Zum Abschluss gibt es eine Käseverköstigung. Foto: Hübner Foto: Schwarzwälder-Bote

Über alte Sorten und die Philosophie der Hofführung / Vom Kuhstall bis in den Käsekeller

Von Stephan Hübner

St. Georgen-Peterzell. Zu einer Hofbegehung hatte Hans-Hartwig Lützow vom Untermühlbachhof eingeladen. Eigentlich war die Aussaht von Getreide zusammen mit den Besuchern geplant. Allerdings war in diesem Jahr alles schon gedroschen, so dass es nichts mehr auszusäen gab. Stattdessen führte Lützow über den Hof, sprach über alte Getreidesorten und seine Philosophie der Hofführung.

Das Urgetreide Emmer werde von vielen Leuten besser vertragen als die heutigen Zuchtsorten. Die hätten sich in den letzten 50 Jahren stark verändert. Herausgezüchtet worden sei beispielsweise die Spindelbrüchigkeit, wobei von den reifen Ähren Stücke der Spindel abfallen. Diese Herauszüchtungen veränderten das ganze Getreide.

Ähnliches gebe es bei Kühen. Es scheine gesellschaftlich akzeptiert, die Hörner wegzuzüchten oder bei Kälbern auszubrennen. Bei hornlosen Kühen blähe sich die Stirnhöhle um das drei- bis vierfache auf. Bei der Abnahme des Horns rieche man den Panseninhalt. Lützows persönliche Schlussfolgerung ist, dass das Horn Teil des Verdauungssystems ist und den Gasstoffwechsel beeinflusst. Zudem sei die Knochenhaut stark durchblutet, so dass auch der Blutkreislauf beeinflusst werde.

Inzwischen sei anhand der Untersuchung von Eiweißsequenzen feststellbar, ob Milch von Kühen ohne Hörner komme. Er habe ein paar Kunden, die seine Milch vertragen, aber nicht die aus Bioläden. Da liege der Verdacht nahe, dass diese Höfe eine Ausnahmegenehmigung zum Abnehmen der Hörner hätten.

Lützow sprach auch über verschiedene Wahrnehmungsstufen und deren Ausformungen bei Pflanzen, Tieren und Menschen. Der Mensch gestalte und werde von seiner Umwelt gestaltet. Genau wie in der Quantentheorie der Beobachter immer Teil des Experiments sei.

Über eine geistige Wahrnehmung sprach Lützow in Bezug auf einen typischen Schwarzwaldhof. In dessen Konstruktion sei die menschliche Erfahrung mehrerer hundert Jahre eingeflossen.

Erste Station der Hofbesichtigung war der Kuhstall, der nach Lützows Empfinden nicht optimal ist. Die Herde habe sich ständig im Auge, die Individualdistanz einer Kuh werde ständig unterschritten. Dies führe zu Stress. Deshalb lasse er die Kühe so oft wie möglich nach draußen. Selbst im Winter machten es sich die Tiere auf dem Laufhof gemütlich und ließen sich einschneien. Bis minus fünf Grad sei für Kühe Wohlfühltemperatur, ab 20 Grad herrsche Wärmestress. Auch wenn es auf dem Untermühlbachhof keinen Anbindestall gibt, lehnt Lützow diesen nicht komplett ab. Er könne bei entsprechender Pflege artgerecht sein. Tiergerecht wiederum ist im eigenen Stall beispielsweise die Bodenneigung, weil so Kühe beim Liegen die Hierarchie der Herde abbilden können.

Die von Molkereien als Qualitätskriterium angeführte Keimzahl sei für den Hof irrelevant. Von den Rottekeimen könne man gar nicht zu viel haben. "Der Stall hat die Keimflora, die wir für Bergkäse brauchen, der bis zu einem Jahr im Keller lagert."

Zu Ertragssteigerungen geführt habe das Impfen des Humuses mit biologisch-dynamischen Präparaten. Dieser werde wegen des kargen Buntsandsteins benötigt. Eigentlich sei der Getreideanbau Luxus und nicht rentabel. Es sei aber eine Freude, das eigene Getreide zu sehen und daraus gebackenes Brot zu essen. Das trage zur Lebensqualität bei.

Eine Besonderheit auf dem Hof ist der Schweinestall, der aus Rundhölzern konstruiert ist. Er hat keine Dachschalung, die Dachpfannen sind in Bretter eingehängt, so dass sie nicht vom Sturm abgetragen werden. Die Schweine dienen als Molkevertilger. Laut Lützow sind Schweine extrovertiert, nehmen Sinnesreize gerne auf und brauchen Unterhaltung. Die älteste Sau auf dem Hof wurde 14 Jahre alt und gebar 250 Ferkel.

Zum Abschluss gab es einen Ausflug in den kühlen Käsekeller. Die Besucher durften danach auf der sonnenbeschienenen Veranda einen Bergkäse mit Koriander und Anis probieren.