In der oberen Gerwigstraße hat der Verein für Heimatgeschichte mehrere Info-Tafeln aufgehängt. Fotos: Vaas Foto: Schwarzwälder-Bote

Heimatgeschichte: Seit 125 Jahren besteht das Stadtrecht / Antrag bei den Bürgern umstritten

Vor 125 Jahren verlieh Großherzog Friedrich I. von Baden der Gemeinde St. Georgen das Stadtrecht. Obwohl die Geschichte des Ortes mit der Klostergründung im Jahr 1084 weit zurück geht, war dies ein ganz besonderer Markstein. In der Bürgerschaft war im Vorfeld aber ein entsprechender Antrag umstritten.

St. Georgen. Zum Jubiläum "100 Jahre Stadterhebung St. Georgen – 1891 bis 1991" erschien unter Bürgermeister Günther Lauffer eine Festschrift. Demnach beschloss im Jahr 1891 der Bürgerausschuss mit 21 gegen 13 Stimmen, das Stadtrecht zu beantragen. Es gab damals 44 stimmberechtigte Mitglieder. Es bestanden die Befürchtungen, durch das Stadtrecht könnten höhere Anforderungen vor allem beim Wasser- und Straßenbauwesen sowie bei der Sicherung der öffentlichen Gesundheit und Reinlichkeit gestellt werden. Der einzelne Bürger müsse sich möglicherweise mehr beschränken als in der Landgemeinde. Deshalb wollte die Gemeindeverwaltung auch keine "Vernehmung" der Einwohner zum Antrag auf Stadterhebung, wie dies das Bezirksamt Villingen vorgeschlagen hatte. Das Bezirksamt und der Landeskommissär in Konstanz befürworteten den Antrag aber "aufs Wärmste".

St. Georgen galt zu dieser Zeit als "eine der am glücklichsten gedeihenden Industrieorte des badischen Schwarzwalds". Es hatte einen großen Aufschwung genommen. In den Jahr 1885 bis 1890 war die Gemeinde von 2394 auf 2600 Seelen gestiegen. Innerhalb von sieben Jahren gab es 70 Neubauten. Die Gemeinde plante einen Schulhaus-Neubau sowie ein neues Spital. Die Wasserversorgung wurde in dieser Zeit wesentlich verbessert. Wegen der Bautätigkeit und notwendiger neuer Straßen war zudem die Erstellung eines Ortsplans in Arbeit.

Elf Fabrikanlagen mit 582 Arbeitern

Es gab acht Handelsgeschäfte und 67 sonstige Gewerbebetriebe, elf Fabrikanlagen mit 582 Arbeitern und 16 Nebengeschäften für die Schwarzwälder Uhrenindustrie sowie eine mechanische Werkstätte. Das gesamte umlagepflichtige Steuerkapital in der Kommune betrug 3,13 Millionen Mark. Es fanden der Wochenmarkt sowie jedes Jahr fünf größere Märkte satt. Arzt und Apotheker waren ansässig. Im Jahr 1884 unterstrich eine Gewerbe- und Industrieausstellung in der extra erbauten Gewerbehalle die Bedeutung des Orts auf dem Berg.

Öfter kam es zu Verwechslungen mit der Landgemeinde St. Georgen bei Freiburg. Waren- oder Materiallieferungen sowie Postsendungen gingen an den falschen Ort. Geschäftsleute und Reisende suchten lieber Städte und nicht Dörfer für ihre Zwecke auf. Daraus entstanden für die Gemeinde Nachteile, obwohl sie bereits städtischen Charakter aufwies.

All dies wurde "unterthänigst" vorgetragen. Am Ende stand die Bitte: "Euere Königliche Hoheit wollen gnädigst auszusprechen geruhen, daß der Gemeinde St. Georgen (Amts Villingen) die Eigenschaft einer Stadt verliehen werde."

Die Erhebung zur Stadt erfolgte am 17. Dezember 1891 per Urkunde durch das Großherzogliche Staatsministerium. "Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben auf den unterthänigsten Vortrag des Ministeriums des Innern vom 4. Dezember gnädigst auszusprechen geruht, daß der Gemeinde St. Georgen die Eigenschaft einer Stadt verliehen werde," ist darauf zu lesen. Die Originalschrift befindet sich im Generallandesarchiv Karlsruhe.