Jürgen Kieninger (vorn, links) vor seinem Vortrag zum Thema "Fackelträger von Schloss Klaus". Daneben sitzt Bernd Wöhr. Es kommt ein erstaunlich viele Besucher ins evangelische Gemeindehausbegrüßen Foto: Kommert Foto: Schwarzwälder-Bote

Religion: Philosophische Rückschau von Jürgen Kieninger auf seine Berufung zu Christus / Missionsgemeinschaft sucht Nachwuchs

Zu einem besonderen Abend hatte die evangelische Allianz ins evangelische Gemeindehaus geladen: Jürgen Kieninger, ein Spross der St. Georgener Unternehmerfamilie, die eine Kunststoffspritzerei auf der Seebauernhöhe betreibt, berichtete aus seinem durchaus ungewöhnlichen Lebenslauf und seiner Berufung zu Christus.

St. Georgen. Moderiert wurde der Abend durch Hans-Dieter Papst und Bernd Wöhr, musikalisch begleitet durch eine Abordnung des Posaunenchors, der "Lieder spielt, die ich aus meiner Jugendzeit im Burschenkreis gesungen habe", so Kieninger, um gleich zu versichern: "Ich mag auch Techno".

Gut 100 Zuhörer lauschen dem Vortrag

So viel Zuspruch habe er gar nicht erwartet, gestand Papst angesichts von deutlich mehr als 100 Besuchern, viele davon Weggefährten des Vortragenden aus seinen christlichen Anfängen. Der schilderte seinen Werdegang von Beginn an, was ihn geprägt und zu dem geformt habe. Zunächst sei da die Familie gewesen, dann der evangelische Kindergarten am Roßberg, in dem die Diakonisse Schwester Emma ein zwar strenges, aber gerechtes Regime führte und die Kinder christliche Lieder singen ließ. Kindergottesdienste an der Rupertsbergschule sowie der damalige Pfarrer Wolf sowie sein Schulkamerad Bernd Müller hätten ihn stark geprägt, seine Oma Anna sei ihm dabei näher gekommen. Gefolgt sei der Burschenkreis unter Leitung von Martin Bertsch, wo auch der heutige Pfarrer Ewald Förschler, Martin Staiger, Martin Stäudinger und Paul-Gerhard Schlegel dabei gewesen seien. Es folgte der Wechsel vom Gymnasium St. Georgen auf das Wirtschaftsgymnasium in Villingen.

Es folgte der Start eines sieben Wochen anhaltenden Studiums der Betriebswirtschaft in Berlin, wo ihn dann der Ruf des Vaterlands zur Bundeswehr ereilte. Nach wenigen Wochen sei er als untauglich entlassen worden, obwohl er vielerlei Sportarten betrieb, darunter bevorzugt Basketball. Es folgte ein Abstecher zur christlichen Missionsgesellschaft OM (Operation Mobilisation) nach Bremerhaven, wo er mit anderen Bergstädtern half, das Schiff Doulos wieder fit zu machen.

1978 bis 1984 dauerte dann sein BWL-Studium in München, wo wieder einmal der Marburger Kreis eine wichtige Rolle spielte. Dabei habe er eine "wunderschöne junge Frau" kennen gelernt, die er im April 1984 auch heiratete. Mittlerweile hat er neben seinen drei Kindern den ersten Enkel. 1984 begann er eine eher ungewöhnliche Laufbahn: Bei der einst recht exklusiven Modekette Hettlage wurde er Leiter mehrerer Häuser in Österreich. 1988 traf er auf Peter Wiegand, der ihm vorschlug, in seine Fußstapfen als Geschäftsführer zum evangelisch-kirchlichen Verein der Missionsgemeinschaft der Fackelträger zu treten. "Des isses" hatte er damals nach reiflicher Prüfung beschlossen, obwohl er dort nur ein Fünftel des bisherigen Gehalts beziehen würde. Nach einem Kurz-Bibelstudium im Hauptsitz der Fackelträger in Capernwray wurde er 1989 Geschäftsführer auf Schloss Klaus in Oberösterreich. "Das Leben wird zumeist vorwärts gelebt und erst von hinten, im Rückblick verstanden", philosophierte er. Auch Wiegand habe einst dieses Schloss nur unter dem Leitsatz übernommen, dass "diese Geschichte immer ohne Schulden bleibt" – und das sei erstaunlicher Weise noch immer so.

Mittlerweile ist dort, in der einstigen Ruine, nicht nur eine Bibelschule entstanden. Auch ein Jugendfreizeitzentrum und ein Erwachsenen-Bildungszentrum sind heute installiert. Rund 22 000 Übernachtungen zählt die Organisation. Für Menschen mit Behinderungen wurde die Diakonie in der Gemeinde (DiG) mit vielen Niederlassungen gegründet. Die soziale Arbeit vor Ort sei auch Ausdruck dessen, dass man lebe, wie es Christus vorlebte. Ein weiterer Zweig der Fackelträger sei die Mission – auch oftmals in Staaten, in denen es wehtun könne. "Im Sudan mussten wir allerdings ein Projekt einstellen, weil durch die Einführung der Scharia wirklich absolute Lebensgefahr für unsere Leute bestand", bedauerte Kieninger. Weitere Projekte beispielsweise auf den Philippinen mussten ebenfalls gestoppt werden, während in Indien prosperierende Gemeinden entstünden.

"Wir befinden uns derzeit in einer Umbauphase, weil mittlerweile wir die Alten sind. Wir suchen junge Nachfolger, auch zum Beispiel für mich. Betet für uns und unser Werk, damit diese fruchtbare Arbeit weiter geführt werden kann", schloss Kieninger.