Ende 2016 war sie die Nummer 109 im Frauentennis – dann bremste sie eine Knieverletzung aus. In Bildechingen versucht Misa Eguchi, ihrer alten Form ein Stück näherzukommen. Fotos: Wagner Foto: Schwarzwälder-Bote

Tennis: Misa Eguchi kämpft sich nach Verletzungspause zurück

Von Sandra Hennig

Sie scheint die Ruhe selbst zu sein. Während ihre Gegenspielerin Emily Seibold auf der anderen Seite des Netzes flucht und schimpft, wirkt Misa Eguchi aus Japan völlig fokussiert, spielt cool Volleys, schneidet ihre Bälle mutig an – und siegt.

Abgesehen vom Spielerischen scheint die große Show nicht Misa Eguchis Ding zu sein. Kein Jubelschrei, keine geballte Faust, lediglich ein Lächeln folgte auf ihren Sieg im zweistündigen Match gegen die Deutsche Emily Seibold. Diese hatte zuvor bereits zwei Matchbälle abgewehrt, dann machte die 25-jährige Japanerin am Dienstagmittag den Sack zu. Von Nervenflattern war keine Spur.

Mit ihrem Dreisatz-Erfolg ist Eguchi in die zweite Runde im Hauptfeld des BMW-AHG-Cup in Bildechingen eingezogen. Darüber freute sie sich still, aß einen Crêpe, setzte sich, erholte sich. Die 25-Jährige, die aus Japans Hauptstadt Tokio stammt, steht erst seit knapp zwei Monaten wieder auf dem Court. Davor hatte eine Knieverletzung sie lange Zeit außer Gefecht gesetzt. Eguchi kämpft sich gerade erst wieder an ihre alte Form heran, Schritt für Schritt, Turnier für Turnier. "Ich habe versucht, meine Gegnerin zu Fehlern zu zwingen, indem ich ihre Laufrichtung geändert habe", erklärt sie. Genau das – die Laufrichtung schnell zu ändern – falle ihr seit ihrer Operation noch etwas schwer, "aber langsam wird es wieder besser", sagt sie.

Seitdem sie acht Jahre alt ist, spielt Misa Eguchi Tennis. "Ich hatte das einfach ausprobiert und bin dabei geblieben", erklärt sie. Dabei ist Tennis in Japan nicht gerade die populärste Sportart – "eher Fußball und Baseball", meint sie – in letzter Zeit, besonders seitdem Kei Nishikori den Spitzentennis aufgemischt hat, gäbe es jedoch auch in ihrer Heimat immer mehr Interesse an dem Spiel mit den gelben Filzbällen.

Mit 17 Jahren hat sie sich für den Profitennis entschieden. "Ich hatte überlegt, ob ich lieber zur Uni gehen möchte oder professionell Tennis spiele", beides gleichzeitig sei nicht möglich, weil in Japan an den Hochschulen Anwesenheitspflicht herrsche. Seitdem ist sie hauptsächlich beim ITF Women’s Circuit dabei. Ihr bestes Jahr spielte sie vor drei Jahren. "2014 habe ich mein erstes 50 000-Dollar-Turnier in Australien gewonnen, kam bei dem WTA-Turnier in Baku ins Viertelfinale und scheiterte bei den US-Open nur ganz knapp in der Qualifikation", erinnert sie sich. Damals lief alles glatt – die Hürde zur Weltspitze schien überwindbar zu sein.

Beim WTA-Turnier im September 2016 im chinesischen Dalian kämpfte sich Misa Eguchi auf ihrem Lieblingsbelag, dem Hartplatz, ins Finale. Gegen die Nummer 37 der Welt, Kristyna Pliskova, Zwillingsschwester der US Open-Finalistin und derzeitigen Weltranglistenführenden Karolina Pliskova, hatte sie den ersten Satz knapp mit 5:7 verloren, den Zweiten mit 6:4 gewonnen. Gerade stand es 5:2 für Eguchi, ihr Sieg beim mit 125 000 Dollar dotierten Turnier war zum Greifen nah – da kam der Schmerz im Knie, der sie zur Aufgabe zwang. Ende des Jahres 2016 wurde die Japanerin dennoch auf Platz 109 der Weltrangliste geführt – an ihrer Verletzung laborierte sie über ein halbes Jahr lang. In der Liste wurde sie deshalb durchgereicht.

Seitdem geht es langsam nach vorne – mühsam ernährt sich das Eichhörnchen. Neben den Turnieren in Barcelona und Versmold schlug sie zuletzt in Aschaffenburg auf, erreichte dort das Halbfinale. In Bildechingen sei sie natürlich, um zu gewinnen, das ließ sich die ruhige 25-Jährige entlocken. Am Dienstag gegen Seibold hatte sie noch nicht ihren besten Tag erwischt, ihr Optimismus war deshalb allerdings keineswegs getrübt.

Das Wetter mache es ihr stattdessen gerade etwas schwer: "Es ist ein bisschen kalt hier", sagt sie fast schüchtern, "diese Temperaturen bin ich von zuhause nicht gewöhnt und in den letzten Wochen war es bei den Turnieren, die ich gespielt habe, richtig heiß." Dass in den nächsten Tagen der Sommer zurück kommen soll, spielt Eguchi also eher in die Karten. Zumindest wird es sie nicht lähmen – und auf ihrem Weg zurück nach oben scheint sie sich nicht aufhalten zu lassen.