisch" aussehende Bild war ein Ausschnitt eines Cranach-Bildes, bei dem das Blut Christi ausgerechnet den Maler (der sich selbst verewigt hatte) segnend traf, das zweite ein kirchliches katholisches Bild, in dem Christi Blut aufgefangen wird und auf Umwegen zum Abendmahlskelch gelangt.

Weitere Informationen: "Bildersturm und Bilderlosigkeit", das zweite Gebot, Pfarrerin Christine Kimmich, Donnerstag, 8. Oktober, 19.30 Uhr, im "Öku".