Etwa ein Drittel der deutschen Bevölkerung spendet – das ist zwar nicht wenig, doch die Spendenbereitschaft sinkt Foto: dpa

Die gute Nachricht: Die Höhe der Spenden, die die Deutschen in diesem Jahr gaben, ist bereits jetzt rekordverdächtig. Aber: Die Zahl der Spender nimmt stetig ab - weniger Menschen spenden dafür mehr. Um die Spendenbereitschaft wieder zu fördern, braucht es Transparenz, kommentiert Redakteurin Regine Warth.

Stuttgart - Alle Jahre wieder flattern die Spendenaufrufe in den Briefkasten. Und im Fernsehen laufen Spots von Prominenten mit Clownsnasen oder weltmeisterlichen Fußballern, umringt von hilfebedürftigen Kindern, die krank sind oder unter widrigsten Bedingungen aufwachsen. Jedes Jahr aufs Neue sollen sich das Herz und die Portemonnaies von Millionen Menschen öffnen. In der Weihnachtszeit verbuchen viele Spendenorganisationen mindestens ein Drittel ihrer Jahreseinnahmen.

Schon jetzt zeichnet sich ab: Das Jahr 2014 könnte sogar zu einem Rekordjahr werden. Von Januar bis August wurden in Deutschland 2,7 Milliarden Euro gespendet – weit mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Dabei nimmt die Zahl der Spender stetig ab: Laut dem Deutschen Spendenrat lag sie von Januar bis August bei 16 Millionen, zwei Millionen weniger als im Vorjahreszeitraum. Demnach geben immer weniger Menschen immer mehr.

Der hohe Ertrag hat somit einen schalen Beigeschmack. Nach einer aktuellen Umfrage ist nur jeder dritte Bundesbürger spendenwillig. Andere Europäer sind dagroßzügiger: So ist die Spenderquote in Großbritannien, in der Schweiz und in Skandinavien um 40 Prozent höher. Folglich ist Aufklärung gefragt, bevor sich eine Mentalität des Wegschauens breit macht.

Der Markt der Spendenorganisationen und ihre konkrete Anliegen werden immer undurchschaubarer. Früher spendeten die Bundesbürger traditionell an Brot für die Welt oder Caritas, vielleicht noch der Unicef und dem SOS-Kinderdorf. Mittlerweile bitten in Deutschland 500 000 Organisationen um milde Gaben – manche mit obskuren Methoden. So hat die im Prinzip logische Einbindung der sozialen Netzwerke in die Spendenkampagnen den Nachteil, dass dort seriöse Angebote mit zweifelhaften Selbstdarstellungen konkurrieren. Deshalb gesellen sich zu den alljährlichen Spendenaufrufen stets auch die Warnungen der Verbraucherzentralen, die Spendenwillige vor zu großer Gutgläubigkeit bewahren wollen.

Es sind aber auch die Ereignisse selbst, die eine größere Spendenfreude beflügeln oder behindern: Dass Naturkatastrophen die Anteilnahme der Menschen wecken, hat sich nicht zuletzt am Beispiel des Taifuns Haiyan auf den Philippinen gezeigt, für dessen Opfer 2013 die Deutschen mehr als 16 Millionen Euro zusammenbrachten. Das Jahr 2014 hingegen war besonders geprägt von politischen Krisenherden wie Irak und Syrien, Somalia und der Ukraine. Oft ist kein Urteil mehr möglich, wer die Guten sind und wer die Bösen – wer Angreifer und wer Opfer.

Selbst für die Ebola-Katastrophe lief die Spendenhilfe schleppend an. Schuld waren die anfangs spärlichen Informationen und fehlenden Bilder. Dann wuchs die Angst, das Virus könnte nach Europa kommen, rascher als das Mitleid. Die Komplexität der politischen Konflikte mit immer mehr in sich verschränkten Bürgerkriegen und neuem Flüchtlingselend sowie mit scheinbar unkontrollierbare Seuchen scheint viele Menschen eher zu verwirren als zum Spenden zu motivieren.

Dies geht einher mit dem Verdacht, das Geld könnte nicht bei den Bedürftigen ankommen – jeder vierte Bundesbürger äußert eine solche Skepsis. Einige Hilfsorganisationen haben auf die Forderung der Spender nach mehr Transparenz reagiert. Sie setzen auf plakative Spendenanreize, wonach das Geld ganz bestimmten Projekten zu Gute kommt – dem Bau eines Krankenhauses etwa. Oder der Kauf von 150 Decken. Es braucht aber mehr davon.