Datenschützer warnen seit längerem davor, dass App-Shops oder App-Entwickler über zahlreiche Apps Zugriff auf die Daten des Smartphones erhalten. Nutzer sollten Apps daher nicht vorschnell herunter­laden und sich vorher über den Anbieter informieren. Foto: dpa

Auslandskrankenversicherung für 90 Cent am Tag, Unfallpolice für 99 Cent, ohne Papierkram übers Handy abschließbar: Auch die Versicherer reiten jetzt auf der App-Welle mit. Was Spontan-Verträge wirklich taugen.

Berlin - Es klingt nach der perfekten Absicherung für Kurzentschlossene: So lässt sich auf den letzten Drücker eine Skiversicherung für die Ausrüstung und gegen Pistenunfälle runterladen: ab 2,90 Euro für 24 Stunden. Auch fürs Reisegepäck oder den Reiserücktritt gibt es Schutz to go. Ab 1,49 Euro sind tagesaktuelle Unfall- und Sachpolicen zu haben. Der schnelle Schutz gilt sofort. Bezahlt wird meist über die Handyrechnung, per Kreditkarte oder Paypal. Die Vertragsbestätigung kommt via E-Mail. Die gewählte Laufzeit endet automatisch, lästiger Papierkram oder eine Kündigung sind nicht nötig. Klingt alles bequem.

Doch Verbraucherschützer raten zur Vorsicht. „Wer Versicherungen quasi im Vorbeigehen abschließt, zahlt zu viel Geld für zu wenig Schutz“, warnt Susanne Meunier, Versicherungsexpertin von Stiftung Warentest. Auch wenn Cent-Preise und unkomplizierte Buchung locken: Apps können normale Policen nicht ersetzen. Jahresverträge kommen nach Angaben Meuniers deutlich günstiger – und bieten umfangreichere Leistungen. Beispiel Karneval: Will jemand sich aufgrund einer ausschweifenden Faschingsparty samt Straßenumzug für 48 Stunden absichern, zahlt er etwa 11,98 Euro. Auf dem Nachhauseweg ab der 49. Stunde ist er aber ohne Schutz. Eine gute Jahres-Unfall-Police gibt es für 120 Euro im ganzen Jahr, das macht rund 33 Cent pro Tag. „Man kann sich grundsätzlich viel besser versichern als mit den Mini-Versionen per Handy“, betont Bianca Boss, Sprecherin beim Bund der Versicherten (BdV).

Der kritischen Prüfung der Verbraucherschützer hält am ehesten noch die Reise-App der Allianz stand. Ist sie auf dem Handy installiert, meldet sich die kostenpflichtige Option spätestens, wenn der Reisende Deutschland verlässt. Dann wird er per SMS gefragt, ob er nicht eine Auslandskrankenversicherung für 90 Cent pro Reisetag haben möchte.

Wer zustimmt, kauft eine Last-minute-Police, die Kosten für „notwendige ärztliche Hilfe“ im Ausland übernimmt sowie für den „medizinisch notwendigen Krankenrücktransport“. Am Leistungsspektrum gebe es erst mal nicht viel zu meckern, urteilen BdV-Experten. Der Vertrag ist für maximal 27 Urlaubstage abschließbar, auch aus dem Ausland, bis 24 Stunden nach Reiseantritt.

Verbraucherschützer warnen: „Der tagesgenaue Vertragsabschluss ähnelt dem in Reisebüros beim Buchen. Da habe ich auch keine Alternativen zur Auswahl und merke erst im Ernstfall, welche Bedingungen ich habe“, sagt Sascha Straub, Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale Bayern. Komme es zum Streit über eine Kostenübernahme, sei der App-Kunde vom kostenfreien Schlichtungsverfahren ausgeschlossen. Zudem ärgern die hohen Kosten. Wer sich für 14 Tage Urlaub absichert, zahlt für die Allianz-App 12,60 Euro. Eine Dauerpolice mit besten Konditionen ist für Singles bereits für acht bis zwölf Euro jährlich zu kriegen, für beliebig viele Reisen. Eine ganze Familie ist für circa 15 bis 24 Euro dabei.

Äußerst skeptisch sehen die Verbraucherschützer die meisten App-Offerten zur Unfallversicherung. Zum Beispiel die 24-Stunden-Police für Fußballfans für 1,59 Euro, die Unfälle im Stadion oder bei An- und Abreise mit bis zu 50 000 Euro abdeckt. Klingt gut. Doch der Versicherer springt nicht bei Unfällen an sich ein – sondern nur, wenn Schäden bleiben. Wer sich beim Stadionbesuch den Fuß verstaucht oder in eine Rauferei gerät, geht leer aus.

Ebenfalls als löchrig wird die Unfall- und Ski-oder Snowboardversicherung für Wintersportler eingestuft. Auch hier sei die Versicherungssumme von 50 000 Euro für den Ernstfall viel zu gering, so Boss. Nahezu alle App-Offerten böten „lediglich eine Ausschnittsdeckung“, seien teuer und gingen am Bedarf vorbei. Dazu zählen auch die Kurzzeit-Policen für Dienstreisen, für Kita-Ausflüge oder Klassenfahrten.

Sinnvoller sind Apps für Versicherungen, die es sonst nicht gibt, wie etwa die Absicherung von Probefahrten. Endet das Ausprobieren eines Autos von privat oder einem Händler in einem Unfall, springt die Schadenversicherung ein und übernimmt die Selbstbeteiligung von bis zu 1000 Euro. Ob die schnellen Policen ein Markt mit Zukunft werden, sei derzeit noch ungewiss, sagt Tanja Höllger, Geschäftsführerin des Marktforschungsinstituts „Heute und Morgen“. Derzeit greifen nur zwölf Prozent der deutschen Smartphone-Nutzer auf Versicherungs-Apps zu, wie eine repräsentative Umfrage der Consultingfirma Steria Mummert ergab. Eine App nur aus Imagegründen ohne sinnvollen Inhalt anzubieten bringe weder Versicherern noch Versicherten etwas.

Wie sinnvoll sind diese Apps?

 

Büro-App – Unterwegs Texte schreiben, Tabellen und Präsentationen erstellen – mit Büro-Apps fürs Tablet geht das. Doch die Stiftung Warentest urteilt: Für wichtige Arbeiten sind die Büro-Apps kaum geeignet. Ihr Problem: Sie lassen sich auf anderen Geräten nicht fehlerlos weiternutzen. Immerhin: In puncto Datenschutz sind sie wenig kritisch. Ein sensibler Datenaustausch findet nicht statt. Zum Ausprobieren empfiehlt sich eine kostenlose App, etwa Kingsoft Office für Android-Tablets. Für den Testsieger Pages, Numbers, Keynote müssen nur Besitzer älterer Apple-Tablets 27 Euro ausgeben. Zu aktuellen iOS-Geräten gibt es die drei Apps gratis dazu.

Navi-Apps – Zwar haben neue Smartphones kostenlose Navigationsdienste vorinstalliert, doch Stiftung Warentest hat festgestellt: Gekaufte Apps navigieren besser. Für iPhones eignen sich laut Test die App von Tomtom und iGro Primo. Auf Android-Smartphones navigiert Tomtom ebenfalls am besten, gefolgt von Navigon und Sygic. Für Windows Phones eignet sich Navigon am besten und bietet zudem einen Live-Dienst. Vorsicht: Einige Apps senden Gerätekennung und Nutzungsstatistiken. Zum Navigieren ist das unnötig. Manche Onboard-Apps senden außerdem Standort und Zieladresse. Der Anbieter sammelt so geldwerte Daten.

Wetter-App – Die auf Smartphones vorinstallierten Wetter-Apps sind nicht die besten. Auch die auf dem iPhone befindliche Wetter-App liefert nicht die besten Prognosen. Immerhin spioniert sie den Nutzer nicht aus. Anders bei sechs von insgesamt acht getesteten Apps: Sie versenden mehr Daten als nötig. Wer gute Vorhersagen will, muss also beim Datenschutz Abstriche machen. Für diejenigen, die großen Wert auf Datenschutz legen , sind nur die auf iPhones vorinstallierte App von Yahoo und die Wetter-online-App geeignet. Die besten Vorhersagen bieten die Apps von Weather Pro und Wetter.info. Gute Prognosen liefern auch Wetter.com, Wetter.de und Wetter.online.

Gesundheits-App – Abnehm-Coach, Rauch-Stopper oder Zuckerstatistiker: Apps können Nutzern helfen, gesund oder fit zu bleiben. Besonders überzeugt haben die Stiftung Warentest die App DiabetesPlus Typ 2. Diese punktet mit Übersichtlichkeit, exportierbaren Blutzuckertabellen und großem Funktionsumfang. Die App MyFitnessPal überzeugt aufgrund ihrer einfachen Handhabung. Die Android-Version hat aber Lücken beim Datenschutz. Bei den Apps, die beim Rauchen aufhören helfen sollen, wurden nur NichtraucherCoach und Rauchfrei-durchstarten mit der Note befriedigend bewertet. Grundsätzlich gilt: Eine sehr gute Gesundheits-App sollte ein Impressum haben sowie Autor und Quelle nennen.