Haltet den Datendieb! Sicherheitsdienstleister wollen Handys sicherer und einfacher machen Foto: fotolia

Nach Geheimdienst- und Hackeraffären wollen immer mehr Verbraucher Smartphones und Tablets schützen. Und sind auch bereit, dafür zu zahlen. Die Industrie wittert ein großes Geschäft und feilt an kundenfreundlichen Produkten.

Stuttgart - Die Zukunft der mobilen Sicherheit liegt in der Hand von Strichmännchen. Sie sollen verhindern, dass Smartphone-Besitzer sich ausspionieren lassen oder Apps ihre Daten klauen. So tummeln sie sich auf dem Handy-Bildschirm und erklären die Gefahren der mobilen Internetwelt. Wer das erste Mal ein Smartphone mit dem Betriebssystem Firefox OS startet, soll künftig auf sie stoßen. „Es soll das Betriebssystem sein, mit dem sich die privaten Daten am besten schützen lassen“, sagt Entwicklerin Marta Piekarska. „Die Leute sollen verstehen, dass die Privatsphäre ihnen gehört – und niemandem anderen!“

„Future of Mobile Privacy“ – die Zukunft der mobilen Privatsphäre – heißt das gemeinsame Projekt von Deutscher Telekom und Mozilla-Stiftung, die vor allem durch den Internetbrowser Firefox bekannt ist. Auch wenn es nur auf wenigen Telefonen laufen wird, sehen es die Macher als einen Meilenstein: Denn anders als bei vielen Betriebssystemen sind die Sicherheitslösungen nicht zu übersehen. Und einfach zu begreifen. So hilft die Funktion „Location Blur“ dabei, den aktuellen Standort zu verschleiern oder gar einen anderen vorzugaukeln. Die Nutzer geben damit weniger Daten über sich preis.

Die Verbraucher fordern immer mehr Sicherheit ein – was natürlich auch mit den zahlreichen Datenskandalen zu tun hat. Sie wollen wissen, wie sie sich schützen, wenn sie mit ihrem Smartphone online gehen. Doch häufig erfahren oder verstehen sie die Ratschläge nicht. „Die Geräte und die Software sind oft zu komplex. Der Durchschnittsnutzer ist überfordert“, kritisiert Matthias Gärtner vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik. „Die Technik muss einfacher werden. Hersteller und App-Entwickler müssen mehr tun.“

Die Branche hofft auf das große Geld

Die Branche wird sich dessen immer mehr bewusst – auch weil Sicherheit für Vertrauen steht. Und nur wer Vertrauen hat, kauft auch das Gerät und die passende Software. 30 Millionen Smartphones werden dieses Jahr in Deutschland abgesetzt, so eine Prognose des IT-Branchenverbands Bitkom. Und auch bei Sicherheitssoftware geht es um immer mehr Geld. „Die Verbraucher sind mittlerweile bereit, für die Sicherheit ihrer Daten auch zu zahlen. Sie ist zum eigenen Wert geworden“, sagt Bitkom-Experte Marc Fliehe.

Das zeigt zurzeit das Beispiel WhatsApp. Weil der als Datenkrake bekannte Kurznachrichtendienst an die noch größere Datenkrake Facebook verkauft wurde, überlegt sich laut einer Umfrage jeder dritte der 30 Millionen Nutzer in Deutschland, WhatsApp zu verlassen. Besonders populär ist die Alternative Threema – obwohl sie immerhin knapp zwei Euro kostet. Grund ist die weitaus höhere Übertragungssicherheit des Dienstes aus der Schweiz. Und dass dieser ebenso leicht zu handhaben ist wie WhatsApp. Auch Suchmaschinen, die weniger Daten über ihre Nutzer sammeln als Google und den Standort des Rechners nicht verraten, haben Zulauf – wenn sie denn leicht zu bedienen sind. Das ist zum Beispiel bei Startpage aus den Niederlanden und DuckDuckGo aus den USA der Fall – die Zahl der Suchabfragen hat sich innerhalb eines Jahres verdoppelt.

Schon mahnen die Ersten, deutsche Firmen würden das Geschäft mit der IT-Sicherheit verschlafen. „Die US-Anbieter für mobile Anwendungen dominieren den Markt, weil sie anwendungsfreundliche, leicht verständliche, gut designte Produkte bieten. Wenn Deutschland aufholen will, ist das die letzte Chance“, kritisiert Holger Mühlbauer, Geschäftsführer beim Bundesverband IT-Sicherheit Teletrust. „Mit sicheren IT-Produkten können deutsche Unternehmen punkten, weil ihnen die Kunden mehr vertrauen als Apple, Google & Co.“ Auch Mühlbauer fordert, die Hersteller müssten es den Kunden einfacher machen. „Die deutsche Ingenieurkunst ist zu detailversessen. Die Hersteller müssen sich besser in die Psychologie der Verbraucher hineinversetzen.“

Bei der Deutschen Telekom will man das nicht mehr gelten lassen. Sie will zum Vorreiter werden und Sicherheitslösungen schon bei der Entwicklung neuer Produkte mit bedenken. Auf der Computermesse Cebit, die am Montag in Hannover eröffnet wird, will der Konzern neue Produkte für den Schutz von Mobilfunkgeräten präsentieren. Neben dem Betriebssystem sollen auch Apps und Hochsicherheitshandys zu sehen sein. Etwas vollmundig verkünden die Bonner: „Wir geben den Kunden die digitale Selbstbestimmung über ihre Daten zurück.“

Diese wiederum hoffen, dass sich das Versprechen auch erfüllt.

So sind Sie sicher mit dem Smartphone unterwegs

So sind Sie sicher mit dem Smartphone unterwegs:

* Smartphones sind Minicomputer, mit denen man auch telefonieren kann. Häufig sind private Kontaktdaten, Kalendereinträge und Nachrichten darauf gespeichert, die missbraucht werden können. Hüten Sie Smartphones deshalb mindestens so gut wie Ihren Schüsselbund oder Geldbeutel.

* Die Geheimzahl für die SIM-Karte sollte ebenso aktiviert sein wie der Code für die Gerätesperrung. Unbefugte können so nicht schnell auf Daten zugreifen. Bedenken Sie, dass das Handy gestohlen werden oder verloren gehen könnte. Im Internet gibt es Programme, mit denen Smartphones aus der Ferne geortet, gesperrt oder die Daten gelöscht werden könnten. Sichern Sie regelmäßig Ihre Dateien.

* Schalten Sie Funkdienste wie WLAN oder Bluetooth aus, wenn Sie nicht im Internet sind und keine Verbindung zu anderen Geräten benötigen. Betrüger könnten über die Funkdienste Ihre Geräte manipulieren.

* Vorsicht beim Surfen in öffentlichen WLAN-Netzen: Das Netz sollte ein Passwort fordern, und das Sicherheitsprotokoll mindestens den Standard WPA2 haben. Machen Sie kein Online-Banking und geben Sie keine vertraulichen Daten preis.

* Laden Sie Apps nur aus vertrauenswürdigen Quellen herunter. Unbekannte Anbieter lassen sich im Internet googeln. Prüfen Sie , welche Berechtigungen die Apps verlangen – und ob sie plausibel erscheinen. So muss eine Wetterapp nicht auf ihre Kontaktdaten zugreifen. Verzichten Sie gegebenenfalls auf die Installation.

* Halten Sie Ihr Betriebssystem und die Apps immer auf dem aktuellen Stand, um mögliche Sicherheitslücken zu schließen. Nutzen Sie eine aktuelle Sicherheitssoftware, die Viren und Datenspione erkennt und eine Firewall besitzt.

* Schützen Sie sich vor Bewegungsprofilen, die Ihre Aufenthaltsorte genau nachzeichnen, und schalten Sie so oft wie möglich das GPS und das WLAN des Handys aus. Gehen Sie sparsam mit Diensten um, die Ihren Standort bestimmen. Meiden Sie auch vertrauliche Gespräche über das Handy. Der Mobilfunkstandard GSM kann leicht abgehört werden.

* Datenschutz und mobiles Internet sind auch Themen der Cebit. Auf der Computermesse in Hannover zeigen vom 10. bis 14. März rund 3400 Unternehmen aus aller Welt ihre Neuheiten. Es werden rund 230 000 Fachbesucher erwartet. (dag)