Für Günter Bartnik bedeutet es keinen großen Aufwand, das Moos von den Blumenkästen zu entfernen. Foto: Schwarzwälder-Bote

78-Jähriger ist als beinahe heimlich putzender Saubermann in der Stadt unterwegs / Immer Spachtel dabei

Von Dieter Vaas

St. Georgen. An Schmutz und Wildwuchs stört sich so mancher Passant. Abhilfe soll aber möglichst ein anderer oder die Stadtverwaltung schaffen. Es gibt aber auch Privatleute, die sich aktiv um eine schöne Innenstadt bemühen. Einer von ihnen ist Günter Bartnik, der fast schon heimlich unterwegs ist.

Seit 13 Jahren lebt Günter Bartnik (78) in St. Georgen. Zuvor leitete er in Plön in Schleswig-Holstein ein Ferienzentrum der Heilsarmee mit 200 Betten. Der gebürtige Berliner erlernte den Schreinerberuf, wechselte dann aber schon bald zur Heilsarmee, die ihn sehr stark geprägt hat, wie er rückblickend sagt. In den Schwarzwald kam er, weil seine Frau Waltraud, eine gebürtige Danzigerin, einer Freundin versprochen hatte, sie zu pflegen. Dies löste das Ehepaar ein, als es in den Ruhestand ging. Allerdings relativiert Günter Bartnik: "Ein Heilsarmee-Offizier geht niemals in Rente."

Bei seinem früheren Arbeitgeber sei nach vier, fünf Jahren ein Arbeitsplatzwechsel die Regel gewesen, um nicht "betriebsblind" zu werden. Dieses Problem habe er aber nie gehabt. Ihm fällt vieles auf, wo andere achtlos vorbei gehen, sagt er. Deshalb sah und sieht er auch das Moos, das ihn an Wänden und Blumentrögen rund um den Marktplatz störte. Er wandte sich an den Bürgermeister und stellte schnell fest: "Die Stadt kann sich nicht um alles kümmern." Ohnehin habe sich in jüngster Zeit einiges zum Positiven gewandelt. Er nennt als Beispiele spontan die Bahnhofstraße oder die Minigolfanlage.

"Wenn jeder das Moos vor seinem Haus wegmachen würde, wäre die Stadt viel sauberer", ist er sich sicher. Er habe überlegt, wie er selbst einen Beitrag leisten könnte. Über Nacht kam er auf die Idee, mit einem Spachtel loszuziehen und selbst zu putzen. Seither war er sporadisch unterwegs, ohne festen Zeitplan. "Den Spachtel habe ich immer dabei. Die Arbeit kannst du auch im Sonntagsanzug erledigen", stellte er fest.

Bei guter Witterung legt er immer los

In aller Regel wartete er gutes Wetter ab und legte los, wenn nicht all zu viel Leute mehr unterwegs waren. Ins Schwitzen geriet er dabei nicht. Immer wieder nahm er sich einen oder mehrere Blumenkästen vor und hinterließ deutliche Spuren.

"Eigentlich habe ich das ungefragt angefangen und später befürchtet, ich könnte Ärger wegen Verschmutzung der Innenstadt bekommen", wehrte er sich fast schon gegen einen Zeitungsbericht. Über eine Woche war er aktiv. Mittlerweile ist er fertig. Denn auch Grenzen hat er bei seinem Einsatz gefunden: "Bei der Einfahrt zur Tiefgarage und am Rathaus müsste ich auf eine Leiter steigen. Das mache ich nicht." Auch auf die Überdachung an der Bushaltestelle vor der Robert-Gerwig-Schule könne er nicht klettern. Außerdem wollte er nicht kehren. Das haben mittlerweile die Bauhofmitarbeiter weitgehend erledigt.

Jede Aktivität zur Verschönerung der Innenstadt ist ein Fortschritt. Bürgermeister Michael Rieger freut sich über private Initiativen. Er sieht noch viele "Baustellen", vor allem entlang der Bahnhofstraße: etwa die Fassade der Jugendmusikschule. Diese könnte dringend neue Farbe vertragen. Außerdem denkt Rieger an ein großes Wandgemälde, das auf diese besondere Einrichtung hinweisen könnte.

Allein es fehlt das Geld, um dieses Vorhaben in Auftrag zu geben. Bei Privatgebäuden kann er ohnehin nur appellieren, an Fassaden und Anwesen eine einladende, vorzeigbare Optik zu bewahren oder zu schaffen.